Versorgungsforschung am Forschungszentrum für Management im Gesundheitswesen an der Universität der Bundeswehr München

Prof. Dr. Günther E. Braun, Forschungszentrum für Management im Gesundheitswesen im Institut für Management öffentlicher Aufgaben an der Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften, Universität der Bundeswehr München:

Grundlagenorientierte Versorgungsforschung am Forschungszentrum für Management im Gesundheitswesen umschließt folgende vier Forschungsschwerpunkte mit dazugehörigen Forschungsprojekten:

1. Theorie und Praxis von Gesundheitsnetzwerken
Gesundheitsnetzwerke als moderne Kooperationsformen tragen zu einer Überwindung der sektoralen Grenzen und damit zu einer Steigerung von Effektivität und Effizienz im Gesundheitswesen bei. Zentrale Aufgabenbereiche einer netzwerkorientierten Versorgungsforschung beziehen sich auf folgende Punkte: aktuelle Fragestellungen aufgreifen, Bezugsrahmen für die Konzeptualisierung von Netzwerken entwickeln, theoretische Analysen vorantreiben, Gestaltungsvorschläge erarbeiten und Evaluationen konkreter Netzwerke auf den Weg bringen.
Projekt: Evaluation von Gesundheitsnetzwerken

2. Businesspläne von Gesundheitsnetzwerken
Eine Geschäftsidee und einen Businessplan für vorgesehene Gesundheitsnetzwerke zu generieren, stellt eine wichtige Aufgabe eines Netzwerkmanagements dar. Geschäftsidee und Businessplan sind betriebswirtschaftliche Instrumente bei Unternehmensgründungen und von Kapitalgebern gefordert. Selbstverständlich sind bei ihrer Entwicklung für Gesundheitsnetzwerke die Rahmenbedingungen und Besonderheiten des deutschen Gesundheitswesens zu berücksichtigen. In diesem Schwerpunkt geht es um die Entwicklung allgemeingültiger Strukturen und Elemente von Businessplänen im Gründungs- und laufenden Management eines Netzwerks.
Projekt: Simulationsmodell zur Finanzierungsrechnung im Businessplan von
Gesundheitsnetzwerken

3. Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen
In Anlehnung an Donabedian wird klassischerweise in Strukturqualität, Prozess- und Ergebnisqualität unterschieden. Strukturen beziehen sich auf die verhältnismäßig dauerhaften Merkmale einer Institution wie z.B. Ressourcen unterschiedlichster Art. Damit wird das Qualitätspotential bestimmt, das sich in Prozessen aktiviert und zu Ergebnissen führt. Unter ökonomischem Gesichtspunkt ist hervorzuheben, dass Qualitätsmanagement geeignet erscheint, die Wettbewerbsfähigkeit einer Einrichtung des Gesundheitswesens zu erhöhen. Insofern stellt Qualitätsmanagement ein modernes Management- und Marketinginstrument dieser Einrichtung dar. Dies zeigt sich z.B. bei Einweiserbefragungen und den Konzepten eines Einweisermanagements von Kliniken. Deshalb werden u.a. Grundfragen des Einweisermanagements in diesem Schwerpunkt aufgegriffen.
Projekt: Einweisermanagement deutscher Kliniken
Projekt: Sonographische Untersuchung schwangerer Frauen - eine explorative Studie der qualitätsorientierten Versorgungsforschung

4. Anreize und Anstöße (Nudges) im Gesundheitswesen – Verhaltensökonomie im
Gesundheitswesen
Für Analyse und Gestaltung des Gesundheitswesens wird zukünftig vermehrt der Erkenntnisbeitrag der Verhaltensökonomie zu prüfen sein. In vielerlei Ausprägung liegen Rationalitätsdefizite im Gesundheitswesen vor. Im Besonderen gilt es in diesem Schwerpunkt zu prüfen, ob eine (populäre) Variante der Verhaltensökonomie, das Konzept der Anstöße (Nudges) des Ökonomen Richard H. Thaler und der Juristen Cass. R. Sunstein (2008) geeignet ist, Rationalitätsdefizite im Gesundheitswesen aufzuspüren, zu analysieren und Gestaltungsvorschläge zu ihrer Überwindung zu formulieren.
Projekt: Der mündige Patient und das verhaltensökonomische Konzept der Anstöße
(Nudges) im Gesundheitswesen

Sämtliche Schwerpunkte und Projekte widmen sich besonderen Aspekten der Gesundheits-Versorgungsforschung. Dabei orientieren wir uns an einem interdisziplinären Bezugsrahmen der Versorgungsforschung, der seit einigen Jahren eine hohe heuristische Bedeutung besitzt, dem systemtheoretischen Input-Throughput-Output-Outcome-Schema. Seine heuristische Funktion zeigt sich darin, dass er erlaubt, reale Phänomene des Gesundheitswesens einzuordnen und auf Zusammenhänge aufmerksam zu machen. Netzwerke können als Throughput begriffen werden, Businesspläne als Gründungspläne stellen einen besonderen Input für Netzwerke dar. Qualität kann sich an allen Elementen des Bezugsrahmens festmachen und Anreize und Anstöße sind eine spezifische Form des Throughputs. Input und Throughput beeinflussen Output und Outcome.