Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf Krebserkrankungen

Signet Jahresbericht 2021/22

Abstract

Auswertungen des Bayerischen Krebsregisters im Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) zeigen, dass die Zahl der gemeldeten Krebsneuerkrankungen während des ersten Jahres der COVID-19-Pandemie deutlich zurückgegangen ist.

Hintergrund

Im ersten Jahr der COVID-19-Pandemie gab es in Bayern zwei Lockdowns, die zum weitgehenden Erliegen des öffentlichen Lebens führten und auch Auswirkungen auf die Früherkennung und Diagnose von Krebserkrankungen hatten. Der erste Lockdown dauerte vom 21. März bis zum 3. Mai 2020 und der zweite vom 9. Dezember 2020 bis zum 7. März 2021 (Voigtländer et al., 2023). Die COVID-19-Pandemie und insbesondere die Beschränkungen während der Lockdowns hatten erhebliche Konsequenzen für die Gesundheitsversorgung. Beispielsweise sollten Krankenhäuser planbare ärztliche Eingriffe, soweit medizinisch vertretbar, zurückstellen oder unterbrechen, um Kapazitäten für die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Coronaerkrankung freizuhalten. Auch das Programm zur Früherkennung von Brustkrebs wurde zeitweise ausgesetzt. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Patientinnen und Patienten Angebote der Krebsvorsorge und Diagnostik aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus weniger häufig in Anspruch nahmen. Jedoch war notwendige medizinische Versorgung zu jeder Zeit möglich.

 

Ergebnisse

Die Auswertungen des Bayerischen Krebsregisters im LGL auf Basis einer Stichprobe von rund der Hälfte aller Pathologien in Bayern ergaben, dass im ersten Jahr der COVID-19-Pandemie (März 2020 bis Februar 2021) 39.980 Krebserkrankungen neu diagnostiziert wurden. Im Vergleich dazu wurden im Jahr vor der Pandemie (März 2019 bis Februar 2020) 42.857 Krebserkrankungen festgestellt. Das entspricht einem signifikanten Rückgang von 2.877 Erkrankungen bzw. 6,7% (Voigtländer et al., 2023). Vor allem in den Monaten April und Mai 2020 sowie Januar 2021 war ein Rückgang zu beobachten (Abbildung 1).


Abbildung 1: Zahl der monatlichen Krebsfälle während des ersten Pandemiejahres (März 2020 bis Februar 2021) im Vergleich zum Vorjahr (März 2019 bis Februar 2020) auf Basis einer Stichprobe von rund der Hälfte aller Pathologien in Bayern
Quelle: basierend auf Voigtländer et al. (2023), Lizenz: CC BY 4.0

Vergleicht man die häufigsten Krebsarten, so waren die Rückgänge für Brustkrebs
(-4,9%) und Lungenkrebs (-6,8%) geringer als für Karzinome der Prostata (-10,2%), des Kolons (-11,5%) und des Rektums (-15,4%) (Abbildung 2). Große Rückgänge zeigten sich beispielsweise auch bei melanotischem Hautkrebs (-15,6%), während bestimmte Krebsarten wie Karzinome des Pankreas (+4,0%), der Speiseröhre (+1,0%) und der Eierstöcke (+12,3%) keinen Rückgang verzeichneten.


Abbildung 2: Zahl der monatlichen Krebsfälle der fünf häufigsten Krebsarten während des ersten Pandemiejahres (März 2020 bis Februar 2021) im Vergleich zum Vorjahr (März 2019 bis Februar 2020) auf Basis einer Stichprobe von rund der Hälfte aller Pathologien in Bayern
Quelle: basierend auf Voigtländer et al. (2023), Lizenz: CC BY 4.0

Das Bayerische Krebsregister hat darüber hinaus untersucht, ob sich die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie hinsichtlich der Altersgruppen und dem Geschlecht der Patientinnen und Patienten unterschieden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Rückgang der gemeldeten Krebsneuerkrankungen mit dem Alter leicht zunahm und für Männer stärker ausfiel als für Frauen (Abbildung 3). Die Unterschiede insgesamt waren jedoch nicht signifikant.


Abbildung 3: Relative Veränderung der Zahl der monatlichen Krebsfälle nach Alter und Geschlecht während des ersten Pandemiejahres (März 2020 bis Februar 2021) im Vergleich zum Vorjahr (März 2019 bis Februar 2020) auf Basis einer Stichprobe von rund der Hälfte aller Pathologien in Bayern Quelle: modifizierte Fassung basierend auf Voigtländer et al. (2023), Lizenz: CC BY 4.0

Fazit

Der beschriebene Rückgang bei den gemeldeten Krebsneuerkrankungen legt nahe - soweit nicht durch teilweise Nachholeffekte nach Beendigung des Lockdowns schon geschehen, dass die Diagnose dieser Tumore bislang nicht erfolgt ist und sie somit erst später und in einem möglicherweise weiter fortgeschrittenen Stadium erkannt werden. Die Heilungschancen und damit verbunden auch die Überlebenswahrscheinlichkeiten sind jedoch bei der Behandlung von Tumoren im Frühstadium deutlich besser. Wichtig ist daher, die Vorsorgeangebote wahrzunehmen.

Referenzen

  • Voigtländer, S., Hakimhashemi, A., Grundmann, N., Radespiel-Tröger, M., Inwald, E. C., Ortmann, O., Gerken, M., Klug, S. J., Klinkhammer-Schalke, M., Meyer, M., & Müller-Nordhorn, J. (2023). Impact of the COVID-19 pandemic on reported cancer diagnoses in Bavaria, Germany. Journal of Cancer Research and Clinical Oncology. (https://doi.org/10.1007/s00432-023-04707-0)

Mehr zu diesem Thema

Allgemeine Informationen zum Thema