Impfstatus der Einschulungskinder

Signet Jahresbericht 2021/22

Abstract

Zum gezielten Erkennen und Schließen von regionalen Impflücken und zur Planung und Evaluation von Impfprogrammen ist die Erfassung von Durchimpfungsquoten unverzichtbar. Im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen in Bayern wird der Impfstatus der von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) für Kinder und Jugendliche empfohlenen Impfungen erhoben und am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ausgewertet. Die so erhobenen Durchimpfungsquoten geben den Anteil geimpfter Kinder an allen Kindern mit vorgelegtem Impfausweis wieder. Bei den meisten dieser Kinderimpfungen werden in Bayern bei der Schuleingangsuntersuchung gute Impfquoten erzielt: Rund 95 % haben eine abgeschlossene Grundimmunisierung bei Kinderlähmung, Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten, für die zweite Masern-Mumps-Röteln-Impfung liegen die Impfquoten bei knapp 94 %. Die Impfquote bei der Impfung gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) liegt dagegen nur bei rund 37 %, obgleich inzwischen nahezu alle bayerischen Stadt- und Landkreise vom RKI als FSME-Risikogebiet eingestuft sind.

Hintergrund

Impfungen gehören zu den wirksamsten medizinischen Maßnahmen und werden im Allgemeinen von der Bevölkerung auch gut angenommen. Impflücken gehen häufig auf fehlendes Wissen und unwillentliche Versäumnisse zurück (BZgA 2021). Ziel einer Impfung ist es in erster Linie, den Geimpften vor einer ansteckenden Krankheit und deren möglichen Folgen zu schützen. Säuglinge, die noch zu jung sind und Menschen mit einer medizinischen Kontraindikation können beispielsweise nicht geimpft werden. Diese Personengruppen werden durch entsprechend hohe Durchimpfungsquoten geschützt, das Auftreten von Epidemien kann durch die sogenannte „Herdenimmunität“, verhindert werden.

Ergebnisse

Mit dem 2001 in Kraft getretenen Infektionsschutzgesetz (§ 34 Abs. 11 IfSG) wurde die Erhebung der Durchimpfungsquoten zum Schuleintritt gesetzlich verankert. Erfasst wird der Impfstatus der von der Ständigen Impfkommission für Säuglinge und Kleinkinder beziehungsweise Kinder und Jugendliche empfohlenen Impfungen. Basis der Erhebung der Impfquoten im Einschulungsalter sind die zur Schuleingangsuntersuchung vorzulegenden Impfdokumente. Bei der Schuleingangsuntersuchung zum Schuljahr 2020/2021 lagen für 93,5 % der 108.296 erstuntersuchten Kinder in Bayern vollständige Impfdokumente vor.

Abbildung und Tabelle zeigen jeweils den Anteil der Kinder mit vollständiger Grundimmunisierung an allen Kindern mit vorgelegtem Impfdokument. Seit dem Schuljahr 2013/2014 gilt die Grundimmunisierung mit einem Kombinationsimpfstoff (Sechsfachimpfstoff) bei Kinderlähmung, Tetanus, Diphtherie, Hib (Haemophilus influenzae Typ b), Pertussis (Keuchhusten) und Hepatitis B sowie bei Pneumokokken als abgeschlossen, wenn mindestens drei Impfungen und ein Mindestabstand von sechs Monaten zwischen vorletzter und letzter Impfung im Impfausweis dokumentiert sind, sonst mindestens vier Impfungen.

Bei der FSME-Impfung (Frühsommer-Meningoenzephalitis) ist die Grundimmunisierung mit drei, bei Masern, Mumps, Röteln und Varizellen (Windpocken) mit zwei Impfungen und bei Meningokokken C (Hirnhautentzündung) mit einer Impfung (sofern das Kind ein Jahr oder älter ist, sonst sind mehrere Impfungen nötig) abgeschlossen.

Bei den Einschulungskindern liegen die Impfquoten im Bundesvergleich in Bayern für Kinderlähmung, Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Hib, Masern, Mumps und Röteln etwas höher. Bei den seit 2004 beziehungsweise 2006 empfohlenen Impfungen gegen Varizellen, Meningokokken C und Pneumokokken sowie bei der Impfung gegen Hepatitis B liegt Bayern noch etwas unter dem Bundesdurchschnitt.

Die Grafik zeigt die Impfquoten bei Einschulungskindern im Schuljahr 2020/2021 in Bayern und Deutschland.Bild vergrössern

Impfquoten (jeweils vollständig geimpft, in Prozent) bei der Schuleingangsuntersuchung zum Schuljahr 2020/2021, Bayern und bundesweit (Datenquelle: Bayern – Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Deutschland – Robert Koch-Institut (RKI 2022a))

36,8 % der bayerischen Einschulungskinder hatten zum Schuljahr 2020/2021 eine abgeschlossene Grundimmunisierung gegen die durch Zecken übertragbare FSME. Bei der FSME-Impfung handelt es sich um eine Indikationsimpfung, das heißt die Impfung wird nicht generell empfohlen, sondern nur für Personen, die in FSME-Risikogebieten zeckenexponiert sind (RKI 2022b). Inzwischen ist Bayern fast vollständig FSME-Risikogebiet. Lediglich die Städte München, Augsburg, Schweinfurt und der Landkreis Fürstenfeldbruck sind 2022 noch nicht als FSME-Risikogebiet eingestuft. Gegen die ebenfalls von Zecken übertragene Borreliose, eine bakteriell bedingte Erkrankung, gibt es keine Impfung, sie kann aber mit Antibiotika behandelt werden.

Im zeitlichen Trend stagnieren einige Impfungen in Bayern zuletzt auf hohem Niveau, dagegen nehmen die Impfquoten bei Masern, Mumps und Röteln weiter zu, ebenso bei der Impfung gegen Varizellen. Die Impfquoten für Diphtherie, Tetanus, Hib, Kinderlähmung und Pneumokokken fielen bei den Schuleingangsuntersuchungen zum Schuljahr 2020/2021 in Bayern geringfügig niedriger aus als in den Vorjahren.

Tabelle: Impfquoten (jeweils vollständig geimpft, in Prozent) bei den Schuleingangsuntersuchungen in Bayern, Schuljahr 2017/2018 bis 2020/21.
Impfquoten zur Einschulung im Zeitvergleich Bayern
  2017/18 2018/19 2019/20 2020/21
Kinderlähmung 95,3% 94,9% 95,0% 94,6%
Diphtherie 95,9% 95,6% 95,7% 95,3%
Tetanus 96,6% 96,2% 96,2% 95,7%
Keuchhusten 95,1% 95,0% 95,0% 94,8%
Hib 93,5% 93,2% 93,4% 93,1%
Hepatitis B 86,0% 85,6% 86,3% 86,4%
Masern (mind. 1 Impf.) 96,7% 96,9% 97,3% 97,9%
Masern (mind. 2 Impf.) 92,3% 92,6% 93,1% 93,8%
Mumps (mind. 2 Impf.) 92,0% 92,3% 92,9% 93,5%
Röteln (mind. 2 Impf.) 92,0% 92,3% 92,9% 93,4%
Varizellen (mind. 2 Impf.) 76,7% 78,6% 80,2% 81,4%
Meningokokken C 85,1% 86,1% 86,8% 86,8%
Pneumokokken 81,4% 81,8% 82,2% 81,1%

Datenquelle: LGL, Schuleingangsuntersuchungen

Nach Geschlecht unterscheiden sich die Impfquoten der Einschulungskinder wie in den Vorjahren kaum. Jungen und Mädchen sind in diesem Alter gleich gut geimpft.

Bis vor wenigen Jahren waren Einschulungskinder mit Migrationshintergrund, die länger als ein Jahr in Deutschland leben, geringfügig besser geimpft als Kinder aus muttersprachlich deutschen Familien (ausgenommen die FSME-Impfung, die als Indikationsimpfung vermutlich einen erhöhten Aufklärungsbedarf hat). In den letzten Jahren sind Kinder mit beidseitigem Migrationshintergrund zum Teil etwas schlechter geimpft als Kinder mit einseitigem bzw. ohne Migrationshintergrund. Die Ursachen dafür sind unklar, möglicherweise steht dies in Zusammenhang mit Veränderungen der Herkunft der Kinder mit beidseitigem Migrationshintergrund. Auch beim Anteil der vorgelegten Impfbücher gibt es mittlerweile kaum noch Unterschiede nach Migrationshintergrund der Kinder.

Wie in den Vorjahren zeigen sich regionale Unterschiede bei den Impfquoten der Kinder in Bayern. Kinder in Oberbayern und Niederbayern sind zum Schuljahr 2020/21 etwas schlechter geimpft als der bayerische Durchschnitt der Kinder. Hier spielen auch impfkritische Milieus eine Rolle.

Bei hochansteckenden Krankheiten wie den Masern können regionale Impflücken Ausbrüche begünstigen. Daher sieht der Nationale Aktionsplan zur Elimination der Masern und Röteln in Deutschland auch Regionalziele vor (BMG 2015). Mindestens 90 % der Landkreise oder Kommunen sollen bei den Einschulungskindern eine 2-Dosen-Impfquote von über 95 % erreichen. Die Datenqualität der Schuleingangsuntersuchungen ist derzeit coronabedingt zwar eingeschränkt und Daten auf Kreisebene werden daher nicht ausgewiesen, aber es scheint, als ob das WHO-Ziel nach wie vor nicht erreicht wird.

Die bayerischen Durchimpfungsquoten werden vom LGL im jährlichen Gesundheitsreport „Der Impfstatus der Kinder in Bayern“ publiziert, die Berichte können über die LGL-Webseite heruntergeladen werden (Themen des Bayerischen Gesundheitsreports bzw. bayern.de).

Literatur

  • BMG (2015). Nationaler Aktionsplan 2015-2020 zur Elimination der Masern und Röteln in Deutschland.
  • BZgA (2021) Infektionsschutz. Einstellungen, Wissen und Verhalten von Erwachsenen und Eltern gegenüber Impfungen – Ergebnisse der Repräsentativbefragung 2020 zum Infektionsschutz. BZgA-Forschungsbericht. Köln.
  • RKI (2022a) Rieck T, Feig M, Siedler A: Impfquoten von Kinder¬schutzimpfungen in Deutschland – aktuelle Ergebnisse aus der RKI-Impfsurveillance. Epidemiologischen Bulletin 48/2022.
  • RKI (2022b) FSME: Risikogebiete in Deutschland. Epidemiologischen Bulletin 09/2022.


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