Tuberkulose-Situation in Bayern 2019

Im Jahr 2019 wurden nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) insgesamt 737 Tuberkulosefälle an das LGL übermittelt (Datenquelle SurvNet, Datenstand 01.03.2020). Diese Fallzahl entspricht einer Inzidenz von 5,64 Fällen pro 100.000 Einwohner.

Zeitlicher Verlauf

Die Meldezahlen waren seit dem Jahr 2002 mit über 1100 Neuerkrankungen bis zum Jahr 2007 fast kontinuierlich zurückgegangen. In den Jahren 2007 bis 2014 bewegte sich die jährliche Fallzahl mit geringen Schwankungen auf einem Plateau zwischen ca. 600-700 Meldungen. Für das Jahr 2015 war aufgrund der Migrationsbewegungen mit 1046 Fällen gegenüber 690 Fällen im Vorjahr erstmals wieder eine deutliche Zunahme der Meldungen auf ein ähnlich hohes Niveau wie zuletzt im Jahr 2003 zu beobachten. Während im Jahr 2016 mit 1034 Fällen noch eine ähnlich hohe Anzahl zu verzeichnen war, ergab sich ab dem Jahr 2017 wieder ein Rückgang der Meldungen. In den Jahren 2017 und 2018 wurden 849 bzw. 846 Fälle sowie im Jahr 2019 737 Fälle an das LGL übermittelt (Abb.1).

 

In einem Säulendiagramm sind die gemeldeten Tuberkulose-Neuerkrankungen in Bayern für die Jahre 2001 bis 2019 dargestellt. Bild vergrössern

Abb. 1: Anzahl übermittelter Fälle von Tuberkulose in Bayern für die Meldejahre 2001-2019 (Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 01.03.2020)


Geographische Verteilung

Die höchste Tuberkulose-Inzidenz in Bayern wurde im Jahr 2019 im Regierungsbezirk Oberfranken verzeichnet mit 6,74 Fällen pro 100.000 Einwohner. Die niedrigste Inzidenz mit 4,34 Fällen pro 100.000 Einwohner wies Schwaben auf. Die Inzidenz für Bayern gesamt betrug 5,64 Fälle pro 100.000 Einwohner (s. Tabelle 1).

Tab. 1: Anzahl und Inzidenz (Fälle/100.000 Einwohner) übermittelter Fälle von Tuberkulose in Bayern 2019 aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken (Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 01.03.2020)

Regierungsbezirk 2019
Anzahl (n) Inzidenz
 Mittelfranken 116 6,55
 Niederbayern 69 5,57
 Oberbayern 267 5,7
 Oberfranken 72 6,74
 Oberpfalz 63 5,68
 Schwaben 82 4,34
 Unterfranken 68 5,16
Bayern gesamt 737 5,64

Demographische Verteilung

Insgesamt wurden wie in den Vorjahren auch im Jahr 2019 Tuberkulose-Erkrankungen deutlich häufiger bei Männern als bei Frauen gemeldet (481 gegenüber 252 Erkrankungsfällen). Für Kinder unter 15 Jahren wurden 20 Fälle (2,6% aller gemeldeten Fälle) übermittelt.

Die Inzidenz war für Tuberkulose-Fälle männlichen Geschlechts mit 7,42 Fällen/100.000 Einwohner fast doppelt so hoch wie für weibliche Fälle (3,82 /100.000). Die altersgruppierten Inzidenzen zeigten bei Männern Inzidenzgipfel in der Altersgruppe 20-24 Jahre, gefolgt von Männern ab 80 Jahren und der Altersgruppe der 25-29jährigen. Bei Frauen ergaben sich Inzidenzgipfel in den Altersgruppen 20-24 Jahre, 25-29 Jahre und 30-39 Jahre. Die niedrigsten Inzidenzen traten bei Kindern unter 15 Jahren auf (s. Abbildung 2).

In einem Säulendiagramm sind die Tuberkulose-Inzidenzen in Bayern (d.h. Fälle pro 100.000 Einwohner) für das Meldejahr 2019 aufgeschlüsselt nach Altersgruppen und Geschlecht  dargestellt. Bild vergrössern

Abb. 2: Inzidenz (Fälle/100.000 Einwohner) übermittelter Fälle von Tuberkulose in Bayern 2019 aufgeschlüsselt nach Altersgruppen und Geschlecht (Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 01.03.2020)


Angaben zum Geburtsland der Erkrankten lagen bei 717 von 737 Fällen (97,3 %) vor. Dabei betrafen 197 Fälle (27,5%) in Deutschland gebürtige Personen, 520 Fälle Patienten mit ausländischem Geburtsland.

Für im Ausland Geborene zeigten sich in der Altersspanne von 15-49 Jahren - mit einem ausgeprägten Inzidenzgipfel bei der Altersgruppe der 20-24jährigen gefolgt von weiteren Gipfeln bei den Altersgruppen der 25-29jährigen sowie den 30-39jährigen - deutlich höhere Inzidenzen als bei den in Deutschland Gebürtigen im gleichen Altersbereich. Ab einem Alter von 60 Jahren fanden sich höhere Inzidenzen bei in Deutschland Geborenen mit einem Inzidenzgipfel in der Altersgruppe ab 80 Jahren (s. Abbildung 3).

In einem Säulendiagramm sind die Tuberkulose-Inzidenzen in Bayern (d.h. Fälle pro 100.000 Einwohner) für das Meldejahr 2019 aufgeschlüsselt nach Altersgruppen und Geburt im In- oder Ausland dargestellt. Bild vergrössern

Abb. 3: Inzidenzen von Tuberkulose in Bayern im Meldejahr 2019 aufgeschlüsselt nach Altersgruppe und Geburtsland (Deutschland/Ausland) (Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 01.03.2020)


 

Klinische Aspekte

Die Lunge als das hauptsächlich betroffene Organ wurde bei 538 (73%) der 736 gemeldeten Tuberkulose-Erkrankungen (ohne Angabe zum betroffenen Organ: 1 Fall) angegeben. Davon wiesen 90 Fälle (16,6%) die geschlossene Form auf. Bei den offenen Tuberkulosen handelte es sich in 279 Fällen (51,7%) um die besonders infektiöse Form mit positiver Mikroskopie (mikroskopischer Nachweis von säurefesten Stäbchen in Untersuchungsmaterial aus den Atemwegen).

Bei den 198 (27%) nicht-infektiösen, ausschließlich extra-pulmonalen Erkrankungen waren die Lymphknoten - extrathorakal 74 Fälle (10%), intrathorakal 29 Fälle ( 3,8% ) - und die Pleura mit 23 Fällen (3%) die am häufigsten befallenen Organe gefolgt von Knochen und Gelenken - einschließlich Wirbelsäule - (12 Fälle), Peritoneum/Verdauungstrakt (20 Fälle) und Urogenitaltrakt (11 Fälle). Eine disseminierte Tuberkulose wurde in 5 Fällen und ein Befall des ZNS (einschließlich Hirnhaut) wurde in 3 Fällen übermittelt.

Insgesamt 18 Patienten (14 männlich, 4 weiblich) verstarben an ihrer Tuberkulose. Dies entspricht einer Letalität von 2,4%. Betroffen waren 2019 wie in den Vorjahren überwiegend (15 von 18 Patienten) ältere Personen ab 70 Jahren (Altersmedian: 78,5 Jahre). Keine Todesfälle wurden bei Kindern oder Erwachsenen unter 20 Jahren registriert. Hauptsächlich betroffenes Organ bei den Verstorbenen war in 16 Fällen die Lunge sowie je einmal das ZNS bzw. der Verdauungstrakt/Peritoneum.

Eine multiresistente Tuberkulose (MDR-TB; gleichzeitige Resistenz gegenüber den beiden wichtigsten Tuberkulose-Medikamenten Isoniazid und Rifampicin) wurde für 14 Fälle berichtet, eine extensiv resistente Tuberkulose (XDR-TB, gleichzeitige Resistenz gegenüber Isoniazid, Rifampicin und weiteren wichtigen Reserve-Medikamenten) lag nur in einem Fall vor.

Nachgewiesene Erreger

Angaben zum Erreger lagen bei insgesamt 618 von 737 (83,8%) Tuberkulose-Fällen vor. Mit 517 Fällen (83,6%) war M.tuberculosis die häufigste nachgewiesene Spezies, gefolgt von M. africanum (5; 0,8%), M. bovis (3; 0,5%) sowie M. bovis (5; 0,9%), M. canetti (1; 0,2%). 90 Fälle (14,5%) wurden als M.tuberculosis-Komplex ohne weitere Differenzierung übermittelt.

Fazit

Nach einem deutlichen Anstieg der Tuberkulose-Fallzahlen in den migrationsintensiven Jahren 2015 und 2016 sind die Meldezahlen seit 2017 wieder rückläufig. Wie auch in den Vorjahren waren Männer häufiger von Tuberkulose betroffen. Ein Großteil der gemeldeten Fälle war nicht in Deutschland geboren. Der beständig hohe Anteil an übermittelten infektiösen Erkrankungen in Bayern zeigt, dass die Tuberkulose nach wie vor eine relevante Public Health-Herausforderung darstellt. Eine zeitnahe Diagnose der Tuberkuloseerkrankung sowie eine stringente Umsetzung der Empfehlungen zu Umgebungsuntersuchungen, zur Prävention und zur Therapie der Tuberkulose sind essentiell, um weitere Fortschritte in der Tuberkulosekontrolle zu erzielen.

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