Nationales Referenzzentrum für Borrelien

Das NRZ für Borrelien ist seit 01.01.2008 am LGL angesiedelt.

Leistungsangebot

  • Beratung für diagnostische Laboratorien und klinisch tätige Ärzte: Beratung zu Fragen der klinischen und mikrobiologischen Diagnostik (Erregernachweis und Serodiagnostik) sowie zu Fragen der Prophylaxe und Therapie.
  • Fortbildungen: Fortbildungen zu Epidemiologie, Diagnostik, Prophylaxe und Therapie der Lyme-Borreliose werden über die Akademie für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (AGL) in München angeboten. Nach Rücksprache können Vorträge und Fortbildungen in anderen Städten angeboten werden.
  • Primärisolierung: Das NRZ ist an Kultur-Isolaten insbesondere aus Liquorproben von Neuroborreliose-Patienten interessiert, um das mögliche Auftauchen neuer Osp-Typen rechtzeitig zu erkennen (wichtig für Vakzine-Entwicklung). Die Entnahme von Liquor muss vor der Antibiotika-Therapie und entsprechend telefonischer Rücksprache mit dem NRZ erfolgen.
  • Differenzierung, Subtypisierung und taxonomische Einordnung: Speziesdiagnose von B. burgdorferi s.l.-Isolaten mittels ospA und 5S-23S Intergenic Spacer PCR, Subtypisierung mittels ospA-PCR (Sequenzierung/RFLP), ggf. auch mittels weiterer Gene.

Das Referenzzentrum bittet die medizinisch-mikrobiologischen Laboratorien um die Überlassung von Borrelien-Isolaten, um das Wissen um die Typenvielfalt der Erreger der Lyme-Borreliose zu verbessern. Die möglichst frischen Isolate sollen mit Angabe der Herkunft und den notwendigen klinischen und epidemiologischen Daten versehen nach telefonischer Rücksprache dem NRZ eingesandt werden.

Diagnostische Untersuchungen in speziellen Fällen:

  • Antikörpernachweis: ELISA, Lineblot, Liquor/Serum-Index-Bestimmung (Liquor/Serum-Paar vom selben Tag).
  • Erregernachweis: Kultureller Nachweis und PCR aus Liquor cerebrospinalis, Gelenkpunktat und Biopsiematerial.

Einsendung von Untersuchungsmaterial sollte nach vorheriger telefonischer Rücksprache (Beratung zu Art und Transport des Untersuchungsmaterials) erfolgen.

  • Stammsammlung: Im NRZ ist eine umfangreiche Stammsammlung von verschiedenen Spezies von B. burgdorferi s.l. vorhanden. Auf Anforderung werden Referenzstämme für diagnostische und wissenschaftliche Zwecke versandt.
  • Monoklonale Antikörper: Hybridoma-Sammlung verschiedener proteinspezifischer Borrelienantikörper, die u. a. zur Standardisierung von Immunblots eingesetzt werden können. Im NRZ können nach Absprache Testungen zu Standardisierungszwecken durchgeführt werden.
  • Standardisierung diagnostischer Verfahren: Unterstützung von INSTAND bei Ringversuchen (Serodiagnostik, PCR). Unterstützung der Industrie für Standardisierung und Verbesserung der diagnostischen Teste.
  • Epidemiologische Untersuchungen: Durchführung und/oder Unterstützung epidemiologischer Untersuchungen (z. B. Seroepidemiologie, Zeckendurchseuchung) auch im Hinblick auf Koinfektionen mit Anaplasma phagocytophilum (HGE).

Kontakt

  • Nationales Referenzzentrum für Borrelien
  • Dr. Volker Fingerle
  • Telefon: 09131 6808-5870
  • Telefax: 09131 6808-895865
  • Email: volker.fingerle@lgl.bayern.de

Aufgaben des Nationalen Referenzzentrums für Borrelien

1. Öffentlichkeitsarbeit und Beratung von Fachkreisen, Betroffenen und Bürgern zur Diagnose und Therapie der Lyme-Borreliose

2. Unterstützung von fachbezogenen Projekten und Mitarbeit in den entsprechenden Arbeitsgruppen

3. Entwicklung beziehungsweise Verbesserung diagnostischer Verfahren, Koordination bei der Standardisierung und Verbreitung allgemeingültiger Testverfahren sowie Initiierung von Untersuchungen zur Qualitätssicherung

4. Über die Routine hinausreichende Spezialdiagnostik und Feintypisierung von Erregern einschließlich molekularbiologischer Untersuchungen zur Aufklärung epidemiologischer Zusammenhänge

5. Führen einer Stammsammlung und Abgabe von Referenzstämmen beziehungsweise diagnostikspezifischen Referenzpräparaten

6. Zusammenarbeit mit Referenzlaboratorien anderer Länder sowie den Kollaborationszentren der World Health Organization (WHO) einschließlich der Teilnahme an internationalen Ringversuchen

7. Durchführung von deskriptiven und analytischen epidemiologischen Studien in Abstimmung mit dem RKI sowie Initiierung von und Mitarbeit bei Surveillanceprojekten

8. Epidemiologische Analyse und Bewertung der Resistenz- und Virulenzentwicklung

Öffentlichkeitsarbeit und Beratung

Sowohl bei Bürgern als auch in Fachkreisen besteht ein hoher Beratungsbedarf speziell im Hinblick auf die Epidemiologie, Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose, wie auch zum Verhalten nach und zum Schutz vor Zeckenstichen. Hier bietet das NRZ ausführliche, wissenschaftlich fundierte Informationen. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit hat das NRZ 2008 mehr als 50 allgemeine und wissenschaftliche Beiträge erstellt. Dazu gehören Fortbildungsveranstaltungen, Übersichtsvorträge, Beiträge auf nationalen und internationalen Kongressen, Buchbeiträge, Rundfunk- und Fernsehbeiträge oder Stellungnahmen zum Thema Lyme-Borreliose. Darüber hinaus hat das NRZ eine Homepage mit sowohl allgemeinen als auch fachspezifischen Informationen – wie zum Beispiel Zeckenentfernung oder sinnvolle Diagnostik – für Interessierte und Fachkreise erstellt. Weiterhin wurden zwei Schulprojekte zur Lyme-Borreliose unterstützt, Stellungnahmen für das StMUG verfasst, eine Stellungnahme in einer öffentlichen Anhörung vor dem Sächsischen Landtag gegeben und Beratungen zu Konzeption und Inhalt von Informationsblättern durchgeführt. Zum Problemfeld Lyme-Borreliose ist die kompetente Beratung über Telefon und E-Mail mit mehr als 20 Stunden pro Woche die Hauptaufgabe des NRZ. Fachkreise (insbesondere Laboratorien, klinisch tätige Ärzte, Gesundheitsämter und Apotheken) benötigen vor allem Beratung zur mikrobiologischen Diagnostik (sinnvolle diagnostische Verfahren, Befundinterpretation), zur Antibiotikatherapie, zu klinisch tätigen Spezialisten, zum Prozedere nach Zeckenstichen und zur Bereitstellung von Literatur zur Lyme-Borreliose. Betroffene Bürger erhalten ausführliche Informationen und Beratung zur sinnvollen Diagnostik und Therapie sowie zu Zecken.

Forschungsverbund und internationale Zusammenarbeit

Das LGL koordiniert den Forschungsverbund „Gesundheitliche Folgen des Klimawandels in Bayern“ mit dem Titel „Vector-borne infectious diseases in climate change investigation“ (kurz VICCI-Studie) unter Beteiligung der Universität Bayreuth, der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, des Universitätsklinikums Erlangen und des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr München. Schwerpunkte der acht Verbundprojekte sind:

  • die Entwicklung von Zeckenpopulationen einschließlich der von ihnen übertragenen Erreger in verschiedenen Gebieten Bayerns,
  • eine biogeografische Analyse gesundheitsrelevanter Vektoren,
  • die Prognose ihres Ausbreitungspotenzials in Bayern unter veränderten künftigen Klimabedingungen.

Ziel des Forschungsverbundes ist es, eine belastbare Bestandsaufnahme zu Vorkommen und Dynamik vektorübertragener Erkrankungen durchzuführen. Zudem sollen Modelle entwickelt werden, die eine Identifikation potenzieller Hochrisikogebiete für eine Ausbreitung neuer Vektoren mit neuen Krankheitserregern ermöglichen. In Zusammenarbeit mit der University of Bath, Großbritannien, analysierte das NRZ die genetische Heterogenität verschiedener B. burgdorferi Arten mittels multilocus sequence typing. Es konnte gezeigt werden, dass diese Methode eine gute Differenzierung der verschiedenen Arten ermöglicht. Weiteres Ergebnis dieser Kooperation war die Abgrenzung einer neuen Borrelienart, die Borrelia bavariensis sp. nov. genannt werden soll. In Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Göttingen unterstützt das NRZ das Projekt „Entzündungsreaktion, neuronale Schädigung und neuropsychologische Defekte nach chronischer Exposition des Gehirns gegenüber Bestandteilen von Borrelia burgdorferi“. Unter anderem stellte das NRZ verschiedene hochaufgereinigte rekombinante Antigene und Borrelienstämme zur Verfügung. Erste Ergebnisse zeigen unterschiedliche Potenzen der Antigene für die in-vivo Induktion einer Entzündungsreaktion. In Kooperation mit der LMU München arbeitet das NRZ an einer geförderten Studie zur Fragestellung, inwieweit Borrelieninfektionen bei Kindern über die Induktion autoimmunologischer Vorgänge die Entstehung bestimmter Formen der Morphea – einer bindegewebigen Verhärtung der Haut – begünstigen könnten. Weiterhin ist das NRZ seit Mai 2008 Fachberater für die „European Union Concerted Action on Lyme-Borreliosis (EUCALB)�? und Berater für die Entwicklung eines Borrelioseuntersuchungskonzeptes für beruflich gefährdete Personen nach Biostoffverordnung. Das NRZ arbeitet derzeit bei der Erstellung einer neurologischen und einer dermatologischen Leitlinie mit und ist an der Neufassung der EUCALB Empfehlungen beteiligt.

Netzwerk „Lyme-Borreliose“

Unter Leitung des RKI wurde in Berlin das bundesweite Netzwerk „Lyme-Borreliose“ gegründet. Ziel des Netzwerkes ist unter anderem die Formulierung von Forschungsdefiziten im Bereich Pathogenese, Diagnostik, Therapie und Verlauf der Lyme-Borreliose. Ein Positionspapier zu diesem Thema wurde Ende 2008 im Bundesgesundheitsblatt publiziert. Nach erfolgreicher Etablierung des Netzwerkes in Deutschland ist die Erweiterung auf europäischer Ebene geplant.

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