Zusatzstoffpräparate im Fokus

Signet Jahresbericht 2021/22

Abstract

In den Jahren 2021/2022 untersuchte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Verbraucherschutz (LGL) bei insgesamt 342 Zusatzstoffpräparaten, ob die enthaltenen Zusatzstoffe zugelassen und die Präparate korrekt gekennzeichnet sind (Verordnung (EG) Nr. 1333/2008); des Weiteren prüfte das LGL, ob die Zusatzstoffe die Reinheitskriterien einhalten (Verordnung (EU) Nr. 231/2012). Die mittlere Beanstandungsquote betrug 18 %. Die meisten Beanstandungen betrafen Kennzeichnungsverstöße bei Zusatzstoffpräparaten, die im Business-to-Business, d.h. im Rahmen von Geschäftsbeziehungen zwischen zwei Unternehmen, verkauft werden. Die Reinheitskriterien wurden bei allen darauf untersuchten Zusatzstoffen eingehalten. Anstelle zugelassener Zusatzstoffe werden immer häufiger technologisch wirksame Stoffe aus natürlichen Quellen eingesetzt (z. B. Pflanzenextrakte), um eine Deklaration von E-Nummern zu vermeiden. Bei diesen Präparaten stellt sich häufig die Frage, ob es sich noch um eine charakteristische Lebensmittelzutat oder bereits um ein zulassungspflichtiges Zusatzstoffpräparat handelt.

Hintergrund der Untersuchungen

Zusatzstoffe werden Lebensmitteln aus technologischen Gründen zugesetzt (z. B. zur Konservierung). Dabei unterliegen Zusatzstoffe dem Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt. Das bedeutet, dass Stoffe nur als Zusatzstoffe eingesetzt werden dürfen, wenn dies lebensmittelrechtlich zugelassen ist. Die Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 legt dabei fest, welche Zusatzstoffe welchen Lebensmitteln bis zu welcher Höchstmenge zugesetzt werden dürfen. Außerdem gibt die Verordnung vor, wie Zusatzstoffpräparate zu kennzeichnen sind. Die verwendeten Zusatzstoffe müssen dabei die Reinheitskriterien der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 erfüllen.

Das LGL überprüft bei Zusatzstoffpräparaten die Kennzeichnung, ihre Zulassung sowie die Einhaltung der Reinheitskriterien. Bei technologisch wirksamen Extrakten aus natürlichen Quellen (z. B. färbenden Pflanzenextrakten) klärt das LGL, ob es sich noch um eine charakteristische Lebensmittelzutat oder bereits um ein zulassungspflichtiges Zusatzstoffpräparat handelt.

Untersuchungsergebnisse

Das LGL begutachtete im Fachlabor für Zusatzstoffe 2021/2022 insgesamt 367 Proben. Davon waren 342 als Zusatzstoffpräparate einzustufen. Die Tabelle gibt einen Überblick über die Beanstandungsquoten der Zusatzstoffproben.

Probenzahlen und Beanstandungsquoten bei Zusatzstoffpräparaten der Jahre 2021 und 2022.
Anzahl der Proben
(prozentualer Anteil an der Gesamtzahl der Proben)
2021 und 2022
2021
2022
Gesamtzahl der untersuchten Proben
342 (100 %)
191 (100 %)
151 (100 %)
- Proben ohne Beanstandung(en)
254 (74 %)
146 (76 %)
108 (72 %)
- Proben mit Beanstandung(en)
63 (18 %)
37 (19 %)
26 (17 %)
- Proben mit Sachverständigenäußerung
25 (7 %)
8 (4 %)
17 (11 %)

Die meisten Beanstandungen betrafen Kennzeichnungsverstöße bei Zusatzstoffpräparaten (60 Beanstandungen), vor allem bei Präparaten, die im Business-to-Business, d.h. im Handel zwischen zwei Unternehmen, verkauft wurden und laut Gesetz umfassendere Angaben aufweisen müssen. Hier fehlten meistens Angaben zum Gehalt von höchstmengenbeschränkten Zusatzstoffen und teilweise auch eine Gebrauchsanweisung. Diese Informationen sind nötig, damit Lebensmittelhersteller die Zusatzstoffpräparate gesetzeskonform einsetzen können. Des Weiteren wurden acht Proben beanstandet, weil in der Kennzeichnung ein unzulässiger Verwendungszweck angegeben war, wie zum Beispiel das nicht erlaubte Färben von Schokolade. Zwei Proben wurden wegen Überschreitung des Höchstgehalts an Ethylenoxid und 2-Chlorethanol beanstandet. Ein Präparat wurde als „gesundheitsschädlich“ aufgrund der enthaltenen Menge an kolloidal gelöstem Silber beanstandet. Die zuständige Vollzugsbehörde wurde informiert. Vordergründig wurde das Präparat als Zusatzstoff E174 (Silber) in Verkehr gebracht. Silber ist als nicht lösliches Pigment ein zugelassener Zusatzstoff, der zum Beispiel für die Verzierung von Pralinen eingesetzt werden darf. Tatsächlich lag bei dem vorgelegten Präparat jedoch nicht das unlösliche Pigment, sondern kolloidal gelöstes Silber vor. Das Präparat war zudem nicht für die Verzierung von Pralinen vorgesehen, sondern für gesundheitliche Anwendungen durch orale Aufnahme von kolloidalem Silber. Das Präparat entsprach damit nicht dem Zusatzstoff E174. Demzufolge war neben der Beurteilung als gesundheitsschädlich auch die Bezeichnung als Zusatzstoff E174 unzulässig.

Nachfolgend werden einzelne Untersuchungsschwerpunkte und die entsprechenden Ergebnisse dargestellt:

Bestimmung der Aluminiumgehalte

Für Aluminium gibt es nach den Reinheitskriterien (Verordnung (EU) Nr. 231/2012) für einige, aber nicht für alle Zusatzstoffe, entsprechende Höchstgehalte. Für Aluminiumfarblacke sind überdies für die Verwendung in bestimmten Lebensmitteln Höchstmengen an Aluminium in der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 festgelegt. Bei der Beurteilung von Zusatzstoffen, für die keine Höchstgehalte für Aluminium existieren, wird die vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfohlene tolerierbare wöchentliche Aluminiumaufnahmemenge (TWI-Wert – tolerable weekly intake) von 1 Milligramm Aluminium je Kilogramm Körpergewicht, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abgeleitete wurde, herangezogen.

Am LGL wurden 2021/2022 die Aluminiumgehalte in 132 Zusatzstoffpräparaten bestimmt. Alle waren unter den Höchstmengen bzw. aufgrund der geringen Aluminiummengen, die auf Lebensmittel übertragen werden, nicht zu beanstanden.

Bei 38 Zusatzstoffpräparaten, die auf Aluminium untersucht wurden, handelte es sich um phosphathaltige Kutterhilfsmittel für Fleischerzeugnisse. Die ermittelten Aluminiumgehalte waren in der Regel sehr gering: Im Median betrug der Aluminiumgehalt im Zusatzstoff 0,9 mg/kg, der höchste Aluminiumgehalt betrug 20 mg/kg. Unter Beachtung der Verwendungsmengen resultieren aus phosphathaltigen Kutterhilfsmitteln im fertigen Lebensmittel sehr geringe Gehalte an Aluminium. Der rechnerisch höchste Aluminiumgehalt im Lebensmittel, der sich aus der Anwendung der Kuttelhilfsmittel ergibt, betrug ca. 0,09 mg/kg.

Zudem erfasste das LGL bei 38 Farbstoffpräparaten die Aluminiumgehalte. Wenn Dosierangaben vorlagen, wurde die Einhaltung der gesetzlichen Höchstmengen für Aluminiumfarblacke der aufs Lebensmittel übertragenen Aluminiumgehalte rechnerisch überprüft. Alle Farbstoffpräparate waren aufgrund der Aluminiumgehalte nicht zu beanstanden. Jedoch wurde die Kennzeichnung zweier Aluminiumfarblacke, die im Business-to-Business verkauft wurden, aufgrund fehlender Angabe der Höchstmenge an Aluminium in der Zusatzstoffmischung beanstandet. Der rechnerisch höchste Aluminiumgehalt im Lebensmittel, der bei Anwendung eines für Lebensmittelhersteller angebotenen Farbstoffpräparates für die Verzierung von Lebensmitteln erreicht wurde, betrug ca. 10 mg/kg. Bei roten Farbstoffpasten, die an den Endverbraucher verkauft werden, betrug der höchste übertragene Aluminiumgehalt ca. 4 mg/kg bezogen auf die fertige Kuchenmasse oder Verzierung.

Untersuchungen zum Vorkommen von Schwermetallrückständen

Die Höchstmengen für Schwermetalle in Zusatzstoffen sind in der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 festgelegt. Das LGL untersuchte 2021/2022 routinemäßig 88 Zusatzstoffe auf die Einhaltung dieser Höchstgehalte. Alle 88 Proben entsprachen den gesetzlichen Vorgaben.

Untersuchungen zum Vorkommen von Ethylenoxid und 2-Chlorethanol

Bei Ethylenoxid handelt es sich um ein nicht zugelassenes Entkeimungsmittel. 2-Chlorethanol ist ein Umwandlungsprodukt von Ethylenoxid. Nach vermehrten Schnellwarnungen in den Jahren 2020 und 2021 aufgrund des Vorliegens von Rückständen an Ethylenoxid und 2-Chlorethanol in Lebensmitteln und Zusatzstoffen untersuchte das LGL 2021 zwölf und 2022 zwanzig Zusatzstoffpräparate im Hinblick auf diese Rückstände. 2021 mussten zwei von zwölf Proben beanstandet werden, weil der Höchstgehalt überschritten wurde. Im Jahr 2022 bestand bei allen zwanzig Zusatzstoffpräparaten, die in Bezug auf das Vorkommen von Ethylenoxid und 2-Chlorethanol untersucht wurden, kein Anlass zu einer Beanstandung.

Untersuchungen zum Vorkommen von nicht deklarierten Farbstoffen

Das LGL untersuchte 2021/2022 insgesamt 45 Farbstoffe und färbende Pflanzenextrakte, die an Lebensmittelhersteller verkauft werden, hinsichtlich der korrekten Deklaration. Von den insgesamt 45 Proben wurde eine wegen fehlender Angabe eines Farbstoffes beanstandet.

Abgrenzungsfragen – Zusatzstoff oder charakteristische Lebensmittelzutat?

Das LGL war 2021/2022 u. a. mit folgenden Abgrenzungsfragen befasst:

Gepufferter Essig

Gepufferter Essig wird hergestellt aus Essig, welcher mit Natriumhydrogencarbonat oder Natriumhydroxid versetzt wird. Technologisch wirkt gepufferter Essig zum Beispiel in Fleischprodukten als Konservierungsmittel und Stabilisator. Hersteller von gepuffertem Essig bewarben das Präparat als nicht zulassungspflichtige Zutat, die im Zutatenverzeichnis nicht als Zusatzstoff deklariert werden müsste. Das LGL war gegenteiliger Auffassung und beanstandete gepufferten Essig als nicht zugelassenen Zusatzstoff. Nach Diskussionen in Fachgremien der Überwachungsbehörden wird diese Auffassung auch europaweit vertreten. Daraufhin wurde im Jahr 2021 ein Antrag auf Zulassung als Zusatzstoff gestellt. Die EFSA begutachtete am 18. März 2022 gepufferten Essig als sicher. Somit ist in nächster Zeit mit der Zulassung von gepuffertem Essig als Zusatzstoff zu rechnen.

Nitrit als mikrobielles Stoffwechselprodukt aus nitrathaltigen Gemüseprodukten

Nitrit verleiht Fleischwaren ein Pökelaroma sowie eine rosarote Farbe (sogenannte Umrötung) und wirkt konzentrationsabhängig konservierend. In Form von Kaliumnitrit (E249) und Natriumnitrit (E250) ist Nitrit als Zusatzstoff zugelassen. Inzwischen werden nitrathaltige Gemüseprodukte (Säfte, Konzentrate, Pulver) zusammen mit Mikroorganismen angeboten. Aus Nitrat wird durch die mikrobiellen Stoffwechselprozesse Nitrit gebildet, das im Fleischerzeugnis die gewünschte technologische Wirkung entfalten soll. Hersteller bewerben beim Business-to-Business-Verkauf das Kombipräparat als nicht zulassungspflichtige Zutat, die im Zutatenverzeichnis nicht als Zusatzstoff deklariert werden müsste. Mit dem Urteil vom 10.12.2015 (3 C 7.14) hat das Bundesverwaltungsgericht Konzentrate aus stark nitrathaltigen Gemüsen, die bei der Herstellung von Fleischerzeugnissen aus Gründen der Farbstabilisierung (sog. Umrötung) und Haltbarmachung des Lebensmittels verwendet werden, als Zusatzstoffe eingestuft. Dem LGL wurde von einer Vollzugsbehörde ein modifiziertes Verfahren, in welchem übliche Rote Bete Produkte als Nitratquelle genutzt werden, zur Beurteilung vorgelegt. Nach Auffassung des LGL handelt es sich bei der Anwendung von Kombipräparaten aus Gemüsen als Nitratquelle mit Nitrit-bildenden Mikroorganismen um eine neue Methode, die jedoch letztlich den Zusatzstoff Nitrit generiert.. Das LGL teilte der zuständigen Vollzugsbehörde mit, dass es daher nach Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 einer Zulassung des neuen Verfahrens zur Nitritgewinnung bedarf.

Fazit

Bei Zusatzstoffpräparaten lag die Beanstandungsquote in 2021 bei 19 % und in 2022 bei 17 %. Hauptsächlich musste die Kennzeichnung beanstandet werden, vor allem, weil sie die gesetzlich vorgeschriebenen, umfassenderen Informationen für Zusatzstoffe zum Verkauf im Business-to-Business nicht aufwiesen. Hinsichtlich der Reinheitskriterien für Zusatzstoffe nach Verordnung (EU) Nr. 231/2012 ergaben sich keine Auffälligkeiten. Aufgrund des Trends zur Verwendung alternativer, technologisch wirksamer Stoffe aus natürlichen Quellen anstatt von zugelassenen Zusatzstoffen mit E-Nummern, kommt es vermehrt zu Abgrenzungsfragestellungen für das LGL hinsichtlich der Einstufung als Zusatzstoff oder charakteristische Lebensmittelzutat. Das LGL wird Zusatzstoffpräparate, vor allem im Business-to-Business-Vertrieb, auch in den nächsten Jahren weiter untersuchen.

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