Forschungsprojekt: Rekonstruktion des mikrobiellen Status des Ausgangsmaterials von erhitzten Lebensmitteln mittels qPCR und PCR-SSCP

Kurzbeschreibung

Mikrobiell verdorbene Lebensmittel (z.B. Fleisch, Käse) können durch Hitzebehandlung „geschönt“ werden, d.h. die den Verderb verursachenden Keime werden abgetötet und sind mit konventionellen mikrobiologischen Verfahren nicht mehr nachweisbar. Nach den Vorgaben der Lebensmittel –Rahmenverordnung der EU sind verdorbene Lebensmittel nicht sicher und dürfen auch nach einer Hitzbehandlung aus Verbraucherschutzgründen nicht in Verkehr gebracht werden. Die Beantwortung der Frage, ob bei der Herstellung eines hitzebehandelten Lebensmittels verdorbenes Ausgangsmaterial verwendet wurde, ist insbesondere für die Labore staatlicher Untersuchungsämter ein fester Aufgabenbestandteil. Alleiniges Mittel zur Beantwortung dieser Frage ist bislang die sensorische Untersuchung, da andere Methoden, die das Untersuchungsergebnis durch objektivierbare Daten absichern könnten, nicht zur Verfügung stehen.

Mit Hilfe eines molekularbiologischen Ansatzes erscheint die Rekonstruktion der Mikrobenflora des Ausgangsmaterials vor dem Erhitzungsprozess möglich zu sein. Die Gesamtkeimzahl kann mittels quantitativer PCR (q-PCR) von bakterieller 16S-rDNS bzw. pilzlicher 18S-rDNS oder Internal Transcriber Spacer (ITS) erfasst werden. Die Differenzierung der Mikrobenflora erfolgt anschließend durch Single-Strand-Conformation-Polymorphism (SSCP) mit Klonierung und Sequenzierung ausgewählter Banden; das letztgenannte Verfahren ist semiquantitativ. Das Verfahren soll an Labor- und Praxisproben evaluiert werden.

Nachweis bakterielle DNA

Es wurde geprüft, inwieweit eine qualitative und quantitative Rekonstruktion des aeroben mesophilen Gesamtkeimgehaltes in Fleisch und Fleischprodukten anhand einer PCR-SSCP-Analyse und qPCR möglich ist.

Die PCR-SSCP-Analyse wurde an die Matrix "Fleisch" und "Fleischprodukte" an-gepasst und 20 Wurstbrätproben mit diesem Verfahren anschließend untersucht. Es zeigte sich, dass die PCR-SSCP-Analyse gut für die Anwendung zur Erfassung und Darstellung der mikrobiellen Diversität in Fleischprodukten geeignet ist. Eine Übereinstimmung von durchschnittlich 77 % zwischen dem rohen und dem gegarten Wurstbrät weist auf ein durchaus robustes Untersuchungsverfahren hin. Die Sequenzierung dominanter DNA-Einzelstränge bestätigte die Erfassung von fleischtypischen Bakterien (z.B. Carnobacterium sp.). Überwiegend konnte jedoch keine eindeutige Zuordnung der untersuchten Sequenzen erfolgen, da in 11 von 17 Fällen die jeweilige Sequenz gleichermaßen sowohl mit nicht anzüchtbaren Bakterien als auch mit Pflanzen-DNA übereinstimmte. Ein Nachweis von DNA pflanzlicher Herkunft in der vorliegenden Arbeit kann somit nicht ausgeschlossen werden. Dies verdeutlicht, dass eine qualitative Beurteilung der bakteriellen Mikroflora mittels PCR-SSCP-Analyse nur in Verbindung mit einer Sequenzierung aussagekräftig ist.

Für die quantitative Untersuchung erfolgte die Entwicklung einer qPCR mit dem 16S rRNA Primerpaar com1-com2Ph zur Erfassung der gesamten bakteriellen Belastung. Nach der Entwicklung der qPCR wurden 20 Hackfleischproben und 20 Wurstbrätproben, die jeweils vor und nach dem Garen beprobt wurden, mittels kultureller Keimzahlbestimmung und qPCR vergleichend untersucht. Es zeigte sich, dass in der Matrix Hackfleisch eine Rekonstruktion des ehemals vorhandenen Gesamtkeimgehaltes erfolgen kann, während in einer komplexen Matrix (z. B. Wurstbrät) eine derartige quantitative Abschätzung nicht möglich ist.

Das angepasste PCR-SSCP-Verfahren und die entwickelte qPCR wurden anschließend zur Untersuchung von 21 Planproben (gegarte Frikadellen) angewandt. Zum Einen unterschieden sich der kulturelle und der mittels qPCR errechnete Gesamtkeimgehalt signifikant, zum Anderen wurde in der qPCR und der PCR-SSCP-Analyse DNA erfasst, dessen Ursprung sowohl bakterieller als auch pflanzlicher Herkunft sein kann. Diese Ergebnisse stimmen mit den oben genannten Resultaten der Hackfleisch- und Wurstbrätproben überein.

Rekonstruktion der ursprünglichen Pilzflora

Die Standard-Methode zur Identifizierung und zur Quantifizierung von kontaminierenden Pilzen in Lebensmitteln ist bislang die kulturelle Anzucht. Diese kann aber nur vermehrungsfähige Pilze nachweisen. Wenn die Pilze bei der Herstellung eines Lebensmittels inaktiviert wurden, wie das bei hitzebehandelten Fleischprodukten der Fall ist, können sie bislang nicht nachgewiesen werden. Inaktivierte Pilze sind zwar nicht gesundheitsschädlich, doch verbindet sich ihr Vorkommen mit dem Risiko einer Kontaminierung durch hitzestabile Mykotoxine. Außerdem ist zur Herstellung von Lebensmitteln die Verwendung verdorbenen Fleischs – unabhängig von seiner Gesundheitsschädlichkeit – verboten, um den Verbraucher weder Ekel noch Täuschung auszusetzen. Deshalb wurden molekularbiologische Methoden entwickelt und angewendet, um auch inaktivierte Pilze in hitzebehandelten Fleischprodukten quantifizieren und identifizieren zu können.

Grundlage dieser Methode ist die PCR (Polymerase Chain Reaction). Das Pilz-DNA-spezifische Primerpaar ITS1/ITS5.8R wurde entwickelt und verwendet, um PCR-Produkte für die SSCP-Methode zu gewinnen (SSCP: Single Strand Conformation Polymorphism). In Polyacrylamidgel trennen sich die einzelsträngigen DNA-Fragmente der Pilze in Abhängigkeit von ihrer Faltung auf; dies, ergänzt durch die Sequenzierung, ermöglicht die Identifizierung der Pilzarten. In dieser Studie waren alle 32 sequenzierten DNA-Banden von 15 Proben Pilzarten zuzuordnen, z. B. Candida tropicalis, Candida zeylanoides, Issatchenkia orientalis, Pichia membranifaciens, Saccharomyces cerevisiae, Alternaria alternata, Eurotium amstelodami, Wallemia sebi, Epicoccum nigrum, Lewia infectoria und Botrytis aclada. Zur Quantifizierung der Pilz-DNA wurde die quantitative PCR mit SYBRGreen- I im LightCycler® verwendet. Die Korrelation zwischen den kulturell ermittelten und den aus der qPCR errechneten log10KbE/g-Werten von acht getesteten frischen Fleischproben ist auf dem Niveau von 0,01 signifikant.

Insgesamt wurden 40 hitzebehandelte Fleischprodukte aus dem Handel in dieser Studie untersucht. Fast alle getesteten Proben wiesen eine Pilzkontamination unter 105 KbE-Äquivalent pro Gramm. Die Ergebnisse der Quantifizierung müssen jedoch sorgfältig interpretiert werden, aus folgenden Gründen: Eine hohe Menge an Pilz-DNA in den hitzebehandelten Fleischprodukten bedeutet nicht zwingend, dass das Fleisch als Rohmaterial hoch mit Pilzen belastet ist; auch Gewürze kommen als Quelle in Frage. Dabei muss es sich nicht nur um Verderb erregende Schimmelpilzarten oder Hefen handeln, auch Endophyten und Pflanzenpathogene können nachgewiesen werden. Andererseits kann bei sterilisierten Fleischprodukten die DNA zum Teil zerstört sein, was insbesondere das qPCR Ergebnis beeinträchtigen kann. Diese Einschränkung ist bei pasteurisierten Produkten weniger gegeben, so dass das Ergebnis der qPCR die Gesamtkeimzahl im Rohmaterial widerspiegelt.

Laufzeit: 2009-2011