Kartoffeln und Kartoffelerzeugnisse

Warenkunde

Die Kartoffel ist aufgrund ihrer wertvollen Inhaltsstoffe, ihrer vielseitigen Verwendbarkeit, der zahlreichen Zubereitungsmöglichkeiten und nicht zuletzt wegen ihres Geschmacks ein sehr beliebtes Lebensmittel.

Ernährungsphysiologisch ist die durch den relativ hohen Stärkegehalt (ca. 14-16 %) bedingte, sättigende Wirkung der Kartoffel von Vorteil. Da Kartoffeln zu 80 % aus Wasser bestehen, ist der Energiegehalt mit ca. 70 bis 80 kcal/100 g vergleichsweise gering. Weiterhin liefern Kartoffeln aufgrund der Aminosäurezusammensetzung hochwertiges Eiweiß (ca. 2 %). Hervorzuheben sind zusätzlich der hohe Kaliumgehalt (ca. 380 mg/kg) sowie die Gehalte an den Vitaminen B1, B6, C und Folsäure. Die Kartoffel ist damit auch aus dieser Sicht ein empfehlenswertes Lebensmittel.

Botanisch gesehen ist die Kartoffelknolle eine unterirdische Stängelverdickung der Kartoffelpflanze; sie ist damit keine Wurzel oder Frucht. Die ursprüngliche Heimat der Kartoffel ist die Andenregion in Südamerika. Bereits vor mehr als zweitausend Jahren nutzten die dortigen Einwohner Kartoffeln als Lebensmittel. Die spanischen Eroberer brachten die Kartoffel im 16. Jahrhundert von Südamerika nach Europa. Der Durchbruch zum Grundnahrungsmittel erfolgte jedoch erst später. In Deutschland begann dieser in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Rechtlich wird die Kartoffel weder den Früchten noch dem Gemüse zugerechnet, sondern als eigenständige Warengruppe behandelt. Weltweit gibt es rund 4000 Kartoffelsorten. In Deutschland sind vom Bundessortenamt ca. 200 Kartoffelsorten zugelassen, die sich nicht nur im Geschmack unterscheiden, sondern sich auch durch verschiedene Knollenformen und –farben sowie Schalenbeschaffenheit auszeichnen. Eingeteilt werden sie nach dem Erntezeitpunkt und der Lagerfähigkeit mindestens in frühe, mittelfrühe und späte Sorten. Die Saison einheimischer Kartoffeln beginnt im Juni mit den frühen Sorten. Diese Kartoffeln sind ein besonderer Genuss, jedoch noch nicht schalenfest und somit nur begrenzt lagerfähig. Sie sollten deshalb bald verzehrt werden. Ab August werden die mittelfrühen und ab Oktober die späten Sorten angeboten. Diese Sorten sind schalenfest und damit unter geeigneten Bedingungen über Monate lagerfähig.

Wegen des unterschiedlichen Stärkegehalts unterscheiden sich die einzelnen Sorten weiterhin in ihren Koch- und Verarbeitungseigenschaften. Je mehr Stärke enthalten ist, umso mehligkochender werden die Kartoffeln. Daher werden die Sorten den folgenden drei Kochtypen zugeordnet:

  • Festkochende Sorten
  • Festkochende Sorten sind auch nach dem Kochen von eher fester Beschaffenheit und platzen beim Kochen nicht auf. Sie sind saftig und damit bestens für Kartoffelsalat, Bratkartoffeln und Gratins geeignet, werden jedoch auch für Pell- und Salzkartoffeln verwendet.

  • Vorwiegend festkochende Sorten
  • Vorwiegend festkochende Sorten platzen beim Kochen nur leicht auf und weisen gegart eine mittelfeste Konsistenz auf. Sie sind damit am vielseitigsten verwendbar und werden insbesondere als Pell- und Salzkartoffeln zubereitet. Weiterhin werden sie zur Herstellung von Kartoffelerzeugnissen wie Pommes Frites, Kartoffelwedges und Kartoffelplätzchen (Rösti) genutzt.

  • Mehligkochende Sorten
  • Mehligkochende Sorten platzen beim Kochen auf und sind im gegarten Zustand eher locker, weich und grobkörnig. Sie werden deshalb bevorzugt zur Herstellung von Kartoffelbrei, Kartoffelsuppe, Klößen und Kroketten eingesetzt.

Kennzeichnung und Qualitätsanforderungen von Speisekartoffeln

Kennzeichnung

Der Begriff Speisekartoffeln ist eine Vermarktungsbezeichnung für Frischkartoffeln zur Nahrungsverwendung. Er wird für Kartoffeln bzw. Kartoffelsorten verwendet, die nach dem 01. August geerntet werden. Die vor diesem Termin geernteten Kartoffeln, werden als Speisefrühkartoffeln bezeichnet.

Die Kennzeichnung von Speisekartoffeln wird im Wesentlichen durch das Lebensmittelrecht (v. a.Verordnung (EU) Nr. 1169/2011) geregelt. Für Speisekartoffeln in Fertigpackungen im Endverkauf sind folgende Kennzeichnungselemente verpflichtend:

  • Bezeichnung: Speisekartoffel bzw. Speisefrühkartoffel mit Angabe des Kochtyps
  • Name und Anschrift des Herstellers oder Verpackers
  • Nennfüllmenge (Nettogewicht)
  • Losnummer
  • Angabe „nach der Ernte behandelt“ bei Verwendung von keimhemmenden Mitteln
  • Angabe der Registriernummer der Pflanzengesundheitskontrolle

Bei unverpackt angebotenen Kartoffeln ist nach der Preisangaben-Verordnung die Gütebezeichnung, die im Wesentlichen der Bezeichnung (hier Speisekartoffeln mit Angabe des Kochtyps) entspricht und der Grundpreises auf einem Schild neben der Ware anzubringen. Bei Verwendung keimhemmender Mittel ist dem Verbraucher die Information „nach der Ernte behandelt“ zur Verfügung zu stellen.

Zusätzlich zur gesetzlich vorgeschriebenen Kennzeichnung können Speisekartoffeln mit verschiedenen fakultativen Kennzeichnungselementen ausgelobt werden. Dazu gehört z. B. die Ursprungsangabe oder die Angabe eines Qualitätsstandards, der über die Einhaltung der Mindestqualität hinausgeht. Auf dem deutschen Markt werden oft Qualitätsangaben nach den Berliner Vereinbarungen oder der UNECE-Norm FFV-52 für Speisefrüh- und Speisekartoffeln gemacht. In den Berliner Vereinbarungen, das ein privatwirtschaftliches Regelwerk in Deutschland ist, werden u. a. zwei Qualitätsstufen definiert: „Qualität I“ und „Qualität Extra“. In der Kennzeichnung ist der Zusatz „gemäß www.berliner-vereinbarungen.de“ anzugeben. UNECE-Standards werden auf EU -Ebene entwickelt. Die UNECE-Norm FFV-52 für Speisefrüh- und Speisekartoffeln wird im internationalen wie EU-weiten Kartoffelhandel angewendet und regelt die Vermarktung und Qualitätskontrolle. Auf dem Etikett wird auf die Norm hingewiesen. Eine Einteilung in verschiedene Qualitätsstufen findet hier jedoch nicht statt.

Obwohl nahezu alle Speisekartoffeln mit einer Angabe der Sorte im Handel sind besteht nach dem Lebensmittelrecht keine Pflicht für dieses Kennzeichnungselement. Jedoch schreibt die EU-Sortenschutzverordnung (GemSortV) bei Kartoffeln, die nicht mit keimhemmenden Mitteln behandelt wurden und somit zu Vermehrungszwecken geeignet sind, die Angabe der Sorte vor. Die Sortenangabe ist auch bei einer Vermarktung nach der UNECE-Norm FFV-52 für Speisefrüh- und Speisekartoffeln verpflichtend.

Seit dem Wegfall der Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Speisekartoffeln (SpKartHKV) (Stichtag 01.07.2011) existieren keine gesetzlichen Handelsklassen mehr für Speisekartoffeln, so dass eine Auslobung mit den Begriffen „Handelsklasse“ oder „Klasse“ auf den Etiketten nicht mehr erscheinen darf.

Qualitätsanforderungen

Bezüglich der Qualität sollten in Anlehnung an die allgemeine Vermarktungsnorm für frisches Obst und Gemüse (Verordnung (EU) Nr. 543/2011) alle im Handel angebotenen Speisekartoffeln folgende Mindesteigenschaften erfüllen: gesund (ohne Fäulnis oder Schimmel), ganz (ohne schwere Beschädigung), sauber (z. B. nicht zu viel Erde), fest (nicht welk), frei von fremden Geruch und Geschmack, von abnormaler Feuchtigkeit sowie von äußeren und inneren Krankheiten. Zu den Mängeln, welche die innere Qualität beeinflussen zählen v.a. Fäulnis, Eisen- oder Schwarzfleckigkeit, starke Glasigkeit oder Hohlherzigkeit.

Bei einer freiwilligen Auslobung der Qualität nach den Berliner Vereinbarungen oder der UNECE-Norm FFV-52 für Speisefrüh- und Speisekartoffeln sind zudem die in diesen Qualitätsstandards festgelegten spezifischen Anforderungen zu erfüllen. Neben der Gesamttoleranz für mehrere Mängel und einzeln zu wertenden Toleranzen für bestimmte Mängel (z. B. Fäulnis) sind für die Beurteilung noch weitere spezifische Kriterien zu beachten. Viele Mängel sind erst dann zu werten, wenn eine bestimmte Größe oder ein bestimmter Anteil der Knollen betroffen ist. Weiterhin ist anzumerken, dass sich die beiden Qualitätsstandards in einigen Punkten unterscheiden. Zum Beispiel dürfen nach den Berliner Vereinbarungen maximal 8 % der Knollen Keime aufweisen, die länger als 2 mm sind, sofern keine anderen Mängel feststellbar sind. Gemäß der UNECE-Norm FFV-52 ist für Speisefrühkartoffeln eine Keimung ganz ausgeschlossen und für Speisekartoffeln ist eine maximale Toleranz von 6 % festgelegt und die Keime dürfen nicht länger als 3 mm sein.

Um einwandfreie Kartoffeln zu erhalten, sollte deshalb beim Einkauf auf die Beschaffenheit bzw. äußerlich erkennbare Mängel geachtet werden z. B. sind Kartoffeln mit deutlichen Grünstellen zu meiden. Diese enthalten in erhöhter Konzentration die für Nachtschattengewächse typischen Glykoalkaloide Solanin und Chaconin, welche in größeren Mengen giftig sind. Ferner zeigt ein leicht süßlicher oder fauliger Geruch einen Verderb an.

Die Lagerung im Haushalt sollte trocken, luftig, dunkel und am besten bei 4 bis 8 °C erfolgen. Die Lagerung im Dunklen verhindert ein vorzeitiges Auskeimen sowie Vergrünen der Knollen und damit die Bildung von Solanin und Chaconin. Kartoffeln sollten getrennt von Äpfeln und Birnen gelagert werden. Diese führen durch die Abgabe des Reifegases Ethylen zu einem beschleunigten Keimen und Welken der Kartoffeln. Lagert man die Kartoffeln zu kalt, wandelt sich die Stärke in der Knolle in Zucker um, das einen unangenehmen süßen Geschmack zur Folge hat.

Kartoffelerzeugnisse

Der Handel bietet eine große Auswahl an Kartoffelprodukten. Neben Pommes frites werden vor allem Kartoffelpüree, Kartoffelpuffer, Rösti, Kartoffelknödel, und Kartoffelknabbererzeugnisse (Chips, Sticks und geformte Snacks) angeboten. Kartoffelprodukte kommen gekühlt, tiefgefroren oder als Trockenprodukt in den Handel und sind teilweise vorgeformt, vorgebraten oder vorfrittiert.

Was wird generell untersucht?

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) untersucht frische Kartoffeln insbesondere im Hinblick auf ihre Beschaffenheit und Einhaltung von ausgelobten Qualitätsstandards. Weiterhin wird die Kennzeichnung beurteilt.

Die zahlreichen Kartoffelerzeugnisse werden vor allem hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und verwendeter Zusatzstoffe (v.a. Schwefeldioxid, Konservierungsstoffe) geprüft. Weiterhin wird bei Pommes frites und Kartoffelchips die Einhaltung der Signalwerte für den Acrylamidgehalt kontrolliert.

Rechtliche Grundlagen

  • Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit
  • Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, LFGB)
  • Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung LMIV))
  • Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 (Lebensmittelzusatzstoffe)
  • Leitsätze für Kartoffelerzeugnisse (Deutsches Lebensmittelbuch)
  • Handelsklassengesetz
  • Deutsche Kartoffelgeschäftsbedingungen "Berliner Vereinbarungen"
  • UNECE-Norm FFV-52 Speisefrüh- und Speisekartoffeln
  • aid infodienst Kartoffeln und Kartoffelerzeugnisse
  • Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (Hrsg.) Merkblatt: Die Kartoffel: Herkunft, Inhaltsstoffe, Tipps; 10-2014;