Gesundheitsregionenplus – Ergebnisse der Zwischenevaluation

Signet Jahresbericht 2021/22

Abstract

Die Gesundheitsregionenplus können seit dem Start im Jahr 2015 auf mehr als sieben Jahre erfolgreiche Arbeit zurückblicken. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) unterstützt und berät die inzwischen 62 regionalen Netzwerke. Im Rahmen der Qualitätssicherung und -entwicklung hat das LGL nun deren Auf- und Ausbau evaluiert. Die Ergebnisse zeigen: In den Gesundheitsregionenplus ist eine starke regionale Vernetzung der maßgeblichen Akteure im Gesundheitswesen gelungen. Zudem sind vor Ort eine Vielzahl konkreter Projekte zur Förderung und Prävention der Gesundheit entstanden. Der Ansatz der Gesundheitsregionenplus hat sich bewährt und kann langfristig auf kommunaler Ebene dazu beitragen, zukünftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen im Netzwerk gemeinsam wirksam zu begegnen. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (StMGP) strebt eine gesetzliche Verstetigung der Gesundheitsregionenplus an. Die Einrichtung von Gesundheitsregionenplus soll nach den aktuellen Überlegungen eine Dienstaufgabe der Gesundheitsämter werden.

Hintergrund (und Entwicklung)

Seit 2015 fördert das StMGP mit dem Programm Gesundheitsregionenplus die Weiterentwicklung regionaler Gesundheitsvorsorge und -versorgung sowie Pflege. Die durch Geschäftsstellen koordinierten kommunalen Netzwerke widmen sich der Erhebung gesundheitlicher Bedarfe, der Entwicklung von Strategien zur Bearbeitung regionaler Problemlagen und setzen aus den Netzwerken heraus konkrete, vor Ort passende Projekte und Lösungsansätze um. Der Freistaat unterstützt die inzwischen 62 Gesundheitsregionenplus,, bestehend aus 79 Landkreisen und kreisfreien Städten, neben Fördermitteln durch Beratung. Zu diesem Zweck ist im LGL die Fachliche Leitstelle Gesundheitsregionenplus eingerichtet worden. Die Fachliche Leitstelle ist zudem mit Aufgaben der Qualitätssicherung und -entwicklung des Programms betraut. In diesem Zusammenhang hat das LGL den Auf- und Ausbau der regionalen Netzwerke in den Jahren 2015 bis 2022 evaluiert.

Ergebnisse

Die durch das LGL durchgeführte Evaluation der Gesundheitsregionenplus nimmt zwei wichtige Kernaspekte in den Blick: Einerseits die Strukturqualität der aufgebauten Gremien- und Netzwerkstrukturen hinsichtlich einer verbesserten Kooperation und Koordination der beteiligten Akteure. Anderseits die Ergebnisqualität in Form der aus den Netzwerken heraus resultierenden Projekten und Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung. Zu diesem Zweck wurde auf Daten zurückgegriffen, die im Rahmen einer jährlich durchgeführten Online-Befragung der Geschäftsstellen der Gesundheitsregionenplus erhoben werden, zudem orientiert sich die Evaluation an dem Fachkonzept „Realisierungsstrategie Gesundheitsregionenplus“ des StMGP. Eine Herausforderung bei der Evaluation bestand darin, die über die Jahre 2015 bis 2022 hinweg in das Förderprogramm aufgenommenen Gesundheitsregionenplus gemeinsam zu evaluieren und dabei die jeweils unterschiedlichen Phasen beim Netzwerkaufbau zu berücksichtigen (Abbildung 1).

Abbildung 1: Förderwellen der 60 evaluierten Gesundheitsregionenplus.
Darstellung nach Jahr des Zuwendungsbeginns (Aufnahme in das Förderprogramm).


Strukturqualität

Wie die Evaluation ergab, wurden die für einen erfolgreichen Netzwerkaufbau benötigten Gremien in allen untersuchten Gesundheitsregionenplus regelmäßig innerhalb des ersten Projektjahres aufgebaut (3 von 60 evaluierten Gesundheitsregionenplus befanden sich zum Zeitpunkt der Evaluation noch im Aufbau). Diese Gremien umfassen:

  • Besetzung der koordinierenden Geschäftsstelle mit geeignetem Fachpersonal: Die Geschäftsstellen sind mehrheitlich am Gesundheitsamt angesiedelt (65 %). Andere Geschäftsstellen sind als Stabstelle, in der Stadt-/ Kreisentwicklung, in sonstigen Ämtern bzw. Abteilungen oder als sonstige Ansiedelungsformen angesiedelt. Die Geschäftsstellenleitungen verfügen über Qualifikationen in den Bereichen Public Health bzw. Gesundheitswissenschaften, Gesundheitsökonomie, Gesundheitsmanagement, Prävention und Gesundheitsförderung und weiteren angrenzenden Bereichen.
  • Konstituierung des Gesundheitsforums als zentralem Leitungs- und Steuerungsgremium einschließlich der Ansprache und Auswahl von Akteurinnen, Akteuren und Netzwerkpartnern, die vor Ort bei der gesundheitlichen Versorgung, Prävention und Pflege eine wesentliche Rolle spielen: In der Regel übernahm die jeweilige Landrätin bzw. der Landrat oder die Oberbürgermeisterin bzw. der Oberbürgermeister den Vorsitz (90 %). Im Durchschnitt setzte sich ein Gesundheitsforum aus rund 40 Mitgliedern zusammen (Spannweite von 17 bis 82 Personen), woraus sich eine bayernweite Mitgliederzahl von 2.325 Personen ergibt. Die beteiligten Akteure in den Gesundheitsforen sind aus Gesundheitspolitik und Administration, wie etwa dem Gesundheitsamt, dem Landratsamt bzw. der Stadtverwaltung oder Kreistag bzw. Stadtrat, aus Einrichtungen und Verbänden der Gesundheitsversorgung, Pflege und Gesundheitsförderung, aus den Sozialversicherungen sowie zahlreichen weiteren Bereichen, wie etwa Wohlfahrtsverbänden, der Selbsthilfe oder lokalen Netzwerken wie zum Beispiel Hospiz- und Palliativnetzwerke, Patientenvertretungen und Vertretungen pflegender Angehöriger.
  • Gründung themenbezogener Arbeitsgruppen zur Bearbeitung regionaler Herausforderungen und Problemlagen: Insgesamt wurden im Förderverlauf 391 Arbeits-, Unterarbeits- oder Projektgruppen gegründet, wovon die Mehrheit (271 bzw. 69,3 %) zum Evaluationszeitpunkt aktiv war, ein weiterer Teil der Arbeitsgruppen ruhte oder war bereits wieder beendet. Aktive Arbeitsgruppen zeichneten sich durch eine durchschnittliche Sitzungsanzahl von 2,4 Arbeitsgruppensitzungen pro Jahr aus. Insgesamt wurden in den letzten 12 Monaten 928 Arbeitsgruppensitzungen angegeben. Die durchschnittliche Mitgliederanzahl in den Arbeitsgruppen betrug ungefähr 12 Personen, woraus sich für alle Arbeits-, Unterarbeits- oder Projektgruppen eine Gesamtzahl von 4.817 Arbeitsgruppenmitgliedern ergibt. Abbildung 2 zeigt die Verteilung der Arbeitsgruppen auf die Handlungsfelder:

Abbildung 2: Thematische Zuordnung von bayernweit 391 Arbeits-, Unterarbeits- oder Projektgruppen der Gesundheitsregionenplus. Mehrfachzuordnungen zu den Handlungsfeldern möglich.

Ergebnisqualität

Bei der Ergebnisqualität wurden die aus den Netzwerken heraus resultierenden Projekte und Maßnahmen in den Blick genommen: Dem Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention wurden 338 initiierte Projekte, Maßnahmen und Aktionen (Durchschnitt: 5,6 pro Gesundheitsregionplus) zugeordnet. Darunter waren zum Beispiel Projekte und Aktionen zu den StMGP-Schwerpunktthemen, der Gesundheitsförderung im Alter und der Förderung der Gesundheitskompetenz. Neben Aufklärungs- und Informationsveranstaltungen etwa im Rahmen jährlich stattfindender Veranstaltungsreihen wurden zum Beispiel zahlreiche regionale Datenbanken und Wegweiser zu Angeboten und Einrichtungen der Prävention und Gesundheitsförderung entwickelt, um der Bevölkerung den Überblick über bestehende regionale Strukturen zu erleichtern.
Dem Handlungsfeld Gesundheitsversorgung wurden 247 Projekte zugeordnet (4,1 Projekte pro Gesundheitsregionplus). Exemplarische Themen war etwa die ärztliche Nachwuchsgewinnung, die Zusammenarbeit von ambulantem und stationärem Sektor, die Versorgung von Menschen mit Demenzerkrankungen, die psychische Gesundheit und das Thema Hebammen und Entbindungspfleger. Die Ausrichtung der Projekte erstreckte sich von Projekten, die sich mit der Weiterentwicklung der jeweiligen Versorgungsstrukturen bzw. der verbesserten Koordination untereinander (zum Beispiel der Einrichtungen oder des medizinischen Personals) befassen, bis hin zu Projekten, die sich direkt an die Bevölkerung oder an bestimmte Zielgruppen in der Bevölkerung richten.
Dem Handlungsfeld Pflege wurden 140 Projekte zugeordnet (2,3 pro Gesundheitsregionplus). Exemplarische Themen waren etwa die Gewinnung von Pflegekräften, die Vernetzung der Ausbildungseinrichtungen in der Pflege sowie die Einrichtung und Vernetzung von Unterstützungs- und Beratungsangeboten für die Bevölkerung. Viele Projekte verfolgen längerfristige Ziele im Rahmen der Weiterentwicklung der regionalen pflegerischen Strukturen, wie zum Beispiel den Aufbau von Ausbildungsverbünden oder die Eröffnung eines Pflegestützpunktes. Das Handlungsfeld Pflege wird erst seit Beginn der zweiten Förderphase obligatorisch von allen Gesundheitsregionenplus bearbeitet.

Fazit

Die durch das LGL durchgeführte Evaluation zeigt, dass die Gesundheitsregionenplus einen wirksamen Lösungsansatz zur Begegnung regionaler Herausforderungen zur Erhaltung und Förderung von Gesundheit darstellen. Die vor Ort eingerichteten Gesundheitsforen und Arbeitsgruppen arbeiten nach regionalem Bedarf und binden ein breites Spektrum relevanter Akteure ein. Mit bayernweit mehr als 2.000 Mitgliedern in den Gesundheitsforen und mit insgesamt knapp 5.000 beteiligten Akteuren in den Arbeitsgruppen ist eine starke regionale Vernetzung der maßgeblichen Akteure im Gesundheitswesen vor Ort gelungen. Durch sektoren- und berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit konnten passgenaue regionale Gesundheitsstrategien entwickeln werden und es sind eine Vielzahl bedarfsbezogener Projekte, Aktionen und Angebote in den Handlungsfeldern entstanden. Die Corona-Pandemie stellte eine Herausforderung für die Netzwerkarbeit dar, dennoch haben sich vor Ort etablierte Netzwerkstrukturen auch während der Pandemie als tragfähig erwiesen. Die von Landesseite geförderten Geschäftsstellen sollen nach derzeitigen Planungen gesetzlich verankert und eine Dienstaufgabe der Gesundheitsämter werden. Auf diesem Weg kann eine nachhaltige Struktur für Kooperation und Koordination geschaffen werden – diese werden auch bei zukünftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen förderlich sein.