Aufklärung von Salmonella-Agona-bedingten Ausbrüchen durch
Next-Generation- Sequencing

Hintergrund

Salmonella Agona (S. Agona) ist ein Serovar des bakteriellen Krankheitserregers Salmonella enterica ssp. enterica, das weltweit immer wieder für lebensmittelbedingte Ausbrüche mit Magen-Darm-Symptomatik verantwortlich ist. Vor allem Eier, Fisch- und Fleischprodukte, aber auch getrocknete Lebensmittel wie zum Beispiel Gewürze oder Tee kommen als Übertragungsvehikel infrage. Im Jahr 2017 ereignete sich ein Ausbruch mit fast 40 betroffenen Patienten in mehreren europäischen Ländern, der auf Säuglingsmilchprodukte eines französischen Herstellers zurückgeführt wurde. Zur gleichen Zeit wurde das in Deutschland zuvor eher seltene Serovar S. Agona in drei Futtermittelproben in Bayern nachgewiesen.

Die NGS-Technologie am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)

Das LGL hat für die Ausbruchsaufklärung als erstes Landesamt in Deutschland mittlerweile die Ganzgenomsequenzierung mittels der zukunftsweisenden Next-Generation-Sequencing (NGS)-Technologie implementiert und gehört damit zu den führenden Public-Health- und Lebensmittellaboratorien in Europa. Mit dieser modernen Methode können frühzeitig Zusammenhänge zu Ausbrüchen aufgedeckt oder Hypothesen über mögliche Infektionsquellen aufgestellt werden, die aber immer durch epidemiologische Untersuchungen bestätigt werden müssen. Dies ist insbesondere bei zeitlich oder geografisch weit auseinanderliegenden Einzelerkrankungen wichtig. Zu diesem Zweck wird in der Analyse das gesamte Erbgut pathogener Mikroorganismen, wie Salmonellen, mit höchstmöglicher Auflösung sequenziert und die Genomsequenzen verschiedener Isolate verglichen. Je ähnlicher die Sequenzen, desto näher verwandt sind die Stämme.

Abb.: Phylogenetischer Baum der am LGL untersuchten Salmonella-Agona-Isolate

Kein Zusammenhang bayerischer Isolate zum europäischen Ausbruch

Das LGL untersuchte 2018 mittels NGS die drei bayerischen S.-Agona-Isolate aus Futtermitteln auf eine möglicherweise gemeinsame Abstammung (Klonalität) und verglich sie mit einer repräsentativen Probe des französischen Ausbruchs. Außerdem verglich das LGL die drei bayerischen S.-Agona-Isolate mit 48 bayerischen S.-Agona-Vergleichsisolaten aus den Bereichen Human- und Veterinärmedizin bzw. Lebensmittelmikrobiologie aus den LGL-Stammsammlungen der Jahre 1993 bis 2018. Die Ergebnisse sind in der Abbildung in einem phylogenetischen Baum dargestellt. In diesem liegen Isolate umso näher beisammen, je ähnlicher sie sich genetisch sind. Die drei bayerischen Futtermittelisolate sind so ähnlich, dass sie in einer gemeinsamen Gruppe (Cluster) liegen. Zu erkennen ist das am Cluster 3 in rot. Sie können als klonal bezeichnet werden und stammen mit sehr hoher wahrscheinlichkeit aus derselben Quelle. Zudem zeigte keines der Futtermittelisolate oder der anderen bayerischen S.-Agona-Isolate Ähnlichkeit zum französischen Ausbruchsisolat (dunkelblau). Eine Zugehörigkeit bayerischer S.-Agona-Isolate zum europäischen Ausbruch konnte ausgeschlossen werden. Zudem konnte das LGL mittels der NGS-Technologie aus früheren Jahren bekannte regionale Ausbruchscluster bestätigen (Cluster 1, 2 und 4 bis 8). Das größte davon beinhaltete 15 S.-Agona-Isolate aus den Jahren 2002 bis 2003 (Cluster 1 in pink). Es konnte einem zu dieser Zeit deutschlandweit aufgetretenen Ausbruch mit über 70 Erkrankten zugeordnet werden, der durch nicht ausreichend erhitzte Anis-Tee-Produkte verursacht wurde.

NGS-Technologie als High-Tech-Werkzeug

Der Einsatz der NGS-Technologie am LGL dient somit als molekulares High-Tech-Werkzeug zur Überwachung und Aufklärung von Ausbrüchen mit bakteriellen Krankheitserregern wie zum Beispiel S. Agona. Die Technologie ist vielseitig einsetzbar, wie bereits 20 Publikationen des LGL zu NGS-basierten, mikrobiologischen Fragestellungen in international anerkannten
wissenschaftlichen Zeitschriften zeigen. So wird das LGL zukünftig eine Vielzahl von Krankheitserregern mittels NGS untersuchen und den Öffentlichen Gesundheitsdienst und die Lebensmittelüberwachung mit diesen hochauflösenden Daten bei der Ausbruchsaufklärung unterstützen.