Dioxin und dioxinähnliche PCB in Fleisch von Freilandrindern - Untersuchungsergebnisse 2008

Hintergrund der aktuellen Untersuchung

Anfang des Jahres 2008 ist ein Bericht des schweizerischen Bundesamtes für Gesundheit (BAG) über die Untersuchung von tierischen Lebensmitteln auf die Belastung mit "Dioxinen und dioxinähnliche PCB" in die Schlagzeilen geraten. Während die Dioxinbelastung in Milch, Eiern, Schweine-, Rind-, Kalb- und Geflügelfleisch gegenüber 2003 zurückgegangen ist, wurden für die dioxinähnlichen Polychlorierten Biphenyle (dl-PCB) im schweizerischen Untersuchungsprogramm von 2006 Überschreitungen des EU-Höchstwertes bei Kalb- und Rinderfettproben festgestellt. Besonders betroffen waren hierbei in Freilandhaltung gezüchtete Kälber mit 44% und Rinder aus konventioneller Haltung mit 19%.

Definition und Strategie

Unter dem Begriff "Dioxine" werden die polychlorierten Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/F) zusammengefasst. Sie gehören mit den dioxinähnlichen Polychlorierten Biphenylen (dl-PCB) zu den toxikologisch relevanten chlororganischen Verbindungen. Beiden Stoffgruppen gemeinsam ist, dass sie schwer abbaubar und gut fettlöslich sind. Dadurch reichern sie sich auch im Fettgewebe von Schlachttieren an und gelangen so über die Nahrungskette in den menschlichen Körper. Diese Bioakkumulation, verbunden mit dem hohen toxischen Potenzial dieser Substanzen, führt deshalb zu einem strikten Minimierungsgebot in Lebens- und Futtermitteln.

Ein wirksamer Verbraucherschutz basiert somit darauf, dass die Aufnahme dieser Kontaminanten über die Nahrung beschränkt wird. Die EU-Kommission hat deshalb im Rahmen der Kontaminanten-Höchstgehalt-VO (EG) 1881/2006 für tierische Lebensmittel Höchstgehalte erlassen, die die Aufnahme von "Dioxinen" über die Nahrung begrenzen. Damit kann die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegte tolerierbare maximale Aufnahme für den Menschen eingehalten werden.

Die Belastung der Umwelt, Futtermittel und Lebensmittel mit Dioxinen und PCB soll weiter reduziert werden. Ein Aspekt dieser Strategie ist es, strengere sogenannte Auslösewerte (Empfehlung der Kommission 2006/88/EG) einzuführen. Werden bereits diese Auslösewerte oder gar die Höchstgehalte überschritten, so ist die Kontaminationsquelle zu ermitteln und durch entsprechende Maßnahmen zu beschränken oder zu beseitigen.

Die für Rindfleisch geltenden Grenzwerte an den Toxizitätsäquivalenten (TEQ) von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB sind in der nachfolgenden Tabelle 1 aufgelistet:

Tabelle 1: Europäische Grenzwerte für die Dioxinbelastung in Rindfleisch [pg TEQ / g Fett]
Auslösewerte 1) (AW) Höchstwerte 2) (HG)
Dioxine (WHO-PCDD/F-TEQ) 1,5 3,0
dioxinähnliche PCB (WHO-dl-PCB-TEQ) 1,0
Summe aus Dioxinen und dl-PCB (WHO-PCDD/F-PCB-TEQ) 4,5

1) nach Empfehlung 2006/88/EG, 2) nach VO (EG) Nr. 1881/2006

Aktuelle Untersuchungen des LGL

Im Sommer 2008 untersuchte das LGL die Dioxinbelastung von 17 Rindern aus Freilandhaltung in Bayern. Frühere Untersuchungen bayerischer Rinder aus konventioneller Haltung ergaben keine Höchstwertüberschreitungen. Wegen der zum Teil höheren und bisher unerklärlichen Belastungssituation bei schweizerischen Freilandrindern konzentrierte sich die diesjährige Untersuchung auf Freilandrinder aus dem bayerischen alpenländlichen Raum.

Sämtliche Rindfleischproben wurden in den südlichsten Landkreisen Bayerns gezogen. Für die Untersuchungen kamen nur Rinder in Betracht, die überwiegend im Freiland, wenn möglich auf einer Alm gehalten wurden. Deshalb stammen die Proben aus den Landkreisen Oberallgäu (4 Proben), Ostallgäu (2), Garmisch-Partenkirchen (3), Bad Tölz-Wolfratshausen (2), Mies-bach (1), Rosenheim (1), Traunstein (3) und Berchtesgadener Land (1).

Ergebnisse und Beurteilung

Die Untersuchungsergebnisse der Rindfleischproben auf ihre Gehalte an Dioxinen (PCDD/F) und dioxinähnlichen PCB (dl-PCB) sind in der folgenden Tabelle 2 aufgeführt:

Tabelle 2: Vergleich von Messwertkenndaten der Rindfleischproben mit den Grenzwerten [pg TEQ / g Fett]
Minimum Maximum Mittelwert Median AW HG
PCDD/F 0.11 1.24 0.42 0.37 1,5 3,0
dl-PCB 0.43 16.2 2.27 1.17 1,0
PCDD/F + dl-PCB 0.54 17.4 2.69 1.66 4,5

Die ermittelten Gehalte an Dioxinen unterschritten allesamt den zugehörigen Höchstwert von 3,0 pg WHO-PCDD/F-TEQ / g Fett sowie den strengeren Auslösewert von 1,5 pg WHO-PCDD/F-TEQ / g Fett. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit den Resultaten unserer Untersuchungen von konventionell gehaltenen Rindern aus vergangenen Jahren.

Der Summenhöchstwert an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB von 4,5 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ / g Fett wurde aufgrund ihres deutlich erhöhten PCB-Anteils von einer einzigen Probe überschritten. Diese stammte aus einem angrenzenden Gebiet in Österreich, wurde aber in einer bayerischen Metzgerei verkauft. Deren Weiterverkauf wurde untersagt. Zu weiteren Ermittlungen wurden die österreichischen Behörden über das europäische Schnell-warnsystem unterrichtet.

Bei sechs Proben war nur der strengere Auslösewert für die dioxinähnlichen PCB von 1,0 pg WHO-PCB-TEQ / g Fett überschritten, sodass gemäß der Empfehlung der EU-Kommission durch die zuständigen Behörden Untersuchungen zur Ermittlung der Kontaminationsquelle und entsprechende Maßnahmen zu deren Beschränkung oder Beseitigung ergriffen wurden. Als zusätzliche Hilfestellung für den Erzeuger wurde auf den beim Bundesumweltministerium erhältlichen Leitfaden Nr. 2715 "Dioxin- und PCB-Einträge in Lebensmittel vermeiden" hingewiesen.

Die restlichen zehn Proben enthielten dl-PCB-Gehalte, die der für Rinder aus Freilandhaltung typischen unauffälligen Hintergrundbelastung entsprachen.

Die Beurteilungen der untersuchten Rindfleischproben auf ihre Gehalte an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB sind in Tabelle 3 zusammengefasst:

Tabelle 3: Beurteilung der untersuchten Rindfleischproben
Bewertung der "Dioxin"-Belastung Anzahl Anteil
unauffällige Hintergrundbelastung 10 59 %
über dem Auslösewert (Quellensuche) 6 35 %
über Höchstgehalt (Beanstandung) 1 6 %

Fazit

Alle 16 untersuchten Rindfleischproben, die von bayerischen Erzeugern stammen, lagen unter den zulässigen Höchstwerten für Dioxine, Furane und dioxinähnliche PCB. Bei einem Drittel aller Proben war der Auslösewert für die dioxinähnlichen PCB überschritten, sodass die Lebensmittelüberwachung veranlasst hat, die Quellen zu ermitteln, um dadurch die Kontaminanten weiter zu reduzieren.

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