Untersuchung von Textilien und Schuhen mit Pelzaccessoires – Untersuchungsergebnisse 2016/2017

Hintergründe und Durchführung der Untersuchungen

In den Medien wurde in den vergangenen Jahren des Öfteren die falsche Deklaration von Echtpelz als Kunstpelz thematisiert. Insbesondere Verbraucherinnen und Verbraucher, denen der Tierschutz sehr am Herzen liegt und die daher auf Echtpelzprodukte verzichten möchten, werden durch eine falsche Deklaration in die Irre geführt. Die Kennzeichnung von Echtpelzaccessoires an Textilien als „nichttextileTeile tierischen Ursprungs“ ist in der europäischen Textilkennzeichnungsverordnung (VO (EU) Nr. 1007/2011) vorgeschrieben. Bei der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen zur Textilkennzeichnung in Bayern arbeiten das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie eng zusammen. Im Rahmen dieser Kooperation und vor dem Hintergrund der dargestellten Problematik falscher Deklarationen führte das LGL ein Sonderuntersuchungsprogramm durch.
Im Zeitraum von September bis November 2016 wurden 50 Proben von Textilien und Schuhen mit Echtpelz- bzw. Kunstpelzaccessoires in ganz Bayern entnommen (2 % Schals mit Kunstpelz, 6 % Schals mit Echtpelz, 20 % Jacken mit Kunstpelz, 2 % Stiefel mit Kunstpelz, 18 % Westen mit Kunstpelz, 2% Ohrwärmer mit Kunstpelz, 44 % Mützen mit Kunstpelz, 4 % Mützen mit Echtpelz und 2 % Handschuhe mit Kunstpelz, siehe Abb.1).

Abbildung 1 ist mehrfarbig und zeigt die Verteilung der untersuchten Textilien und Schuhe auf die verschiedenen Produktarten: 2 % Schals mit Kunstpelz, 6 % Schals mit Echtpelz, 20 % Jacken mit Kunstpelz, 2 % Stiefel mit Kunstpelz, 18 % Westen mit Kunstpelz, 2% Ohrwärmer mit Kunstpelz, 44 % Mützen mit Kunstpelz, 4 % Mützen mit Echtpelz und 2 % Handschuhe mit Kunstpelz.

Abbildung 1: Anteil der untersuchten Textilien und Schuhe an den verschiedenen Produktarten (Wenn nicht explizit angegeben, handelt es sich um Proben mit Kunstpelzaccessoires.)

Bereits bei der Probennahme erfolgte vor Ort neben einer Prüfung der Kennzeichnung eine Hand- und Sichtprüfung, um erste Hinweise auf das zur Herstellung verwendete Material zu erhalten. Hierbei konnten keine als Kunstpelz ausgegebenen Echtpelze identifiziert werden. Anschließend prüfte das LGL die vorgelegten Proben sowohl hinsichtlich ihrer chemischen Beschaffenheit als auch hinsichtlich der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen an die Kennzeichnung.

Ergebnisse der Kennzeichnungsprüfung

Am LGL wurde zunächst eine Prüfung der Kennzeichnung der vorgelegten Proben durchgeführt. Neben der Einhaltung der VO (EU) Nr. 1007/2011 wurde die Erfüllung der Anforderungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) geprüft. Dort wird einerseits die Angabe der Kontaktanschrift des Herstellers, seines Bevollmächtigen oder des Einführers auf dem Produkt und andererseits die Angabe einer eindeutigen Kennzeichnung zur Identifikation (z. B. Artikelnummer, Chargennummer) gefordert.
Bei 15 der insgesamt 50 Proben von Textilien und Schuhen mit Pelzaccessoires (30 %) wurden Verstöße gegen die einschlägigen Kennzeichnungsvorschriften festgestellt. In 14 Fällen (28 %) wurden die Bestimmungen der VO (EU) Nr. 1007/2011 nicht erfüllt, in sieben Fällen davon (14 %) wurde zudem gegen die Bestimmungen des ProdSG verstoßen (siehe Tabellen 1 und 2).

Tabelle 1: Übersicht über das Gesamtergebnis der Kennzeichnungsprüfung
Probenart Anzahl gesamt# Verstoß gegen die Bestimmungen von*
VO (EU) Nr. 1007/2011 § 6 Abs. 1 Prod SG
(Kunst/Echt) Kunstpelz Echtpelz Kunstpelz Echtpelz
Handschuhe 1 (1/-) 1 - 1 -
Stiefel 1 (1/-) - - - -
Ohrwärmer 1 (1/-) - - - -
Schal 4 (1/3) - 2 - 3
Jacke 10 (10/-) 4 - - -
Weste 9 (9/-) 1 - 1 -
Mütze 24 (22/2) 5 1 2 1
Gesamt* 50 (45/5) 11 3 4 4

# Anzahl aller von dieser Probenart geprüften Proben
* Mehrfachnennungen möglich, d.h. bei einer Probe können sowohl die Bestimmungen des ProdSG als auch die der VO (EU) Nr. 1007/2011 nicht erfüllt sein.

Tabelle 2: Übersicht über das Ergebnis der Prüfung der Kennzeichnung gemäß VO (EU) Nr. 1007/2011 (Kunst/Echt)
Probenart Keinerlei Kennzeichnung Verstoß gegen die Bestimmungen von* Sonstiges#
Art. 5 Art. 9 Art. 12
Handschuhe - 1 (1/-) - - -
Stiefel - - - - -
Ohrwärmer - - - - -
Schal - 2 (-/2) 1 (-/1) 2 (-/2) -
Jacke - - - - 4 (4/-)
Weste - 1 (1/-) - - -
Mütze 1 (-/1) 5 (5/-) - - -
Gesamt* 1 (-/1) 9 (7/2) 1 (-/1) 2 (-/2) 4 (4/-)

* Mehrfachnennungen möglich, d.h. bei einer Probe können verschiedene Bestimmungen der VO (EU) Nr. 1007/2011 nicht erfüllt sein.

Bei den vier Jacken handelte es sich um Mehrkomponenten-Textilerzeugnisse mit Kunstpelzaccessoires. Bei der Angabe der Faserzusammensetzung war die Kunstpelzkomponente jeweils mit dem Begriff „Fell“ angegeben.

Insgesamt verstießen von den fünf Proben mit Echtpelzaccessoires eine Mütze und zwei Schals gegen die Bestimmungen der VO (EU) Nr. 1007/2011. Bei der Mütze fehlte jegliche Kennzeichnung gemäß VO (EU) Nr. 1007/2011. Der Kennzeichnung der beiden Schals fehlte der Hinweis auf nichttextile Teile tierischen Ursprungs gemäß Art. 12 VO (EU) Nr. 1007/2011. Zudem waren die Angaben hinsichtlich der textilen Teile der beiden Schals fehlerhaft. Die festgestellten Mängel wurden durch das LGL beanstandet. Entsprechende Vollzugsmaßnahmen ergreifen die Kreisverwaltungsbehörden, in deren Zuständigkeitsbereich die Proben entnommen wurden und in deren Zuständigkeitsbereich der Inverkehrbringer sitzt, vor Ort.

Ergebnisse der durchgeführten chemischen Analysen

1. Proben mit Echtpelzbesatz

Echtpelz ist ein natürlicher Rohstoff, der für eine dauerhafte Verwendung in Textilerzeugnissen konserviert werden muss. Der Schwerpunkt der chemischen Untersuchung der Proben mit Echtpelzbesatz lag auf dem Nachweis der biozid wirkenden Substanzen Formaldehyd (FA) und Dimethylfumarat (DMF).

Gemäß VO (EG) Nr. 1272/2008 wird FA unter anderem als hautsensibilisierend, Kategorie 1, und als krebserregend, Kategorie 1B, eingestuft. Die Bedarfsgegenständeverordnung (BedGgstV) schreibt für Textilien mit einem Massengehalt von mehr als 0,15 % an freiem FA, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch mit der Haut in Berührung kommen können und die mit einer Ausrüstung versehen sind, den Warnhinweis „Enthält Formaldehyd. Es wird empfohlen, das Kleidungsstück zur besseren Hautverträglichkeit vor dem ersten Tragen zu waschen.“ vor.

Ein gesetzlicher Grenzwert für FA in Textilien oder Schuhen existiert derzeit nicht. In den untersuchten Proben lag der Massengehalt an freiem FA bei maximal 0,02 %. Dieser Wert entspricht einem Zehntel des in der VO (EG) Nr. 1272/2008 angegebenen spezifischen Konzentrationsgrenzwertes für die Einstufung als hautsensibilisierend.

Gemäß der Datenbank des Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnisses auf der Homepage der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) ist DMF u.a. als hautsensibilisierend, Kategorie 1, eingestuft. Nachdem DMF in einer Reihe von Fällen als Ursache für die Entwicklung einer schmerzvollen Kontaktdermatitis mit Juckreiz, Entzündung, Rötung und Brennen ausgemacht worden war, wurde zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher ein gesetzlicher Grenzwert für DMF festgelegt.

Gemäß VO (EG) Nr. 1907/2006 darf DMF in Erzeugnissen oder Teilen davon in Konzentrationen von mehr als 0,1 mg/kg nicht verwendet werden. Erzeugnisse oder Teile davon, in denen dieser Wert überschritten wird, sind nicht verkehrsfähig.

In keiner der untersuchten Proben mit Echtpelzbesatz wurde DMF nachgewiesen. Zudem wurden die Proben mit Echtpelzbesatz zur molekularbiologischen Bestimmung der Tierart an ein externes Labor versandt. Auf Grund von Einflüssen des Herstellungsprozesses konnten jedoch keine Ergebnisse erzielt werden. Laut den Angaben der Verkäufer bzw. den Etiketten der Proben zufolge handelte es sich in einem Fall um Fuchspelz und in drei Fällen um Kaninchenpelz. Bezüglich der Tierart, von der der Echtpelzbesatz der fünften Probe stammte, liegen keine Informationen vor.

2. Proben mit Kunstpelzbesatz

Kunstpelz oder auch Webpelz ist ein Pelzimitiat mit hohem Flor. Zur Erzielung eines echtpelzähnlichen Aussehens werden die Kunstfasern entsprechend gefärbt. Der Schwerpunkt der Untersuchung der Proben mit Kunstpelzbesatz lag auf dem Nachweis der Verwendung gesundheitlich bedenklicher Farbstoffe.

Azofarbstoffe werden zum Teil auf der Basis krebserregender aromatischer Amine hergestellt. Nach Aufnahme in den Körper können die Farbstoffe reduktiv gespalten werden und gesundheitsschädliche Ausgangsstoffe können wieder freigesetzt werden (aktualisierte Stellungnahme Nr. 041/2012 des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) vom 06. Juli 2012). Gemäß VO (EG) Nr. 1907/2006 dürfen Azofarbstoffe, die durch reduktive Spaltung bestimmte aromatische Amine in Konzentrationen von mehr als 30 mg/kg freisetzen können, nicht in Textil- und Ledererzeugnissen verwendet werden, die mit der menschlichen Haut oder der Mundhöhle direkt und längere Zeit in Berührung kommen können. Bei Erzeugnissen, in denen dieser Wert überschritten wird, gilt die Verwendung eines verbotenen Azofarbstoffes als nachgewiesen. Derartige Erzeugnisse sind nicht verkehrsfähig.

Der Kunstpelzbesatz an neun Mützen, vier Westen, vier Jacken, je einem Paar Handschuhe, Ohrwärmer und Stiefel sowie einem Schal wurde hinsichtlich der Verwendung verbotener Azofarbstoffe geprüft. In allen Fällen wurde der oben genannte Grenzwert eingehalten.
Bestimmte Dispersionsfarbstoffe stellen in Deutschland die Hauptursache für textilbedingte Kontaktallergien dar (Aktualisierte Stellungnahme Nr. 041/2012 des BfR vom 06. Juli 2012). Zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher wurden acht Dispersionsfarbstoffe benannt, die nicht mehr in Bekleidungstextilien verwendet werden sollen. Der Kunstpelzbesatz an sechs Mützen, fünf Westen, fünf Jacken, je einem Paar Handschuhe, Ohrwärmer und Stiefel sowie einem Schal wurde hinsichtlich der Verwendung unerwünschter Dispersionsfarbstoffe geprüft. In keiner der untersuchten Proben mit Kunstpelzbesatz wurde einer der benannten Dispersionsfarbstoffe nachgewiesen.

Sämtliche geprüften Erzeugnisse waren somit bezüglich der bei der Herstellung eingesetzten Farbstoffe rechtmäßig im Verkehr.

Zusätzlich wurde im Kunstpelzbesatz aller 45 Proben nasschemisch der Gehalt an Cadmium bestimmt. Gemäß VO (EG) Nr. 1272/2008 ist Cadmium u.a. als krebserregend, Kategorie 1B, sowie mutagen, Kategorie 2, und reproduktionstoxisch, Kategorie 2, eingestuft. Zudem schädigt Cadmium die Nieren und die Knochen und beeinflusst das Hormonsystem (Stellungnahme Nr. 048/2009 des BfR vom 01. Juni 2009). Gemäß VO (EG) Nr. 1907/2006 dürfen Cadmium und seine Verbindungen nicht in Erzeugnissen verwendet werden, die aus bestimmten Kunststoffen hergestellt werden, darunter Polyethylenterephthalat, welches in Polyester zum Einsatz kommen kann. Derartige Erzeugnisse mit einem Gehalt an Cadmium von 0,01 Gew.-% oder mehr im Kunststoff sind nicht verkehrsfähig. In keiner der untersuchten Proben mit Kunstpelzbesatz wurde Cadmium nachgewiesen.

Daneben wurde bei allen Proben mit Kunstpelzbesatz mittels FT-IR das Material bestimmt, aus dem der Kunstpelz hergestellt worden war. In 32 Fällen war Polyacryl bzw. Modacryl, in zwölf Fällen Polyester und in einem Fall Polyethylenvinylacetat verwendet worden. Die Ergebnisse der Untersuchung mittels FT-IR bestätigten die im Rahmen der Textilkennzeichnung gemachten Angaben. Diskrepanzen zwischen den analytischen Ergebnissen und den Angaben des Herstellers wurden nicht festgestellt.

Literatur

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