Überwachung klinischer Prüfungen von aktiven Medizinprodukten - Innovationen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie

Signet Jahresbericht 2021/22

Hintergrund

Ein aktives medizinisches Gerät beschreibt ein Produkt, dessen Betrieb von einer Energiequelle wie beispielsweise Strom abhängig ist. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist für die Überwachung klinischer Prüfungen mit aktiven Medizinprodukten in ganz Bayern zuständig.
Viele Anfragen werden bereits im Vorfeld einer klinischen Prüfung an das LGL gestellt. Diese Anfragen kommen einerseits von den Forschenden selber oder von Seiten der Ethikkommissionen. Somit war das LGL an mehreren Innovationen beteiligt, welche in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen.

Ergebnisse

TeleCovid-Studie an der TU München

Um eine gesundheitliche Verschlechterung bei Risikopatienten (ältere Personen, Personen mit Vorerkrankungen sowie Schwangere) mit Covid fühzeitig zu erkennen, wurde ein Ohrsensor entwickelt. Dieser trägt zur Reduzierung der Hospitalisierung bei, entlastet das Pflegepersonal auf den Intensivstationen und reduziert damit verbundene Kosten. Die Teilnehmenden, Risikopatienten mit positivem Corona-Befund, wurden direkt beim Arzt oder im Testzentrum über diese klinische Prüfung informiert. Bei dem Medizinprodukt handelt es sich um einen Ohrsensor zur Messung der Vitalparameter (Temperatur, Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz, Atemfrequenz) und der autonom geschützten Reserve. Diese Energiereserve des menschlichen Körpers, ist dazu bestimmt, bei Angst oder Lebensgefahr zusätzliche Kräfte freizusetzen. Die Messung erfolgte unbemerkt von den Teilnehmenden alle 15 Minuten. Alle Messergebnisse wurden entsprechend der festgelegten Zeitintervalle an eine Überwachungszentrale im Klinikum rechts der Isar in München übermittelt und dort durch einen Algorithmus so bearbeitet, dass zu jeder Person eine Ampel am Bildschirm nach folgendem Schema angezeigt wurde:

  • GRÜN: Alles in Ordnung, keine weiteren Maßnahmen erforderlich.
  • ORANGE: Der jeweilige Teilnehmer erhielt einen Anruf, wobei alle relevanten medizinischen Daten abgefragt und abgeklärt wurden. Im Bedarfsfall wurde der Teilnehmer mit einem Krankenwagen in das Klinikum rechts der Isar gebracht.
  • ROT: In diesem Fall wurde von den Medizinstudenten sofort ein Krankenwagen gerufen, der den Teilnehmer umgehend in das Klinikum rechts der Isar brachte.

Die Ampeln von 25 Teilnehmern konnten gleichzeitig und kontinuierlich von lediglich 4 Medizinstudenten überwacht werden. Die weitere Vorgehensweise war anhand der angezeigten Farbe (grün, orange, rot) festgelegt.
In der Anfangsphase von TeleCovid konnten nur Personen, die in einem Umkreis von 20 km vom Klinikum rechts der Isar wohnten, teilnehmen. Insgesamt nahmen 153 Personen teil. Von den Betreuten wurden 20 stationär aufgenommen, 7 davon mussten auf die Intensivstation, und ein Teilnehmer, der an schweren Begleiterkrankungen litt, verstarb auf der Intensivstation. Alle an TeleCovid beteiligten Teilnehmenden erklärten, dass sie selbst zum Zeitpunkt des Telefonats oder der Hospitalisierung noch keine Verschlechterung ihres Gesundheitszustands wahrgenommen hatten.
Durch die Messungen und die Verarbeitung der Daten in die übersichtliche und eindeutige Ampeldarstellung konnten die Teilnehmer länger daheim im gewohnten Umfeld bleiben. Das Krankenhaus wurde stark entlastet, da diese Risikopatienten ansonsten mit der Covid-Diagnose direkt eingewiesen worden wären. Besonders die Schwangeren schätzten es sehr, dass sie ihr gewohntes Umfeld nicht verlassen mussten und trotzdem rund um die Uhr medizinisch überwacht wurden. Aufgrund der ausgesprochen positiven Resonanz wurde der Radius inzwischen auf 50 km ausgeweitet.

Roboter für Rachenabstriche zur Infektionsvermeidung für medizinisches Personal

Hier waren zwei klinische Prüfungen geplant, einerseits ein Roboter für eine konventionelle Corona-Teststation und andererseits ein Roboter für eine Auto-Corona-Teststation. Bei der Auto-Corona-Teststation sollte ein Roboter eingesetzt werden, der Größe und Höhe des Autos erfassen, sich zum Auto bewegen und dort eigenständig den Abstrich vornehmen kann. Bei dem Roboter für die konventionelle Corona-Teststation handelte es sich um einen Roboter, der an einem Tisch hinter einer Glaswand einen Abstrich von Mund oder Nase der Testpersonen durchführen sollte. Die Testpersonen waren auch durch seitliche Glaswände voneinander getrennt.
Durch den Einsatz dieser Roboter sollte das Ansteckungsrisiko für das medizinische Personal bei der Durchführung der Corona-Abstriche gesenkt werden, da die entnommenen Proben von den Robotern selbständig und für das medizinische Personal kontaktlos verpackt werden sollten.
Diese klinischen Prüfungen wurden nicht weiterverfolgt. Begründung: Aufgrund der unterschiedlichen Größen/Anatomien der Testpersonen bestand die Möglichkeit bzw. das Risiko, dass das vom Roboter geführte Wattestäbchen in eine unbekannte Anzahl von Teilen brechen bzw. das Wattestäbchen durch die Nase bis ins Kleinhirn vordringen könnte.

Patientenwendevorrichtung auf Intensivstationen

Dieses Medizinprodukt sollte das Drehen von Patienten erleichtern bzw. vereinfachen, die in einer Intensivstation mit extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) -Beatmungsgeräten beatmet wurden. Üblicherweise sind für die Umlagerung solcher Patienten auf der Intensivstation fünf Personen erforderlich: ein Arzt, da der invasive Beatmungsschlauch auf keinen Fall verrutschen darf, sowie auf jeder Seite zwei Pfleger. Bei dem Medizinprodukt wird das Bettlaken in einen langen Arm eingespannt, der sich dann von einem kleinen Motor betrieben langsam dreht, das Laken aufwickelt und dadurch an einer Seite leicht anhebt. Dadurch kann der Patient von einem Arzt und nur zwei Pflegern gedreht werden, was zu einer Personaleinsparung von zwei Personen führt.

Fazit

Mit Bezug zur Covid-Pandemie wurden in den Jahren 2020-2022 in Bayern ca. 280 Forschungsprojekte mit Medizinprodukten durchgeführt. Das LGL war an der Einstufung von vielen dieser zahlreichen Forschungsprojekte maßgeblich beteiligt. Während der pandemiebedingten hohen Arbeitsbelastung und der Unterbrechung vieler klinischer Prüfungen ohne Bezug zu Corona wurden vom LGL mehrere dieser klinischen Prüfungen mit aktiven Medizinprodukten überwacht.

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