Globale Adoption und Diffusion der Protonentherapie in der Radioonkologie

Univ.-Prof. Dr. Klaus Nagels, Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften (IMG) der Universität Bayreuth:

Studienhintergrund und Zielsetzung
Die Protonentherapie ist eine Technologie die versorgungsseitig der Strahlentherapie zuzuordnen ist, bei der anders als bei den bekannten Technologien, die in der Strahlentherapie zum Einsatz kommen, beschleunigte Partikel (Hadronen, wie zum Beispiel Wasserstoff- oder Kohlenstoffionen) genutzt werden, um Tumorgewebe gezielt zu zerstören. Die Vorteile der Protonentherapie liegen darin, dass sich die Strahlendosis dreidimensional besser steuern lässt als das bei alternativen Verfahren möglich ist, die den heutigen Standard im Sinne einer zweckmäßigen Vergleichstherapie bilden. Durch die Eigenschaften der beschleunigten Protonen, ist es möglich ein Dosismaximum im Tumorgewebe zu erreichen. Dadurch kann einerseits gesundes Gewebe geschont werden, andererseits kann die Dosis im Tumorgewebe durch die Schonung der gesunden Gewebe weiter gesteigert werden. Bei anderen Verfahren würden entsprechende Nebenwirkungen auftreten, die zur Dosisbegrenzung führen. Obgleich zurzeit unklar ist, bei welchen Tumor-Entitäten ein optimaler Einsatz dieser zurzeit extrem kostenintensiven Technologie in der Versorgung von Tumorpatienten gerechtfertigt erscheint, stellt die Protonentherapie wissenschaftlich einen interessanten Fall einer komplexen Technologie dar, die eine lange Entwicklungszeit hat. Die Translation dieser Innovation in die Versorgungspraxis gestaltet sich auch deshalb schwierig, da die Zahl klinischer Studien zur Belegung der Evidenz einer Überlegenheit gegenüber anderen Verfahren die in der Versorgung von Tumorpatienten zum Einsatz kommen, noch nicht erbracht ist. Ziel der Untersuchungen ist es, auch im Vergleich zu anderen Technologien, die in der strahlentherapeutischen Versorgung von Tumorpatienten zum Einsatz kommen, typische Adoptions- und Diffusionsphänomene herauszuarbeiten und zu erklären, warum die Entwicklung dieser Technologie auch unter Berücksichtigung der Komplexität vergleichsweise zeitintensiv ist.

Methodik
Methodisch werden Untersuchungen zur Diffusion der Technologie unter Verwendung von empirischen Daten von Patienten, die strahlentherapeutisch mit der Protonentherapie versorgt wurden, durchgeführt. Adoptionskriterien für Innovationen in der Strahlentherapie wurden erhoben. Im globalen Vergleich wurden auch epidemiologische Unterschiede für die Erklärung der Phänomene untersucht, zumal sich auch klinische Forschungsaktivitäten und deren Intensität entsprechend unterscheiden. Des Weiteren werden gesundheitsökonomische Aspekte bearbeitet. Für den historischen Vergleich der Diffusionscharakteristiken werden Bestrahlungstechnologien mit in Betracht gezogen, die auf Linearbeschleunigern beruhen und heute mehr oder weniger den Standard in der Strahlentherapie repräsentieren.

Status, Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Die Untersuchung zur globalen Ausbreitung der Protonentherapie ist abgeschlossen. Im Ergebnis zeigt sich, dass die langsame Ausbreitung der Technologie nicht nur durch die technologische Komplexität bedingt ist, sondern in vielerlei Hinsicht auch durch Veränderungen und Anforderungen im regulatorischen Umfeld bedingt ist. Interessanterweise lassen die Diffusionsdaten zu den heute als Standard angesehenen Bestrahlungstechnologien die Schlussfolgerung zu, dass diese einen ähnlich langen Diffusionspfad hinter sich gebracht haben und anfänglich sehr kritisch gesehen wurden als noch die Kobalt-60-Technologie dominierte, die mittlerweile in der Versorgung keine Rolle mehr spielt bzw. vollständig ersetzt wurde.

Kooperationspartner: Hersteller von Protonentherapie-Anlagen und internationale Anwender der Protonentechnologie.