Entscheidungsforschung und Ressourcenallokation

Univ.-Prof. Dr. Klaus Nagels, Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften (IMG) der Universität Bayreuth:

Entscheidungstheorie und Entscheidungsforschung spielen am Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften (IMG) in Forschung und Lehre eine Rolle. Seit dem Sommersemester 2013 gibt es eine Vorlesung mit dem Titel „Medical Decision Making“ und in der Forschung lief von 2007 bis 2015 das vom IMG koordinierte DFG-Projekt zur Priorisierung in der Medizin (FOR 655). Die Entscheidungsforschung umfasst einen Bereich der von der Entscheidungsfindung im klinischen Kontext (medical decision making) bis hin zu politischen Entscheidungen reicht. Auch in diesem Zusammenhang wird zur Strukturierung der Forschungsarbeit eine Einteilung der Ebenen vorgenommen. Die Mikroebene steht dabei für das operative Versorgungsgeschehen. Die Mesoebene umfasst die Bereiche. Und die Makroebene betrifft die Gesundheitssystemebene. Für alle Ebenen sind Ergebnisse der Versorgungsforschung relevant und haben Einfluss auf die jeweiligen auf diesen Ebenen ablaufenden Entscheidungsprozesse. Im Hinblick auf die Mikroebene der Versorgung von Patienten müssen oft Entscheidungen unter Inkaufnahme von Unsicherheit gefällt werden, wobei gleichzeitig eine hohe Dringlichkeit bestehen kann. Mit Blick auf die Notwendigkeit Entscheidungen unter Unsicherheit zu fällen geht es nicht nur um die konkrete klinische Situation, sondern auch um die Entscheidung darüber, welche Versorgungskonzepte insgesamt etabliert oder ersetzt werden müssen. Gegebenenfalls sind auch Entscheidungen darüber zu treffen, ob und gegebenenfalls wie der Zugang zu einzelnen Versorgungskonzepten beispielsweise in der Transplantationsmedizin geregelt und organisiert werden soll.
Die Entscheidungstheorie für sich und insbesondere im Hinblick auf die Versorgungsforschung ist ein interdisziplinär aufgestelltes Arbeitsgebiet, das mit deskriptiven und normativen Theoriemodellen arbeitet. Entscheidungsprozesse, Bewertungen, Nutzen und Nutzenerwartungen sowie Betrachtungen von Unsicherheit und Ignoranz-Aspekten spielen forschungsseitig eine Rolle. Methodisch kommen qualitative Forschungsansätze, Präferenz-Messungen, Conjoint-Verfahren, entscheidungsanalytische Verfahren sowie die Messung klinisch relevanter Behandlungsergebnisse zum Einsatz. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ergebnisse der Versorgungsforschung auf allen drei Ebenen im Hinblick auf Entscheidungsprozesse Einfluss haben. Dies reicht von der Allokationsentscheidung bei Organtransplantationen und hier der Bedeutung von medizinischen Risiken (z.B. Vorliegen eines Alkoholismus im Zuge der Allokationsentscheidung bei Lebertransplantation) auf der Mikroebene, bis hin zur gesundheitspolitischen Entscheidungen über die zukünftige Erstattung bzw. Finanzierung ganzer Versorgungssegmente wie das bereits im Hinblick auf die Maßgaben im Zusammenhang mit banalen grippalen Infekten geregelt worden ist.

Projekt

Priorisierung in der Medizin – DFG-Forschergruppe FOR 655