Zusatzstoffe und Zusammensetzung von Drehspießen und Döner Kebab(p) - Untersuchungsergebnisse 2015

Seit 1. Juni 2013 gelten die Bestimmungen für die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen des Anhangs II der europäischen Verordnung VO (EG)
1333/2008. Mit dieser Verordnung wurde das Zusatzstoffrecht EU-weit harmonisiert. Der Aufbau dieser Verordnung unterscheidet sich grundlegend von der bisher geltenden deutschen Zusatzstoff-Zulassungsverordnung. Durch eine unterschiedliche Auslegung der
neuen Rechtstexte ergeben sich zum Teil jedoch unterschiedliche Beurteilungen der Erzeugnisse. Das betrifft auch die Zulässigkeit der Verwendung von kondensierten
Phosphaten (zum Beispiel E 450 bis E 452), Cellulose (E 460) und Glutamat (E 620 bis E 625) in rohen Fleischdrehspießen, die für die Weiterverarbeitung in Imbissbetrieben bestimmt sind. Dies führte dazu, dass die Beurteilungen des LGL und die daraus folgenden
Maßnahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung vor Ort gerichtlich angefochten wurden. Phosphate werden bei der Herstellung von Wurstwaren verwendet. Sie erhöhen das Wasserbindungsvermögen von Fleisch. Phosphate können auch die Konsistenz von zähem, trockenem Fleisch hin zu einem weicheren Biss beeinflussen, da sie das Proteinnetzwerk des Fleisches auflockern und dadurch Wasser binden. Cellulose wird in Drehspießen
aufgrund ihrer Quellfähigkeit als Verdickungsmittel eingesetzt. Glutamat dient als Geschmacksverstärker. Unstrittig ist, dass kondensierte Phosphate wie etwa E 450 bis E 452, Cellulose (E 460) und Glutamat (E 620 bis E 625) in Fleischzubereitungen, die
roh an den Endverbraucher abgegeben werden, nicht verwendet werden dürfen. Bei rohen Drehspießen, die zu den Fleischzubereitungen zählen und an Imbissbetriebe (Weiterverarbeiter) abgegeben werden, weicht die Rechtsauffassung unterschiedlicher
Interessengruppen hingegen voneinander ab. Hierbei geht es vor allem um unterschiedliche Auslegungen des Reverse-Carry-Over-Prinzips. Außerdem wurde Mitte 2015 ein Antrag auf Zulassung von Phosphaten zu rohen Drehspießen bei der EU-Kommission eingereicht. Zurzeit prüft die EU-Kommission diesen Antrag. Aufgrund der noch offenen Entscheidungen
ist eine endgültige Beurteilung dieser Erzeugnisse durch das LGL derzeit nicht möglich.

Was sind Fleischzubereitungen?

Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004 umfassen frisches Fleisch einschließlich zerkleinertes Fleisch, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das
nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Als Beispiel sind hier im rohen Zustand verkaufte Fleischdrehspieße, Geschnetzeltes oder Cevapcici zu nennen.

Was ist der Unterschied zwischen Drehspießen und Döner Kebab(p)?

Für das Produkt Döner Kebab bzw. Döner Kebap besteht eine allgemeine Verkehrsauffassung. Bereits 1989 wurde die Berliner Verkehrsauffassung für Döner Kebab(p) in einer Festschreibung niedergelegt und 1991 als bundeseinheitlicher Beurteilungsmaßstab festgeschrieben. Die Festschreibung wurde von Vertretern aller betroffenen Kreise – der Berliner Wissenschaft, der Lebensmittelüberwachung, der
Verbraucher und der Lebensmittelwirtschaft – gemeinsam erarbeitet. Die Definition wurde auch in die Deutschen Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse aufgenommen. Um den aktuellen Bedürfnissen der Verbraucher zu entsprechen, wurden in der Definition die zulässigen Fleischarten „Rind“ und „Schaf“ um die Fleischspezies „Pute“ und „Huhn“ erweitert. Kreiert wurde der Döner Kebab(p) von Mitbürgern muslimischen Glaubens, daher ist die Verwendung von Schweinefleisch in Döner Kebab(p) nicht zulässig

Döner Kebab(p)

Laut Definition wird Döner Kebab(p) wie folgt hergestellt: Schaffleisch und bzw. oder Rindfleisch wird in Form von dünnen Fleischscheiben auf einen Drehspieß aufgesteckt. Ein mitverarbeiteter Hackfleischanteil aus Rindfleisch und bzw. oder Schaffleisch beträgt höchstens 60 %. Außer Salz, Gewürzen, gegebenenfalls Eiern, Zwiebeln sowie
Öl, Milch und Joghurt als Marinade für das Fleisch enthält Döner Kebab(p) keine weiteren Zutaten. Bei „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ wird das Geflügelfleisch auch mit Haut verwendet, jedoch kein wie Hackfleisch zerkleinertes Fleisch eingesetzt. Der maximale Hautanteil beträgt hier laut den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen
Lebensmittelbuchs 18 % (Nr. 2.511.7 LMLFleisch).

Drehspieße

Für Drehspieße, die nicht der Definition von Döner Kebab(p) entsprechen, darf diese Bezeichnung nicht verwendet werden. Während für Döner Kebab(p) eine genaue Zusammensetzung festgelegt ist, können Produkte mit dem Oberbegriff „Drehspieße“ in der Zusammensetzung und Qualität variieren. Diese beinhalten dann höhere Hackfleischanteile bis hin zur Verwendung von fein zerkleinerten, brühwurstartigen Bräten. Zudem wird hier oft ein hoher Anteil an Flüssigwürzung, das heißt üblicherweise 10 bis 20 % Wasserzusatz, verwendet. Dabei kommen zur Bindung der größeren Wassermengen im Fleisch kondensierte Phosphate (E 338 bis E 452) zum Einsatz. Je nach Zusammensetzung werden zudem verschiedene Bindemittel (Stärken, Cellulose, Verdickungsmittel) und weitere Zusatzstoffe verwendet. Außerdem werden Aromen und Geschmacksverstärker, beispielsweise Glutamate, Inosinate und Guanylate, beigemengt. Zur Vermeidung einer Irreführung ist für solche Produkte eine beschreibende Verkehrsbezeichnung mit eindeutigen Informationen über die Zusammensetzung für den Verbraucher vorgeschrieben.

Das Carry-Over- und Reverse-Carry-Over-Prinzip

Neben der direkten Zugabe kann ein Zusatzstoff auch über eine Zutat gewollt oder nicht gewollt in ein Lebensmittel gelangen. Wenn ein Zusatzstoff in einer Zutat rechtskonform verwendet wird und diese Zutat ein Bestandteil eines zusammengesetzten Lebensmittels wird, so gelangt dieser Zusatzstoff unvermeidbar in das zusammengesetzte Lebensmittel.
Die so übertragene Menge kann damit erlaubt sein, auch wenn der Zusatzstoff dort eigentlich nicht zugelassen wäre. Es handelt sich dann um das Carry-Over-Prinzip nach Art 18 Absatz 1 a VO (EG) Nr. 1333/2008. Als Beispiel kann Glutamat in Drehspießen
genannt werden, das in Würzmitteln zugelassen ist und durch den Einsatz dieser Würzmittel
auch legal in rohen Drehspießen zu finden ist, selbst wenn es dort nicht direkt zugegeben werden darf. Auf diesem Wege dürfen jedoch nur unvermeidbare Mengen übergehen. Absichtlich über ein Würzmittel zugesetztes Glutamat stellt einen Missbrauch des
Carry-Over-Prinzips dar. Weiterhin erlaubt das Reverse-Carry-Over-Prinzip
nach Art 18 Absatz 1c VO (EG) Nr. 1333/2008 die Verwendung von Zusatzstoffen in einer Zutat, für die selbst eigentlich keine Zulassung besteht, vorausgesetzt der betreffende Zusatzstoff ist im zusammengesetzten Enderzeugnis zulässig und die Zutat wird ausschließlich für die Herstellung dieses zusammengesetzten Enderzeugnisses eingesetzt.
Beispielsweise sind Citrate in Blut nur erlaubt, wenn es zur Herstellung von Blutwurst verwendet wird, in welcher Citrate zulässig sind. Ob dieses Reverse-Carry- Over-Prinzip auf die Zugabe von kondensierten Phosphaten zu roh vermarkteten Drehspießen, die an
Imbisse abgegeben werden, legal praktiziert werden darf, ist im Augenblick Gegenstand offener Rechtsverfahren.

Untersuchungsergebnisse des LGL

Das LGL untersuchte 2015 die chemische Zusammensetzung (zum Beispiel Zusatzstoffe, Fleischanteil, Wasseranteil, Allergene) und Kennzeichnung von insgesamt 33 Proben Drehspießen und Döner Kebab(p) und beanstandete davon 28 Proben.
Neben 28 Beanstandungen aufgrund unzulässiger Verwendung von kondensierten Phosphaten sprach das LGL je eine Beanstandung wegen Gefährdung der Gesundheit – die allergene Zutat „Soja“ war nicht deklariert – und eine wegen wertgeminderter Beschaffenheit aus; hier waren Knochenpartikel und Federkiele im Geflügelfleischspieß nachweisbar.
Das LGL konnte bei den Spießen auch Glutamate nachweisen. Da diese jedoch überwiegend durch ein Carry-Over aus Würzmitteln legal in die Drehspieße
gelangten, konnte das LGL hier nur in drei Proben die unzulässige Verwendung von Glutamat belegen.

Kennzeichnung

Außer Proben zur chemischen Untersuchung wurden dem LGL 19 Fälle zur Prüfung der Kennzeichnung bei Herstellern und sieben zur Prüfung der Kennzeichnung bei Imbissen vorgelegt. 18 der vorgelegten 19 Herstellerkennzeichnungen beanstandete das LGL. Sechs wiesen eine irreführende Bezeichnung auf, vier eine irreführende Angabe des Fleischanteils, elf ein fehlerhaftes Zutatenverzeichnis, sechs ein fehlendes Einfrierdatum und neun
eine fehlerhafte Allergenkennzeichnung. Zudem beanstandete das LGL weitere formale Kennzeichnungsmängel. Bei den Imbissen beanstandete das LGL alle neun vorgelegten Döner-Kebab(p) –Proben wegen irreführender Kennzeichnung, da die Qualität
jeweils nicht den Vorgaben für Döner Kebab(p) entsprach. Unter anderem enthielt ein Döner Kebab(p) Schweinefleisch und in zwei Fällen fehlte die Angabe der Tierart Pute.
Zulässigkeit der Zusatzstoffe Eine endgültige gerichtliche Entscheidung der Zulässigkeit
der Verwendung von kondensierten Phosphaten in Fleischdrehspießen ist noch beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig (Stand Januar 2016). Parallel dazu haben die betroffenen Kreise der Lebensmittelindustrie bei der EU-Kommission Mitte 2015 einen Antrag auf Zulassung von kondensierten Phosphaten zu rohen Drehspießen, darunter auch
Döner Kebab(p), gestellt. Der Antrag wird derzeit von der EU-Kommission geprüft.
Erst nach Abschluss der rechtlichen Prüfung durch die Gerichte bzw. nach Abschluss der Prüfung einer möglichen Zulassung der kondensierten Phosphate durch die EU-Kommission auch zu roh vermarkteten Drehspießen ist eine endgültige Beurteilung der Zulässigkeit dieser Zusatzstoffe wieder möglich.

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