MRSA in End-of-Life Care (MEndoL)

Prof. Dr. Oliver Schöffski, MPH, Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU):

Hintergrund und Ziel

Infektionen, die durch Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) versursacht werden, sind seit einigen Jahren eine besondere Herausforderung in der stationären Versorgung. Für Patienten besteht durch mögliche (nosokomiale) MRSA-Infektionen ein erhöhtes Komplikations- und Mortalitätsrisiko. Zusätzlich entstehen für Leistungserbringer und Kostenträger deutliche Mehrkosten bei einer erhöhten MRSA-Rate.

Eine besondere Situation entsteht, wenn MRSA-Gegenmaßnahmen in der stationären Palliativversorgung ergriffen werden sollen. Für Mitarbeiter sowie Angehörige entsteht durch die soziale Isolation der Patienten ein besonderes Spannungsfeld zwischen dringend nötiger sozialer Inklusion am Lebensende auf der einen Seite und der Infektionsrisikominimierung auf der anderen Seite. Verstärkt wird dieses Spannungsfeld durch die Pflicht der Leistungserbringer, andere Beteiligte vor MRSA-infektiösen Patienten zu schützen.

Wissenschaftliche Studien haben bisher hauptsächlich mikrobiologische und hygienische Probleme untersucht. Die besondere Bedeutung des MRSA-Managements in der Palliativversorgung wurde bisher in der Forschung wenig adressiert. Besonders die Kosten für MRSA-Gegenmaßnahmen wurden aus gesundheitsökonomischer Perspektive in diesem speziellen Kontext bisher nicht untersucht. Um diese Lücke zu schließen, werden im Rahmen dieser Studie Hypothesen zu Einflussfaktoren auf Kosten und Lebensqualität im Fall einer MRSA-Kolonisation oder -Infektion in der stationären Palliativversorgung generiert. Hierfür stehen Patienten, Angehörige, Angestellte und institutionelle Interessensgruppen im Fokus der Untersuchung.

Methodik

Da bisher keine empirischen Daten zu dieser Fragestellung zur Verfügung stehen, wird ein qualitativer Forschungsansatz verfolgt. Es wird ein hypothesengenerierendes und theoriebildendes Verfahren genutzt, um Erkenntnisse aus den vier Perspektiven in ein gemeinsames Theoriegerüst zu bringen. Die Zielpopulation sind Patienten, die palliative oder geriatrische Versorgung erhalten (mit einer Lebenserwartung von 3 Monaten oder kürzer) sowie deren Angehörige, Mitarbeiter und Anspruchsgruppen von Leistungserbringern. Es werden mindestens 20 Personen aus jeder der vier genannten Gruppen in die Studie eingeschlossen. Zur Erhebung der Daten werden teilstrukturierte Interviews, Fokusgruppeninterviews, ergänzende quantitative Fragebögen und Dokumentenanalysen genutzt. Für jede der vier Teilnehmergruppen kommt ein spezifischer Interviewleitfaden zum Einsatz. Ergänzend werden validierte Erhebungsinstrumente (wie z.B. Functional Assessment of Chronic Illness Therapy – FACIT) genutzt, um die gesundheitsbezogene Lebensqualität oder im Falle der Mitarbeiter die Arbeitsplatzzufriedenheit zu messen. Die unterstützende Dokumentenanalyse (Krankenakten, Rechnungen, Leistungsdokumentationen etc.) ist wichtig für eine umfassende Beantwortung der ökonomischen Fragestellungen. Für die Analyse der Daten wird die Methode der datengestützten Theoriebildung (Grounded Theory) genutzt.

Projektfortschritt und wissenschaftlicher Beitrag

Das Projekt hat im Januar 2014 begonnen und endete im September 2016. Die Hypothesen zu Kosten und Lebensqualität durch MRSA-Kolonisationen und -Infektionen in der Palliativversorgung können als Grundlage für sich anschließende (quantitative) Forschung genutzt werden. Darüber hinaus können die Ergebnisse allgemein auf das Management von Patienten mit komplexen Erkrankungen und besonderen Bedürfnissen (z.B. Isolation) übertragen werden, da neben MRSA auch noch weitere multiresistente Krankheitserreger von Bedeutung sind bzw. in naher Zukunft von Bedeutung sein könnten.