Pressemitteilung

28.02.2023
Nr. 02/2023

Gesundheit

Neugeborenen-Screening schützt vor den Folgen Seltener Erkrankungen

Bislang haben 2.500 Kinder in Bayern profitiert

Das Neugeborenen-Screening auf Seltene Erkrankungen hat im Freistaat seit seiner Einführung 1999 schon bei 2.500 Kindern zu einer frühen Diagnose geführt. Darauf hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) am „Europäischen Tag der Seltenen Erkrankungen“ am 28. Februar hingewiesen. Eine Erkrankung gilt als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen betroffen sind. Deutschlandweit können alle Eltern im Rahmen des Neugeborenen-Screenings ihre Kinder nach der Geburt auf mittlerweile 17 Seltene Erkrankungen untersuchen lassen und ihnen dann bei Bedarf eine frühzeitige Behandlung ermöglichen. Das Screeningzentrum am LGL sorgt dafür, dass Eltern an das Screening erinnert und notwendige Kontrolluntersuchungen rechtzeitig durchgeführt werden. In den Jahren 1999 bis heute wurden im Rahmen des Neugeborenen-Screenings in Bayern rund 2,75 Millionen Säuglinge gescreent.

Etwa eines von 800 neugeborenen Kindern in Bayern kommt mit einer Seltenen Erkrankung auf die Welt, die im Neugeborenen-Screening entdeckt wird. Dies können angeborene Störungen des Stoffwechsels, des Hormon-, Blut-, Immun- oder neuromuskulären Systems sein. Zu den häufigsten Befunden zählen Hypothyreose, Phenylketonurie und Mukoviszidose. Diese Erkrankungen sind nicht durch äußere Zeichen zu erkennen und können unbehandelt zu Organschäden, schweren Infektionen, Wachstumsstörungen, geistigen und körperlichen Behinderungen oder sogar zum Tod führen. Seit 1999 konnten in Bayern bei rund 2.500 Kindern, bei denen eine der Zielkrankheiten entdeckt wurde, durch Behandlung schwere Krankheitsfolgen verhindert oder gemildert werden. 

Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek betonte: „Das Neugeborenen-Screening auf Seltene Erkrankungen ist eine echte bayerische Erfolgsgeschichte. Sie zeigt, wie wichtig Früherkennung ist, denn das Leben vieler kleiner Patientinnen und Patienten kann durch eine frühe Diagnose erheblich verbessert werden. Klar ist: Wir dürfen Seltene Erkrankungen nicht aus den Augen verlieren. Auch wenn jeweils nur wenige Menschen daran leiden, sind Seltene Erkrankungen insgesamt doch häufig. In Bayern leben schätzungsweise rund 630.000 Menschen mit einer Seltenen Erkrankung. Der Freistaat lässt sie nicht allein.“

Für Professorin Dr. Caroline Herr, Mitglied der Amtsleitung am LGL, ist das Neugeborenen-Screening eine höchst effektive Maßnahme der Sekundärprävention: „Mithilfe des Screenings bleibt den Familien eine langandauernde medizinische Diagnostik erspart und die betroffenen Kinder finden schneller den Weg zu einem der spezialisierten Versorgungszentren.“ Was 1999 in Bayern als Modellprojekt zur Erweiterung des Neugeborenen-Screenings auf angeborene Hormon- und Stoffwechselstörungen begann, hat sich seit 2005 flächendeckend in Deutschland etabliert. „Das Neugeborenen-Screening ermöglicht zahlreichen Kindern, die ansonsten wahrscheinlich schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen hätten, eine meist erheblich bessere oder sogar normale Entwicklung“, ergänzt Herr. 

Ein kleiner Piks liefert wertvolle Informationen
Im Rahmen des Neugeborenen-Screenings werden im Laufe des zweiten bis dritten Lebenstages wenige Blutstropfen aus der Ferse oder einer Vene entnommen, auf eine Filterpapierkarte getropft und nach dem Trocknen sofort in eines der Screeninglabore geschickt. Erkrankungen können auf diese Weise sehr früh erkannt und behandelt werden. 
Wichtig sind die Erinnerung der Eltern an fehlende Screening- oder Kontrolluntersuchungen nach einem auffälligen Befund, das Tracking, und die kontinuierliche Evaluation des Screenings durch das LGL. Im Screeningzentrum werden die kontroll- und wiederholungsbedürftigen Befunde nachverfolgt und die Geburts- und Kinderkliniken, pädiatrische Praxen und Eltern aufgefordert, die Kontrolluntersuchungen durchzuführen. 

Bilanz des Neugeborenen-Screenings in Bayern seit 1999 

  • Teilnahmerate seit 1999 von über 99 % der Neugeborenen, also insgesamt rund 2,75 Millionen Kinder bis heute.
  • Seit 1999 bis heute wurde in Bayern bei rund 2.500 Kindern eine der Zielkrankheiten diagnostiziert.
  • Ohne das Tracking durch das Screeningzentrum wären rund 6 % der betroffenen Kinder nicht frühzeitig diagnostiziert worden.

 

Häufigkeit der im Screening entdeckten Krankheiten
Januar 1999 bis Dezember 2021+  N =  2.614.037
Erkrankung n
Hypothyreose  869
Adrenogenitales Syndrom (AGS) 193
Biotinidasemangel 45
Galaktosämie (klassisch) 37
Phenylketonurie (PKU/HPA) 534
MCAD-Mangel 273
weitere Seltene Erkrankungen* 226
Mukoviszidose (seit 09/2016) 157
Schwere Immundefekte (SCID, seit 8/2019) 2
Spinale Muskelatrophie (SMA, seit 10/2021) 7
Sichelzellkrankheit (seit 10/2021) 4
Gesamt 2.347

+Detailauswertung liegt momentan nur bis Ende 2021 vor
*einschließlich einiger sehr seltener Erkrankungen, die in Bayern zusätzlich gescreent werden können

 

Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: Gesundheit: Neugeborenen-Screening (bayern.de)

 


Über das LGL
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist die zentrale Fachbehörde des Freistaats Bayern für Lebensmittelsicherheit, Gesundheit, Veterinärwesen und Arbeitsschutz/Produktsicherheit.
Am LGL sind verschiedene Fachgebiete bewusst unter einem Dach vereint. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Lebensmittelchemiker, Ärzte, Tierärzte, Ingenieure, Physiker, Psychologen, Ökotrophologen, Chemiker, labortechnische Fachkräfte, Juristen, Biologen und andere Experten. Sie arbeiten über Fachgrenzen hinweg zusammen und betrachten Sachverhalte aus verschiedenen Blickwinkeln.