Cannabisprävention im und um das Setting Schule

Signet Jahresbericht 2021/22

Abstract

Cannabiskonsum ist unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen weit verbreitet. Dieser birgt besonders für junge Menschen vielfältige gesundheitliche und soziale Risiken. Die steigenden Konsumzahlen und die abnehmende Risikowahrnehmung in der Bevölkerung verstärken die Notwendigkeit einer weiteren Intensivierung des bereits konsequenten Auf- und Ausbaus von Präventions- und Hilfsangeboten im Bereich Cannabis – unabhängig von den Legalisierungsplänen der Bundesregierung. Das ZPG im LGL entwickelt deshalb ein ganzheitliches Konzept zur Cannabisprävention an bayerischen Schulen, das neben Schülerinnen und Schülern die gesamte Schulfamilie einbezieht.

Hintergrund

Cannabis ist weltweit die verbreitetste und am häufigsten konsumierte illegale Droge – auch unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen (Bühler et al., 2020). Der Konsum dieser psychoaktiven Substanz geht – besonders im Jugend- und jungen Erwachsenenalter – mit einem erhöhten Risiko für die Gesundheit einher. In diesen Altersgruppen ist die Hirnentwicklung noch nicht vollständig abgeschlossen. Cannabiskonsum kann daher u.a. zu Einbußen in Lern- und Gedächtnisleistungen sowie Aufmerksamkeit, Denkleistung und Intelligenz führen. Außerdem werden mit einem frühzeitigen Konsumbeginn von Cannabis eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung sowie ein erhöhtes Risiko für gesundheitliche und soziale Probleme in Verbindung gebracht (Bühler et al., 2020; Hoch et al., 2019).

Gemäß dem aktuellen Forschungsbericht „Der Substanzkonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat, jeder elfte Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren schon einmal Cannabis konsumiert. Bei den 18- bis 25-Jährigen hat bereits über die Hälfte Erfahrungen mit dem Konsum von Cannabis. In beiden Altersklassen ist die Lebenszeitprävalenz des Cannabiskonsums seit 1979 gestiegen und unter den jungen Erwachsenen wurde im Jahr 2021 mit 50,8 Prozent auch der bisher höchste Anteilswert erreicht (Orth & Merkel, 2022).
Gründe für die Zunahme des Cannabiskonsums werden in einer veränderten Wahrnehmung der gesundheitlichen Risiken und einer steigenden Akzeptanz von Cannabis in der Bevölkerung vermutet (Hoch et al., 2019). Die Pläne der Bundesregierung hinsichtlich einer Cannabislegalisierung machen es notwendig, das Thema Cannabisprävention nochmals verstärkt in den Fokus zu rücken.

Ergebnisse und Maßnahmen

Vor diesem Hintergrund baut das LGL die Cannabisprävention im und um das Setting Schule aus. Im Rahmen des Projekts „CabS – Cannabisprävention an bayerischen Schulen“ entwickelt das ZPG ein ganzheitliches Konzept zur Stärkung der Sucht- und Cannabisprävention an Schulen. Ziel ist es, Abstinenz bezüglich Cannabis unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu fördern und bereits Konsumierenden einen verantwortungsvollen Konsum näherzubringen. Das Projekt wird vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) gefördert und unterstützt. Das Konzept orientiert sich an den Bedarfen und Lebenswelten der Zielgruppen und bindet bestehende Strukturen, Netzwerke und Angebote ein. Die Planung wird stetig durch eine beratende Runde aus Vertreterinnen und Vertretern aus der Suchtpräventionspraxis, der Wissenschaft und Forschung sowie der Schullandschaft begleitet.
Im Sinne einer ganzheitlichen Suchtprävention spricht das ZPG in seinem Konzept die ganze Schulfamilie an. Insgesamt verfolgt das Konzept vier zentrale Strategien (siehe Abbildung):

  • die Förderung einer abgestimmten Suchtpräventionskultur und unterstützender Rahmenbedingungen an Schulen,
  • die Sensibilisierung und Qualifizierung des Schulpersonals,
  • die proaktive Elternarbeit und
  • die ansprechende und zielgruppengerechte Wissens- und Kompetenzvermittlung für Schülerinnen und Schüler.

Erste Maßnahmen zur Umsetzung der Strategie wurden bereits ergriffen: In Kooperation mit der Villa Schöpflin und dem Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord) baute das ZPG die Evaluation des Präventionsworkshops „Cannabis – quo vadis?“ in Bayern aus. Bis Juli 2023 sollen etwa 150 weitere Fachkräfte ausgebildet werden, die anschließend die Workshops in Schulklassen anbieten und durchführen können. Als weitere Maßnahme entwickelt das ZPG in Kooperation mit der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS) derzeit ein interaktives virtuelles Lerninstrument für suchtpräventionsbeauftragte Lehrkräfte und Fachkräfte der Suchtprävention, Schulsozialarbeit und Jugendarbeit. Zeit- und ortsungebunden sollen die Teilnehmenden Hintergrundinformationen und praktische Tipps zum Thema Cannabis und dessen Prävention erhalten. Neben der Sensibilisierung und Wissensvermittlung steht der direkte Transfer des Gelernten in den Arbeitsalltag der Teilnehmenden im Vordergrund. Das Projekt wird von der BZgA gefördert und soll nach einer Testphase in ein bundesweites Angebot überführt werden. Neben dem Setting Schule plant das LGL außerdem, weitere Lebenswelten im Bereich der Cannabisprävention in den Fokus zu nehmen. Unter anderem wird derzeit eine Projektidee zur Nutzung des Peer-to-Peer-Ansatzes zur Cannabisprävention an Hochschulen und Berufsschulen mit Kooperationspartnern besprochen. Weitere Informationen zum Konzept und aktuelle Maßnahmen stehen auf der Website des ZPG unter der Rubrik „Suchtprävention“ zur Verfügung Suchtprävention: Cannabis - ZPG-Bayern.

Die Abbildung stellt das ganzheitliche Konzept zur Cannabisprävention an Schulen schematisch in Form eines Hauses dar. Die mit dem Konzept verfolgten Ziele bilden das Dach des Hauses, dessen Säulen sich aus den vier verfolgten Strategien (siehe im Text) zusammensetzen. Darüber hinaus bilden die Querschnittsaufgaben „Monitoring und Bestandsaufnahme“, „Kommunale Rahmenbedingungen“, „Bewerbung und Kommunikation“ sowie „Qualitätssicherung und Evaluation“ das Fundament des Hauses.Bild vergrössern

Abbildung: Die Grafik stellt die vier zentralen Strategien des Gesamtkonzeptes sowie Querschnittsaufgaben schematisch dar.

Fazit

Sowohl die steigenden Konsumzahlen als auch die sinkende Risikowahrnehmung in der Bevölkerung erhöhen – unabhängig von einer möglichen Legalisierung – die Notwendigkeit der weiteren Intensivierung des Ausbaus von Präventions- und Hilfeangeboten im Bereich Cannabis. Aufgrund der hohen gesundheitlichen und sozialen Risiken sind hierbei insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene eine entscheidende Zielgruppe.
Um diese auch erreichen zu können, nehmen insbesondere Schule und Familie als zentrale Lebenswelten junger Menschen eine gewichtige Rolle ein. Diese Einschätzung wird auch von verschiedenen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis, mit denen das ZPG im Rahmen diverser Veranstaltungen und Fachgremien im stetigen Austausch ist, geteilt. Da kommunale Fachkräfte der Suchtprävention den Bedarf in diesem Bereich alleine kaum bewältigen können, muss die Schule als Ort ganzheitlicher Bildung verstanden und auch befähigt werden, den Schülerinnen und Schülern einen geeigneten Umgang mit Substanzmitteln, darunter auch Cannabis, zu vermitteln.

Quellen

  • Bühler, A.; Thrul, J. & Gomes de Matos, E. (2020). Expertise zur Suchtprävention 2020. Aktualisierte Neuauflage der „Expertise zur Suchtprävevntion 2013“. Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung, Vol. Band 52. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
  • Hoch, E.; Friemel, C. M. & Schneider, M. (2019). Cannabis: Potenzial und Risiko. Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme. Vol. 1. Auflage. Heidelberg: Springer.
  • Orth, B. & Merkel, C. (2022). Der Substanzkonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland. Ergebnisse des Alkoholsurveys 2021 zu Alkohol, Rauchen, Cannabis und Trends. BZgA-Forschungsbericht. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. (https://doi.org/10.17623/BZGA:Q3-ALKSY21-DE-1.0)

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