Tabak zum oralen Gebrauch – Snus & Co. auf der Spur

Signet Jahresbericht 2021/22

Abstract

Es ist laut Tabakerzeugnisgesetz (§ 11) verboten, Tabakerzeugnisse zum oralen Gebrauch in Deutschland in Verkehr zu bringen. Das Verbot erfasst unter anderem Lutschtabak des Typs Snus. Das LGL untersuchte in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt 55 verschiedene tabakhaltige Produkte mit dem Verdacht auf Vorliegen von verbotenem Tabak zum oralen Gebrauch.
Insgesamt stufte das LGL alle 55 zur Prüfung vorgelegten Produkte als Tabak zum oralen Gebrauch ein.

Was ist Tabak zum oralen Gebrauch?

Laut rechtlicher Definition bezeichnet der Ausdruck „Tabak zum oralen Gebrauch“ alle Tabakerzeugnisse zum oralen Gebrauch, die ganz oder teilweise aus Tabak bestehen und die in Pulver- oder Granulatform oder in einer Kombination aus beiden Formen, insbesondere in Portionsbeuteln oder porösen Beuteln, angeboten werden. Ausgenommen hiervon sind Erzeugnisse, die zum Inhalieren oder Kauen bestimmt sind. Tabak zum oralen Gebrauch umfasst somit tabakhaltige Produkte zum oralen Gebrauch, welche nicht gekaut, sondern nur im Mund gehalten beziehungsweise gelutscht werden. Er wird daher auch als „Lutschtabak“ bezeichnet.

Die Basis für Tabak zum oralen Gebrauch bildet fein zerkleinerter Tabak (gemahlen oder sehr fein geschnitten), welcher meist noch mit Wasser, Feuchthaltemitten, Salzen und Aromen versetzt wird. Tabak zum oralen Gebrauch wird entweder in loser Form oder vorportioniert in kleinen, speicheldurchlässigen Zellulosebeuteln in Verkehr gebracht. Bei losen Produkten wird zum Konsum eine kleine Menge Tabak zum oralen Gebrauch mithilfe der Fingerspitzen in die gewünschte Form gebracht/leicht gepresst und diese Portion meist seitlich zwischen Zahnfleisch und Oberlippe oder Unterlippe platziert. Bei Tabak zum oralen Gebrauch, der in Portionsbeuteln angeboten wird, ist weder ein Portionieren noch ein Formen des Produktes notwendig, weshalb der Portionsbeutel direkt unter Ober- oder Unterlippe im Mundraum platziert werden kann. Durch den natürlichen Speichelfluss im Mundraum und dem Kontakt mit der Mundschleimhaut wird das Nikotin aus dem Produkt gelöst und vom menschlichen Körper aufgenommen. Ein Kauen von Tabak zum oralen Gebrauch ist nicht notwendig, in der Regel bleibt er im Mundraum fest an einem Ort. Bei Konsumende wird das Produkt wieder aus dem Mundraum entfernt.

Snus ist wohl der in Deutschland bekannteste Typ von Tabak zum oralen Gebrauch. Er hat seinen Ursprung in Schweden und ist vor allem in Skandinavien verbreitet. Im Handel ist er in loser Form oder als Portionsbeutel erhältlich. Der Begriff „Snus“ wird in Deutschland häufig als Synonym für Tabak zum oralen Gebrauch verwendet. Diese Verwendung ist aber streng genommen nicht korrekt, da Snus wie oben beschrieben nur einen Typ von Tabak zum oralen Gebrauch darstellt. Tabak zum oralen Gebrauch ist in vielen Teilen der Welt verbreitet, weshalb hiervon auch viele verschiedene Typen existieren. In Nordamerika, vor allem in den Vereinigten Staaten und Kanada, ist Tabak zum oralen Gebrauch vom Typ Moist Snuff/Dip am weitesten verbreitet. Wie der Name schon andeutet, besitzt Moist Snuff einen relativ hohen Feuchtegehalt.

Das Foto links zeigt Produkte in loser Form, in Form von Portionsbeuteln sowie den Beutelinhalt von portionierten Produkten. Zwei der losen Produkte besitzen eine relativ lose Konsistenz. Davon besteht die Grundlage des einen Erzeugnisses aus gemahlenem Tabak, die Grundlage des anderen Erzeugnisses aus sehr fein geschnittenem Tabak. Die anderen losen Produkte weisen eine festere Konsistenz auf, besitzen jedoch als Grundlage ebenfalls gemahlenen Tabak. Die sieben abgebildeten, portionierten Produkte geben einen guten Überblick über verschiedene Varianten und Portionsbeutelgrößen. Drei Produkte haben Portionsbeutel in normaler/durchschnittlicher Größe (Länge circa 3,5 cm, Breite circa 1,8 cm). Eines dieser Produkte besitzt einen höheren Feuchtegehalt, wodurch der Portionsbeutel vom Tabak leicht braun verfärbt ist. Der zweite dieser normalgroßen Portionsbeutel, ist ein Produkt der „dry“-Variante, das heißt mit einem geringen Feuchtegehalt, wodurch der Portionsbeutel auch nicht von der Tabakeinlage verfärbt ist. Das dritte dieser Produkte liegt in der „all white“-Variante vor. Bei dieser Variante ist der Beutelinhalt weiß bis cremefarben, was bei der Herstellung durch die Verwendung von gebleichtem Tabak und/oder durch Zusatz von nur sehr geringen Tabakmengen erreicht wird. Drei der portionierten Produkte liegen in der „slim“-Variante vor, also mit dünneren Portionsbeuteln (Länge circa 3,5 cm, Breite circa 1,4 cm). Das letzte der portionierten Produkte ist in der „mini“-Variante, das heißt der Portionsbeutel besitzt insgesamt kleinere Maße (Länge circa 2,6 cm, Breite circa 1,4 cm).

Rechtlicher Status von Tabak zum oralen Gebrauch

Es ist laut Tabakerzeugnisgesetz (§ 11) verboten, Tabakerzeugnisse zum oralen Gebrauch in Deutschland in Verkehr zu bringen. Ein derartiges Verkehrsverbot gibt es nicht nur in Deutschland, sondern in allen anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, mit Ausnahme von Schweden. Da der Konsum von Snus in Schweden eine lange Tradition hat, wurde hier eine Ausnahme gewährt, so dass in Schweden Tabak zum oralen Gebrauch legal erworben werden darf. Das allgemeine Verkehrsverbot von Tabak zum oralen Gebrauch in der Europäischen Union wird damit begründet, dass von neu in Umlauf gebrachten Tabakerzeugnissen zum oralen Gebrauch vor allem für Kinder und Jugendliche ein ernst zu nehmendes Risiko ausgehe, da sie für diese Verbrauchergruppe besonders anziehend seien und damit eine frühe Nikotinabhängigkeit verursachen würden.

Abgrenzung zwischen Tabak zum oralen Gebrauch und Kautabak

Im Gegensatz zu Tabak zum oralen Gebrauch, gilt für sogenannten Kautabak in Deutschland kein allgemeines Verkehrsverbot. Kautabak darf unter Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen in Deutschland in Verkehr gebracht werden. Dies stellt die Überwachungsbehörden stets vor die Herausforderung zu beurteilen, ob es sich bei einem für den oralen Gebrauch vorgesehenen Tabakerzeugnis um verbotenen Tabak zum oralen Gebrauch oder um zulässigen Kautabak handelt.
Die Abgrenzungsproblematik zwischen Tabak zum oralen Gebrauch und Kautabak war auch das zentrale Thema eines Verfahrens am Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser hat in seinem Urteil vom 17.10.2018 (Aktenzeichen: C-425/17) klargestellt, dass als Kautabak nur Erzeugnisse eingestuft werden können, die an sich nur gekaut konsumiert werden können, das heißt, die ihre wesentlichen Inhaltsstoffe im Mund nur durch Kauen freisetzen können. Der Begriff „Kautabak“ ist hierbei eng auszulegen, so dass er Lutschtabak (Tabak zum oralen Gebrauch), wie z.B. Snus, nicht umfassen kann. Nicht als Kautabak eingestuft werden kann dagegen ein Tabakerzeugnis, das, obwohl es auch gekaut werden kann, im Wesentlichen zum Lutschen bestimmt ist, das heißt ein Erzeugnis, das nur im Mund gehalten werden muss, damit seine wesentlichen Inhaltsstoffe freigesetzt werden. Bei der Einstufung als Kautabak oder Tabak zum oralen Gebrauch müssen daher alle relevanten objektiven Merkmale der Erzeugnisse, wie ihre Zusammensetzung, ihre Konsistenz, ihre Darreichungsform und gegebenenfalls ihre tatsächliche Verwendung durch die Verbraucher, berücksichtigt werden.

Untersuchungsergebnisse 2021 und 2022

Das LGL untersuchte in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt 55 verschiedene tabakhaltige Produkte mit dem Verdacht auf das Vorliegen von verbotenem Tabak zum oralen Gebrauch. Davon lagen zehn Produkte in loser Form und 45 Produkte als Portionsbeutel vor. Die Probenahme dieser Produkte erfolgte unter anderem bei Großhändlern, in Tankstellen oder in Kiosken. Ungefähr zwei Drittel der Produkte wurde in Schweden und ungefähr ein Viertel der Produkte in Dänemark produziert. Weitere Herstellerländer waren die Vereinigten Staaten von Amerika und Belgien. Zwei Produkte hatten ihren Ursprung sehr wahrscheinlich in Afghanistan beziehungsweise Pakistan. 49 der Produkte wurden auf ihrer jeweiligen Packung als Kautabak deklariert. Das LGL stufte alle 55 zur Prüfung vorgelegten Produkte unter Berücksichtigung der Vorgaben des EuGH (siehe vorheriges Kapitel) als Tabak zum oralen Gebrauch ein. Dabei waren einige der Produkte bereits auf der Verpackung als Snus deklariert.

Fazit und Ausblick

Den Erkenntnissen aus den Untersuchungen des LGL aus den Jahren 2021 und 2022 zufolge wird verbotener Tabak zum oralen Gebrauch häufig fälschlicherweise als Kautabak deklariert in den Verkehr gebracht. Die vom LGL verfassten Gutachten wurden und werden auch künftig zur Einleitung der nach Sach- und Rechtslage gebotenen Maßnahmen an die jeweils betroffenen Überwachungsbehörden weitergeleitet. Die Abgrenzung von Tabak zum oralen Gebrauch und Kautabak wird die Überwachungsbehörden auch in Zukunft weiterhin beschäftigen, da immer wieder neue Marken und Sorten von Tabak zum oralen Gebrauch deklariert als Kautabak auf den deutschen Markt gelangen.

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