Pressemitteilung

25.09.2023
Nr. 37/2023

Gesundheit

Demenz im Krankenhaus: LGL-Fachtagung zeigt Praxisbeispiele einer guten Versorgung in Bayern

Zehn Prozent aller Patientinnen und Patienten, die in ein Krankenhaus müssen, leiden an kognitiven Einschränkungen wie Demenz. Der 1. Bayerische Fachtag „Demenz im Krankenhaus“, organisiert vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), zeigt: Es gibt bereits erprobte Konzepte für eine angepasste Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Demenz, die auch innerhalb der Krankenhauslandschaft übertragbar sind. Allen Konzepten ist das Ziel gemein, schwere Verwirrtheitszustände, sogenannte Delire, frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Dafür werden die medizinische Behandlung und die Behandlungsumgebung entsprechend angepasst, um die Orientierung der Betroffenen zu fördern. Unerlässlich für den Erfolg der demenzsensiblen Konzepte im Einzelnen und deren Übertragbarkeit auf andere Krankenhäuser ist der Wissensaustausch zwischen den Einrichtungen und den Akteurinnen und Akteuren in der Pflege.

Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek betonte in seinem Grußwort: „Unser Ziel ist es, die bayerischen Kliniken auf ihrem Weg zu einem demenzsensiblen Versorgungsangebot zu unterstützen. Deshalb fördern wir die ‚Koordinierungsstelle Bayern Demenz im Krankenhaus (KBDiK)‘ gemeinsam mit der sozialen und privaten Pflegeversicherung für die kommenden drei Jahre mit 1,3 Millionen Euro. Umgesetzt wird das Modellprojekt in Kooperation mit der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG).“

„Demenz stellt für die Betroffenen eine zusätzliche Belastung während des Krankenhausaufenthaltes dar, und auch das Krankenhauspersonal muss damit unter erschwerten Behandlungsbedingungen arbeiten. Daher braucht es demenzsensible Konzepte. Die am LGL gegründete ‚Koordinierungsstelle Bayern Demenz im Krankenhaus‘ verfügt über ein Portfolio demenzsensibler Herangehensweisen in Kliniken, spricht gegenüber den Akutkrankenhäusern Empfehlungen aus und berät diese bei der Umsetzung in die Praxis. Das Ziel ist, erfolgreiche Maßnahmenbündel durch Wissenstransfer individuell an die Bedürfnisse der beratenen Krankenhäuser anzupassen. Man darf jedoch nicht vergessen: Mitentscheidend ist genauso die Einbindung der Angehörigen“, sagte Prof. Dr. Christian Weidner, Präsident des LGL, zum Auftakt der Veranstaltung. 

Über 100 Teilnehmende aus verschiedenen Berufsgruppen, darunter Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Selbsthilfegruppen fanden sich im Festsaal des Stadttheaters Ingolstadt ein, um sich auf der Fachtagung zum Thema Demenz auszutauschen. 
 

Farben und Decken fördern Orientierung und Wohlsein
Am Fachtag wird deutlich: Die Erkennung und Vermeidung von Delir bei Demenz kann verschieden angegangen werden, je nach Personal, Struktur und Ausrichtung von Krankenhäusern. Die Konzepte können dabei die gesamte Tagesstrukturierung, inklusive eines Angebotes von Beschäftigungsgruppen und eines gemeinsamen Mittagstischs, umfassen. Bei Bedarf können auch ehrenamtliche Helfer hinzugezogen werden. Idealerweise werden zunächst medizinische Standards definiert, die über eine zentrale Stelle und ein Demenz-Team möglichst weit in den Kliniken ausgerollt werden, um alle Fachdisziplinen ins Boot zu holen. 
 

Interessant sind vor allem die praktischen Herangehensweisen, über die Referentinnen und Referenten aus der Praxis berichten: Z. B. werden in einem Krankenhaus Patientinnen und Patienten Nesteldecken und Puppen zur Verfügung gestellt, um das Unwohlsein bei Betroffenen zu lindern. Zudem wird ein „buntes Menü“ angeboten, damit sich Betroffene durch den Einsatz von Farben (z. B. bei Getränken) beim Speisen und Trinken leichter orientieren können.

Die Referentin eines anderen Krankenhauses gibt wiederum Einblick in die Besonderheiten der Pflege vor Ort; so praktiziert man dort u. a. erfolgreich die bodennahe Pflege, um Bettgitter zu vermeiden und sturzgefährdete Menschen dennoch nicht in ihrer Freiheit einzuschränken. „Gerade bei Maßnahmen, die Menschen schützen sollen, gilt es, freiheitsentziehende Maßnahmen zu verhindern und alternative Konzepte zu anzuwenden. Hier ist Potenzial da, das gehoben werden kann, und dafür bietet die Tagung ein ideales Austauschforum“, ergänzte Weidner. 
 

Ergänzende Informationen über die Demenzerkrankung:
Mit zunehmendem Alter steigt nicht nur die Wahrscheinlichkeit, an einer Demenz zu erkranken, sondern auch, aufgrund eines Leidens im Krankenhaus behandelt werden zu müssen. Die damit verbundenen Herausforderungen für an Demenz erkrankte Menschen und für das Krankenhauspersonal können sich aufgrund des demografischen Wandels künftig sogar verschärfen.
 

Bereits heute leben rund 270.000 Menschen mit Demenz in Bayern. Viele von ihnen müssen sich in Krankenhäusern einer Behandlung aufgrund einer Erkrankung unterziehen. In der Regel ist die Demenz eine oft nicht bekannte oder dokumentierte Nebendiagnose. Die Begleiterscheinungen des Demenzsyndroms führen dazu, dass Menschen mit Demenz eine besonders vulnerable und gleichzeitig häufige Patientengruppe in Akutkrankenhäusern darstellen. Doch stellt der Krankenhausaufenthalt nicht nur für diese Menschen eine zusätzliche Herausforderung dar, auch das Krankenhauspersonal muss sich bei der Versorgung entsprechend anpassen.
 

Weiterführende Informationen zur Koordinierungsstelle Bayern Demenz im Krankenhaus (KBDIK) sind auf der LGL-Homepage abrufbar unter https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/gesundheitsversorgung/kbdik/index.htm, umfangreiche Informationen zur Demenz stehen auf der Homepage des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) unter https://www.stmgp.bayern.de/pflege/demenz/ zur Verfügung. 

 


Über das LGL
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist die zentrale Fachbehörde des Freistaats Bayern für Lebensmittelsicherheit, Gesundheit, Veterinärwesen und Arbeitsschutz/Produktsicherheit. Als interdisziplinäre, wissenschaftliche Fachbehörde verfolgt das LGL in seinem Handeln stets den „One-Health-Ansatz“ – denn nur gesunde Tiere liefern gesunde Lebensmittel, und nur eine gesunde Umwelt ermöglicht körperliches, geistiges und soziales Wohlergehen.
Daher sind am LGL verschiedene Fachgebiete bewusst unter einem Dach vereint. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen z. B. aus der Lebensmittelchemie, Human- und Veterinärmedizin, aus den verschiedenen Ingenieurswissenschaften, Physik, Psychologie, Ökotrophologie, Chemie oder Biologie. Sie arbeiten über Fachgrenzen hinweg zusammen und betrachten Sachverhalte aus verschiedenen Blickwinkeln.