Sozialmedizin

Das Fachgebiet Sozialmedizin hat eine lange Tradition. Die Wurzeln reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück. Eine erste Blütezeit erlebte die Sozialmedizin im frühen 20. Jahrhundert. Sie untersuchte in dieser Zeit die Abhängigkeit der Gesundheit der Bevölkerung von sozialen Einflussfaktoren wie Arbeits- und Wohnverhältnisse, kümmerte sich um besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen wie Kinder, Mütter, Arbeiter oder Arme und war in der Seuchenbekämpfung aktiv. Sie war Teil der öffentlichen Gesundheitspflege mit ausgeprägten präventiven Elementen.

Auch aufgrund der Instrumentalisierung der Sozialmedizin im Nationalsozialismus war das Gesundheitswesen in der Nachkriegszeit primär individualmedizinisch ausgerichtet. Sozialmedizin wurde immer häufiger gleichgesetzt mit Sozialversicherungsmedizin, also der Begutachtung von Leistungsansprüchen an das Sozialsystem, etwa im Krankheits- oder Invaliditätsfall.

In der Arbeit der Gesundheitsämter spielte sozialmedizinisches Denken im Sinne öffentlicher Gesundheitspflege jedoch weiterhin eine wichtige Rolle. In den 1980er Jahren kam es in Deutschland zu einer Wiederbelebung sozialmedizinischer Ansätze unter der Überschrift "Public Health". Public Health ist zwar nicht deckungsgleich mit der "alten" Sozialmedizin, beiden gemeinsam sind aber der bevölkerungsmedizinische Blickwinkel und der präventive Ansatz.

Durch die zunehmende Bedeutung der sogenannten Zivilisationskrankheiten und durch gesellschaftliche Veränderungen wie den demografischen Wandel kennzeichnen sozialmedizinische Fragestellungen heute eine moderne Ausrichtung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Dem wird in Bayern durch eine enge Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Public-Health-Institutionen Rechnung getragen. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Helmholtz Zentrum München Träger der Pettenkofer School of Public Health.