Tropanalkaloide

Tropanalkaloide sind eine Gruppe von natürlichen Pflanzeninhaltsstoffen. Sie kommen in bestimmten Ackerunkräutern aus der Familie der Nachtschattengewächse wie dem Gemeinen Stechapfel (Datura stramonium L.), dem Schwarzen Bilsenkraut (Hyoscyamus niger L.) und der Tollkirsche (Atropa belladonna L.) vor. Wenn bei der Ernte Pflanzenteile, einschließlich Samen, miterfasst werden können unter Umständen diese Substanzen als Verunreinigung in Lebensmittel gelangen. Eine nachträgliche Reinigung des Erntegutes ist nicht in jedem Fall vollständig möglich. Beispielsweise lassen sich bei Sorghum, Hirse und Buchweizen die Samen des Gemeinen Stechapfels durch Sortieren und Reinigen nur schwer entfernen.

 

 

 

Stechapfel (Datura stramonium L.)

Entsprechend den bisher EU-weit durchgeführten Untersuchungen wurden insbesondere bei einzelnen Chargen von bestimmten Getreiden und Getreideerzeugnissen erhöhte Gehalte der Tropanalkaloide Atropin und Scopolamin festgestellt. Betroffen waren dabei besonders Sorghum, Hirse, Buchweizen und Mais sowie daraus hergestellte Erzeugnisse.

Toxikologische Bedeutung

Atropin und Scopolamin sind akut sehr toxisch. Beide Verbindungen beeinflussen bereits bei geringer Aufnahmemenge die Herzfrequenz und das zentrale Nervensystem. Es können dann Symptome wie Benommenheit, Kopfschmerzen und Übelkeit auftreten. In Bezug auf Lebensmittel stellte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Jahr 2013 fest, dass Kleinkinder und Säuglinge bei Verzehr von Getreideerzeugnissen, die mit Tropanalkaloiden verunreinigte sind, am meisten gefährdet sind und gesundheitliche Beeinträchtigungen möglich sein können.

Eine chronische Toxizität oder Gentoxizität wurde bei Atropin und Scopolamin bisher allerdings nicht beobachtet.

Rechtliches

Für die Tropanalkaloide Atropin und Scopolamin gilt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 für Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder, die Hirse, Sorghum, Buchweizen oder daraus gewonnene Erzeugnisse enthalten, ein Höchstgehalt von jeweils 1,0 µg/kg.

Für alle übrigen Lebensmittel gibt es keine allgemeingültigen EU-weiten Höchstmengenregelungen in Bezug auf den Gehalt an Tropanalkaloiden. Stellt das LGL erhöhte Gehalte in einer Probe fest, erfolgt die Beurteilung deshalb auf Basis einer toxikologischen Bewertung der Gehalte hinsichtlich der möglichen Beeinträchtigung der Gesundheit von Verbrauchern. Es kommen dann die allgemeinen lebensmittel- und kontaminantenrechtlichen Vorschriften (wie die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und die Verordnung (EG) Nr. 315/1993) zur Anwendung.

Mit der Empfehlung (EU) 2015/976 der Kommission wurden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, in Lebensmitteln mit erhöhtem Risiko ein Monitoring der Gehalte von Tropanalkaloiden durchzuführen. Insbesondere wurde die Untersuchung von bestimmten Getreide und Getreideerzeugnissen (Buchweizen, Sorghum, Hirse, Mais sowie deren Mahlerzeugnisse) sowie Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder empfohlen. Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen nach ihrer Auswertung die Beurteilung einer potentiellen Belastungssituation der Bevölkerung mit Tropanalkaloiden ermöglichen.