Gesundheitliche Bedeutung von Organophosphat-Flammschutzmitteln in Kindertagesstätten - ein integrativer Ansatz zur Risikoabschätzung. Länderuntersuchungsprogramm 3 (LUPE 3)

Hintergrund

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) und das Landeslabor Berlin-Brandenburg untersuchten in einem Projekt gemeinsam mit dem Institut und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg das Vorkommen von Organophosphat-Flammschutzmitteln (OPFSM) in Kindertagesstätten. Flammschutzmittel sind Stoffe, welche die Ausbreitung von Bränden einschränken, verlangsamen oder verhindern sollen, und werden in großem Umfang z. B. in elektronischen Geräten, Polstermöbeln, Teppichen und Dämmmaterialien eingesetzt. Derzeit entfallen ca. 25 % auf die Gruppe der halogenierten Flammschutzmittel (bromiert und chloriert) und ca. 20 % auf die sogenannten Organophosphat-Flammschutzmittel. Bei der letztgenannten Verbindungsklasse werden typischerweise aromatische und aliphatische Ester der Phosphorsäure eingesetzt, wie beispielsweise TBEP (Tris(2-butoxyethyl)phosphat), TCEP (Tris(chlorethyl)phosphat), TCPP (Tris(chlorpropyl)phosphat), TDCPP (Tris(dichlorisopropyl)phosphat) und TPP (Triphenylphosphat).

Methode

Zur validen Abschätzung möglicher Risiken sollte die aktuelle Expositionssituation von Kindern in Kindertagesstätten gegenüber OPFSM erhoben und im Vergleich mit den Kenntnissen zu gesundheitlichen Wirkungen beurteilt werden.

In der Zeit vom 28.11.2011 bis zum 3.5.2012 wurden in insgesamt 63 Kindertagesstätten der drei Bundesländer Proben genommen. An einem Kita-Tag wurden dabei die in der Raumluft befindlichen OPFSM gesammelt, die Feinstaubgehalte (PM10 und PM2,5) direkt gemessen und verschiedene Raumklimaparameter bestimmt. Außerdem wurde am Ende des Kita-Tages der Bodenstaub des Gruppenraumes, in dem sich die Kinder aufhielten, mit einem speziellen Filteraufsatz abgesaugt. Darüber hinaus wurde bei insgesamt 312 Kindern im Alter von 22-80 Monaten am Abend nach dem Kita-Tag von den Eltern eine Urinprobe der Kinder gesammelt

Ergebnisse

Bisher sind weltweit nur wenige Messungen in der Innenraumluft und im Hausstaub von Kindertagesstätten auf diese Substanzklasse durchgeführt worden. Im Hausstaub waren die medianen Gehalte für die meisten der Stoffe vergleichbar mit zwei schwedischen Studien, in denen eine und 10 Kitas untersucht wurden (Marklund et al. 2003; Bergh et al. 2011). Lediglich bei TBEP und teilweise TCEP wurden abweichende Ergebnisse berichtet. In der Innenraumluft ergaben sich in den bisher durchgeführten Studien zum Teil unterschiedliche Substanzprofile sowohl für einzelne Einrichtungen als auch für verschiedene Länder. Dies deutet auf sehr individuelle Einsatzbereiche und Anwendungsspektren der OPFSM hin.

Auch die Messung der Ausscheidungsprodukte der OPFSM wurde bisher nur in wenigen Untersuchungen durchgeführt. Das Projekt „Belastung der Bevölkerung mit Organophosphat-Flammschutzmitteln“, bei dem Kinder und ihre Mütter untersucht wurden, kam dabei zu vergleichbaren Ergebnissen wie die jetzige Studie. Nur für DBEP waren die Gehalte niedriger. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kindertagesstätten einen Beitrag zur Gesamtbelastung leisten. Insgesamt gibt es jedoch nicht ausreichend Daten für eine abschließende Risikoeinschätzung. Vor diesem Hintergrund müssen weitere Informationen zur Exposition der Bevölkerung erhoben und toxikokinetische Untersuchungen durchgeführt werden.

Wissenschaftliche Veröffentlichungen

Mittlerweile liegt folgende wissenschaftliche Veröffentlichung zu dem Projekt vor:

H. Fromme, T. Lahrz, M. Kraft, L. Fembacher, C. Mach, S. Dietrich, R. Burkardt, W. Völkel, T. Göen (2014) Organophosphate flame retardants and plasticizers in the air and dust in German daycare centers and human biomonitoring in visiting children (LUPE 3). Environment International 71, 158-163. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25033099

Literatur

  • Bergh C, Torgrip R, Emenius G, Östman C. Organophosphate and phthalate esters in air and settled dust – a multi-location indoor study. Indoor Air 2011; 21: 67-76.
  • Marklund A, Andersson B, Haglund P. Screening of organophosphorus compounds and their distribution in various indoor environments. Chemoshere 2003; 53: 1137-1146.

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