Integrierte Versorgung bei der palliativen Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms (IVOPAQ)

Prof. Dr. Oliver Schöffski, MPH, Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU):

Hintergrund und Ziele der Studie

Im Jahr 2008 war Krebs mit 220.000 Todesfällen die zweithäufigste Haupttodesursache in Deutschland. In Europa und Deutschland ist Darmkrebs die zweithäufigste Krebsart nach Brustkrebs bei Frauen und Lungenkrebs bei Männern. Insgesamt starben 27.000 Menschen in Deutschland in 2008 an einem kolorektalen Karzinom. Das lebenslange Risiko an Darmkrebs zu erkranken liegt bei 6,5% bei Frauen und bei 7,7% bei Männern. Die Qualität und Effizienz der Versorgung von Darmkrebs in Deutschland variiert stark. Obwohl eindeutige Richtlinien bestehen, ist nicht klar, ob diese auch durchgängig verwendet werden. Zudem sind kaum Daten zu Lebensqualität und Krankheitskosten vorhanden. Ziel des Projekts IVOPAK (Integrierte Versorgung bei der palliativen Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms) war es, diese Forschungslücke zu schließen und Erkenntnisse zur Qualität der Behandlung und zu den Kosten der palliativen Versorgung zu generieren.

Methodik

Es wurde eine prospektive Beobachtungsstudie durchgeführt, um die direkten Kosten des kolorektalen Karzinoms (Stadium IV) aus Sicht der gesetzlichen Krankenkasse zu ermitteln. Hierbei wurde die ambulante und stationäre Behandlung bzw. der verursachte Ressourcenverbrauch der Patienten in 12 Studienzentren über einen Zeitraum von 5 Jahren dokumentiert. Alle Zentren waren im Norden von Bayern angesiedelt. Als Ressourcenverbräuche wurden der Transport, die ambulante Versorgung inkl. ambulanter Medikation, die Aufnahme in die Krankenhausambulanz, die stationäre Versorgung sowie die Rehabilitation erfasst und bewertet. Die Lebensqualität wurde mithilfe des SF-12 gemessen.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 101 Patienten in die Studie eingeschlossen. Die Kosten wurden für einen Zeitraum von 2 Jahren ermittelt. Im ersten Jahr sind Kosten in Höhe von 4.093.669€ entstanden, im zweiten Jahr 2.030.428€. Damit sind insgesamt in einem Zeitraum von zwei Jahren aus Sicht der gesetzlichen Krankenkasse 6,1 Mio. € für die Versorgung der 101 Patienten angefallen. Die durchschnittlichen Kosten pro Patienten und Quartal lagen zwischen 12.900 € im zweiten Quartal und 7.535 € im achten Quartal. Größte Kostentreiber waren die Versorgung mit Zytostatika und die stationäre Versorgung. Die Lebensqualität wurde für 53 Patienten dokumentiert. Der durchschnittliche Wert für die körperliche Gesundheit betrug 41,8; für die psychische Gesundheit lag der durchschnittliche Wert bei 49,7.

Schlussfolgerungen

Die Studie hat gezeigt, dass die Kosten für die palliative Versorgung von Patienten mit Darmkrebs (Stadium IV) erheblich sind. Kumuliert fallen durchschnittlich 74.384 € pro Patienten in zwei Jahren der Behandlung an. Zudem wurde deutlich, dass die palliative Versorgung die Lebensqualität stark einschränkt. Hierbei wurde eine größere Einschränkung der körperlichen Gesundheit gegenüber der psychischen Gesundheit festgestellt. Insgesamt wurde durch die Studie eine Forschungslücke geschlossen, da sie erstmalig in Deutschland die Kosten für die palliative Versorgung von Darmkrebspatienten (Stadium IV) untersucht.

Mehr zu diesem Thema

Emmert M, Pohl-Dernick K, Wein A, Dörje F, Merkel S, Boxberger F et al. (2012) Palliative treatment of colorectal cancer in Germany: cost of care and quality of life, in: The European journal of health economics.