Hohe Acrylamidgehalte in geschwärzten Oliven möglich – und jetzt?

Hintergrund und Warenkunde

Im Rahmen des deutschlandweiten Lebensmittel-Monitoring 2021 des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und zuvor bereits in Untersuchungen aus Baden-Württemberg stellten die Behörden überraschend hohe Acrylamidgehalte in geschwärzten Oliven fest. [1][2]

Bei Oliven kann zwischen drei verschiedenen Varianten unterschieden werden:

  • Grüne Oliven werden unreif geerntet und behalten ihre grüne Farbe auch bei den weiteren Herstellungsschritten.
  • Werden grüne Oliven einem Oxidationsprozess mit Hilfe von Eisensalzen wie Eisen(II)lactat oder Eisen(II)gluconat unterzogen erhalten sie eine tiefschwarze Farbe. Man spricht von geschwärzten Oliven.
  • Daneben gibt es Oliven, die erst nach ihrer natürlichen Reifung geerntet werden und ebenfalls schwarz, häufig auch mit violettem oder braunen Farbstich, erscheinen.

Dem Bericht zum Monitoring 2021 zufolge waren die 2021 deutschlandweit festgestellten Gehalte stark von der Herstellung abhängig. Im Gegensatz zu grünen und natürlich-gereiften schwarzen Oliven wiesen geschwärzte Oliven erhebliche Mengen an Acrylamid auf. Das 90. Perzentil lag für geschwärzte Oliven bei 745 µg/kg (n = 16), für grüne Oliven bei 165 µg/kg (n = 31) und für natürlich-gereifte schwarze Oliven bei 81 µg/kg (n = 13). [1]

Laut Bericht zum Monitoring 2021 stehen die hohen Acrylamidgehalte in geschwärzten Oliven in Zusammenhang mit der Schwärzung, denn bei der herbeigeführten Oxidation werden Acrylamid-Vorstufen aus dem Fettabbau freigesetzt, die dann bei der weiteren Erhitzung zur Haltbarmachung Acrylamid bilden können. [1]

Aktuelle Untersuchungsergebnisse am LGL

Die aktuellen Untersuchungsdaten des LGL zeigen ein ähnliches Bild und unterstützen diese Annahme. In den je sieben Proben grüne bzw. natürlich-gereifte schwarze Oliven wurden nur geringe Mengen an Acrylamid festgestellt, während das 90. Perzentil der 15 Proben geschwärzte Oliven bei 740 µg/kg lag.

Auffällig hierbei war, dass die vier Proben geschwärzte Oliven mit dem höchsten Acrylamidgehalt vom selben Hersteller stammten, was die Abhängigkeit der Acrylamidgehalte vom individuellen Herstellungsprozess unterstreicht. Dass die oxidative Schwärzung der Oliven nicht zwangsläufig hohe Acrylamidgehalte zur Folge haben muss, lässt sich anhand einzelner nur niedrig belasteter Proben ebenfalls erkennen. Darüber hinaus verteilen sich die Werte um den Mittelwert von 399 µg/kg bzw. den Median von 383 µg/kg relativ gleichmäßig, wie in der nachfolgenden Abbildung erkennbar.

 Die Acrylamidgehalte der am LGL untersuchten geschwärzten Oliven sind als Kasten-Diagramm angegeben. Der Großteil der Acrylamidgehalte liegt in einem blau markierten Bereich von ca. 160-570 µg/kg. Der Median liegt bei 383 µg/kg und der Mittelwert bei 399 µg/kg. Die gesamte Spannweite der Daten ist anhand von vertikalen Balken angegeben und reicht von 0 bis ca. 850 µg/kg.

Abbildung:
Verteilung der LGL-Untersuchungs­ergebnisse für den Acryamidgehalt in geschwärzten Oliven; der Großteil der Acrylamidgehalte liegt im blauen Bereich; die horizontale Linie gibt den Median wieder, der Mittelwert ist als Kreuz angegeben. Die gesamte Spannweite der Daten ist anhand der vertikalen Balken erkennbar.

Wie werden die hohen Acrylamidgehalte beurteilt?

Oliven sind von der seit 2018 gültigen Acrylamid-Verordnung (EU) 2017/2158 nicht erfasst, sodass bislang kein spezifischer Richtwert und keine Minimierungsmaßnahmen festgelegt wurden. Gemäß Anhang der Empfehlung (EU) 2019/1888 sollen jedoch sowohl die zuständigen Behörden als auch die Lebensmittelunternehmer unter anderem auch Oliven in Salzlake regelmäßig auf das Vorhandensein von Acrylamid und dessen Gehalt testen. Dies soll dazu beitragen, die Datenlage zu verbessern und erforderlichenfalls das Ableiten von Richtwerten ermöglichen.

Bis zur Festlegung von spezifischen Richtwerten erfolgt die Beurteilung des Gehalts an Acrylamid in Oliven nach dem allgemeinen Minimierungsgebot für Kontaminanten gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 315/93, wonach alle Kontaminanten auf so niedrige Werte zu begrenzen sind, wie sie durch gute Praxis auf allen Stufen der Gewinnung und Produktion sinnvoll erreicht werden können. Es liegt also an den Herstellern ihre Prozesse soweit zu optimieren, dass ihre Produkte möglichst wenig Acrylamid enthalten.

Für die zwei Proben geschwärzte Oliven aus dem Untersuchungsumfang des LGL, die über dem 90. Perzentil sowohl der Monitoring-Daten als auch der aktuellen LGL-Daten lagen, wies das LGL in Sachverständigenäußerungen auf den erhöhten Acrylamidgehalt und die Minimierungspflicht hin und sprach die Empfehlung aus, den Oxidations- und Erhitzungsprozess in Bezug auf die Acrylamidbildung zu optimieren.

Was gilt es zu beachten?

Aufgrund der möglichen kanzerogenen Wirkung von Acrylamid ist es wichtig die Acrylamidaufnahme der Verbraucher soweit wie möglich zu reduzieren. Ein erster Schritt dabei ist das Verständnis wie es zur Entstehung von Acrylamid in den Produkten kommt. Erst dann können die Prozesse optimiert werden. Hier sind jetzt die Hersteller von geschwärzten Oliven gefragt durch Eigenuntersuchungen die kritischen Prozessschritte zu identifizieren und geeignete technologische Lösungen zu finden.

Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Verbraucher die Problematik kennen, um eine gut fundierte Kaufentscheidung zu treffen. Eine akute Gesundheitsgefahr besteht beim Verzehr von geschwärzten Oliven nicht, sodass gegen einen gelegentlichen Verzehr bei sonst ausgewogener und gesunder Ernährung wenig einzuwenden ist. Wer trotzdem geschwärzte Oliven meiden möchte, der sollte beim Olivenkauf darauf achten, dass weder die Angabe „geschwärzt“ noch die Zusatzstoffe Eisen(II)lactat oder Eisen(II)gluconat auf dem Etikett zu lesen sind. Auch bei loser Ware, z. B. am Marktstand, oder im Restaurant muss eine Schwärzung kenntlich gemacht werden. Das geschieht häufig über Fußnoten oder Hinweisen in direktem Zusammenhang mit der Bezeichnung. Geschwärzte Oliven erkennt man außerdem anhand des grünen Kerns bei sonst kräftig schwarzem Fruchtfleisch.

Betroffen können auch Lebensmittel sein, die geschwärzte Oliven als Zutat enthalten, wie belegte Pizza oder Backwaren mit Oliven. Auch in diesen Produkten kann der Acrylamidgehalt durch die geschwärzten Oliven erhöht sein. Durch die zusätzliche Erhitzung während des Backens besteht zudem die Gefahr, dass sich der Acrylamidgehalt noch erhöhen könnte. Auch hier sollten Untersuchungen zukünftig mehr Klarheit schaffen.

Literaturverzeichnis

[1] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL); Monitoring 2021; BVL-Report – Berichte zur Lebensmittelsicherheit

[2] Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart; Dr. Carmen Breitling-Utzmann, Carolin Schlag; 2021; Salzige Angelegenheit – Salz und Acrylamid in eingelegten Oliven

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