Gutachten „Auswirkungen des Zustroms von Asylbewerbern auf die gesundheitliche Versorgung in Bayern“

Das im Rahmen des Sonderprogramms der Bayerischen Staatsregierung "Zusammenhalt fördern, Integration stärken" im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention von Wissenschaftlern der Universität Bayreuth in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young GmbH erstellte Gutachten untersucht anhand unterschiedlicher Zuwanderungsszenarien unter anderem die Auswirkungen eines künftigen Flüchtlingszustroms auf die medizinische Versorgung und die entsprechenden Kosten.

Mit Ausnahme von mehr Erkrankungen der Zähne sowie akuter Erkrankungen aufgrund von Hygiene- und Versorgungsmängeln im Herkunftsland bzw. während der Flucht (wie Haut- und Magen-Darm-Erkrankungen) wurden keine spezifischen Unterschiede zur Art und Häufigkeit von Erkrankungen der einheimischen Bevölkerung festgestellt. Allerdings ist bei Flüchtlingen und Asylbewerbern die Häufigkeit von psychischen Erkrankungen deutlich erhöht.

Auch die künftig entstehenden Kosten im bayerischen Gesundheitswesen durch Zuwanderung von Flüchtlingen und Asylbewerbern wurden im Rahmen verschiedener Szenarien geschätzt. Dem Gutachten zufolge reichen die vorhandenen Kapazitäten des bayerischen Gesundheitssystems grundsätzlich aus, wenn bis zum Jahr 2022 eine Zahl von jährlich rund 200.000 Asylsuchenden in Deutschland nicht wesentlich überschritten wird. Bei einem deutlich stärkeren Zustrom sind dagegen in einzelnen Bereichen Engpässe zu erwarten. Das betrifft insbesondere die Versorgung psychischer Erkrankungen.

Die geschätzten Gesamtausgaben für gesundheitsbezogene Asylbewerberleistungen im Freistaat Bayern für die kreisfreien Städte, die Landkreise und den Freistaat (einschließlich des Öffentlichen Gesundheitsdienstes) würden bei einem kontinuierlichen Zustrom von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr nach Deutschland von 83,5 Millionen Euro im Jahr 2017 auf 96,8 Millionen Euro im Jahr 2022 steigen. Die jährlichen Ausgaben der Krankenkassen in Bayern sind maßgeblich davon abhängig, in welchem Umfang die in Bayern ankommenden Flüchtlinge anerkannt werden. Entsprechend den im Gutachten getroffenen Annahmen und einer Zuwanderung von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr nach Deutschland sind Gesamtausgaben in Höhe von bis zu 1,8 Milliarden Euro im Jahr 2022 möglich.

Entsprechend dem Auftrag des Gesundheitsministeriums haben die Gutachter zudem Handlungsempfehlungen vorgelegt. Dazu gehört unter anderem die Empfehlung, die Rahmenbedingungen für ein flexibles Angebot an medizinspezifisch ausgebildeten Dolmetschern und Kulturmittlern weiter zu stärken. Mit dem Ziel einer reibungslosen und schnellen Gesundheitsversorgung geflüchteter Menschen wird zudem eine einheitliche Dokumentation und zügige Weitergabe relevanter gesundheitsbezogener Informationen unter Einhaltung datenschutzrechtlicher Regelungen vorgeschlagen. Augenmerk soll ferner dem Gutachten zufolge auf ausreichende Aufklärung und Information insbesondere zu Präventionsmaßnahmen geflüchteter Menschen gelegt werden, zum Beispiel zur Zahngesundheit. Empfohlen wird auch eine möglichst weitreichende und leicht verständliche Information über das deutsche Gesundheitssystem.

Das bayerische Gesundheitsministerium hatte bereits im Jahr 2016 das Thema der Auswirkungen des Asylbewerberzustroms auf den medizinischen Versorgungsbedarf in Bayern aufgegriffen und das Gemeinsame Landesgremium nach § 90a SGB V damit befasst. Wesentliche Akteure der medizinischen Selbstverwaltung, die Kommunalen Spitzenverbände und der Patienten- und Pflegebeauftragte der Staatsregierung sowie weitere Patientenvertreter befassen sich darin mit Fragen der sektorenübergreifenden medizinischen Versorgung. Ein eigens eingesetzter Arbeitsausschuss "Asylbewerber" des Landesgremiums hat eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen und Maßnahmen vereinbart - zum Beispiel verbesserte Informationen über das bestehende Angebot an Sprachmittlung durch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns und die Bayerische Krankenhausgesellschaft.

Hintergrundinformationen zum Gutachten: Die Verfasser der Studie haben vier verschiedene Szenarien entworfen, auf deren Basis die Prognosen entwickelt wurden. Hintergrund dieser Vorgehensweise ist, dass eine sichere Prognose der Zuwanderungszahlen und –nationalitäten aufgrund der sich ständig wandelnden politischen Verhältnisse weltweit nicht möglich ist. Insgesamt führen insbesondere die Differenzierung geflüchteter Menschen (z. B. nach Herkunftsland), die Dynamik des Zustroms geflüchteter Menschen, die Erhebungsbedingungen und die schwere Zugänglichkeit von Daten zu Einschränkungen der Datenqualität und -quantität.

Die gesamte Studie finden Sie auf der rechten Seite unter „Downloads“.

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