Authentizitätsprüfung von Wein mittels 1H-NMR-Spektroskopie

Signet Jahresbericht 2021/22

Abstract

Nach einem Bericht des Europäischen Parlaments zum Betrug in der Nahrungskette aus dem Jahr 2013 (siehe Link https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-7-2013-0434_DE.html?redirect#_part2)_ ) zählt Wein zu den Top 10 der Lebensmittel, bei denen das Risiko eines Lebensmittelbetrugs am höchsten ist. Neben dem Zusatz von Wasser oder anderen unzulässigen Stoffen bei der Herstellung und dem Ausbau von Wein besteht das Risiko, dass Verbraucher nicht den Wein erhalten, den das Etikett verspricht. Daher legt das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in den letzten Jahren bei der Weinanalyse einen Schwerpunkt auf die Entwicklung neuartiger Methoden, welche die Echtheit bzw. Authentizität von Weinen prüfen können. In mehreren Forschungsarbeiten wurde in den vergangenen zwei Jahren eine Screeningmethode für Wein entwickelt und validiert, welche die deklarierte Rebsorte, den Jahrgang und auch die Herkunft eines Weines überprüfen kann. Mit diesem LGL-Weinscreener wurden im vergangenen Jahr erste Überprüfungen von fränkischen Weinen durchgeführt. Die Ergebnisse des neue Screeners bestätigten in der Regel die Qualität und Echtheit der überprüften Weine.

Einleitung

Die am LGL eingesetzten Analysemethoden erlauben es, Wein hinsichtlich seiner Zusammensetzung und somit auch hinsichtlich zugelassener bzw. nicht zugelassener Behandlungsstoffe und Verfahren chemisch zu überprüfen. So kann der unerlaubte Zusatz von Wasser oder auch Zucker (der Zusatz von Zucker zum Süßen oder zur Erhöhung des Alkoholgehaltes von deutschen Prädikatsweinen oder südländischen Weinen ist generell untersagt) erkannt werden. Mittels Stabilisotopenanalytik kann außerdem die Herkunft der Weine durch einen Abgleich mit der jährlich aktualisierten EU-Weindatenbank überprüft werden. Einzelne Rebsorten können schon seit Jahrzehnten mit herkömmlichen Methoden, wie zum Beispiel über die spezifischen Gehalte der verschiedenen Rotweinfarbstoffe (Anthocyane) oder spezieller organischer Säuren, zugeordnet werden. Bis vor wenigen Jahren war es aber noch nicht möglich, den Jahrgang eines Weines, viele andere Rebsorten oder spezielle Herkünfte, wie zum Beispiel geschützte Ursprungsbezeichnungen, analytisch zu kontrollieren.
Durch eine Weiterentwicklung der 1H-Kernresonanzspekroskopie (1H-NMR – englisch nuclear magnetic resonance) können in nur einem Milliliter Wein alle organischen Substanzen ab Gehalten von 5-10 Milligramm je Liter mit nur einer Messung erfasst und quantifiziert werden. Man erhält so einen chemischen Fingerabdruck des untersuchten Weines. Aus der Vielzahl der erhaltenen Fingerabdrücke von vermessenen Weinen können über komplexe mathematische Modelle und durch den Einsatz künstlicher Intelligenz Profile für einzelne Jahrgänge, Rebsorten, Herkünfte und weitere Fragestellungen erstellt werden. Diese Profile werden dann zur Überprüfung unbekannter Weine angewendet.
Am LGL wurden in den vergangenen zwei Jahren Profile für fränkische Weine verschiedener Rebsorten und Jahrgänge erstellt und umfangreich auf Plausibilität getestet (validiert). Seit September 2022 wird die neu etablierte Methode (LGL-Weinscreener) zur Prüfung von Handelsproben eingesetzt.

Ergebnisse

Im Jahr 2022 wurden 250 Proben Frankenwein mit dem LGL-Weinscreener untersucht. Parallel wurden diese Proben auch mit den herkömmlichen Weinmethoden analysiert.

Bis auf eine Probe konnten alle untersuchten Proben mithilfe des LGL-Weinscreeners als authentische Proben hinsichtlich Herkunft, Jahrgang und Rebsorte zugeordnet werden. Diese Proben waren auch hinsichtlich der Ergebnisse der parallel durchgeführten herkömmlichen Weinanalysenmethoden unauffällig.
Eine Probe Spätburgunder konnte allerdings nicht von dem neu entwickelten Screener zu der auf dem Etikett deklarierten Rebsorte zugeordnet werden. Aufgrund der Auffälligkeiten im LGL-Weinscreener wurden hier zusätzlich weitere herkömmliche Methoden zur Bestimmung der einzelnen vorhandenen Rotweinfarbstoffe durchgeführt. Diese herkömmlichen Methoden sind zeitlich deutlich aufwendiger und können nicht flächendeckend bei allen untersuchten Weinen angewendet werden. Auch die durchgeführten herkömmlichen Methoden bestätigten den Verdacht, dass der vorliegende Wein nicht der Rebsorte Spätburgunder entsprach. Die Probe wurde entsprechend als irreführend gekennzeichnet beanstandet, und es wurden die zuständigen Vollzugsbehörden informiert.

Fazit

Die neu entwickelte Methode zur Authentizitätsprüfung der Herkunft, der Rebsorte und des Jahrgangs von fränkischen Weinen hat sich bei der Untersuchung der ersten offiziellen Handelsproben bewährt. Bis auf eine Probe entsprachen alle untersuchten Weine den vorher erstellten Profilen der Herkunft Franken, des deklarierten Jahrgangs sowie der deklarierten Rebsorte. Nur ein Wein wurde hinsichtlich der deklarierten Rebsorte, als Spätburgunder, als auffälliger Wein identifiziert und nach Absicherung des Befundes durch herkömmliche chemische Untersuchungsmethoden beanstandet.

Maßnahmen

Die zuständige Vollzugsbehörde wurde über die hinsichtlich der Rebsortenangabe irreführend gekennzeichnete Probe mit einem Gutachten seitens des LGL informiert.
Die Methode zur Authentizitätsprüfung wird hinsichtlich der Möglichkeit zur Identifizierung weiterer Herkünfte und Rebsorten stetig erweitert und soll die Routineprüfungen der Weinkontrollen des LGL zukünftig weiter ergänzen und damit effizienter und effektiver gestalten.

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