Untersuchungsergebnisse Ergotalkaloide ab 2016 (Stand 31.12.2022)

Ergotalkaloide sind Schimmelpilzgifte (Mykotoxine), die in Mutterkorn enthalten sind und in Getreide vorkommen können, wenn diese von Pilzen der Familie Claviceps befallen werden. Die Belastung von Getreide mit Mutterkorn bzw. Ergotalkaloiden, betroffen sind hier vor allem Roggenkörner und -mehl, ist stark von den Witterungsbedingungen abhängig und kann insbesondere von Jahr zu Jahr stark schwanken. Besonders in feuchten Jahren steigt die mögliche Belastung an [1, 2].
Es ist zu beachten, dass alle nachfolgend aufgeführten Daten nach Probenahmedatum zusammengefasst wurden und nicht nach Erntejahren. Getreide eines Erntejahres ist in der Regel von Juli bis Juni im Verkehr, so dass z. B. 2020 angebautes Getreide von Juli 2020 bis Juni 2021 angeboten werden kann. Dadurch ergibt sich eine gewisse Unschärfe in den Daten, wenn man die klimatischen Bedingungen der einzelnen Jahre in den Kontext mit den gefundenen Gehalten an Ergotalkaloiden bringen möchte.

In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse für Roggenkörner und Roggenmehl nach Probenahmejahr aufgeteilt zusammengefasst:

Roggenkörner und Roggenmehle 2016 - 2022 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
Anzahl Proben 231 34 23 17 44 22 36 55
Median [µg/kg] 12 3 2 22 19 3 17 20
Mittelwert [µg/kg] 128 55 52 91 229 124 120 142
90. Perzentil [µg/kg] 382 133 67 150 673 416 473 304
95. Perzentil [µg/kg] 764 180 165 289 961 682 626 713

In der Verordnung (EU) 2021/1399 vom 24.08.2021 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 hinsichtlich der Höchstgehalte an Mutterkorn-Sklerotien und Ergotalkaloiden in bestimmten Lebensmitteln [3] sind Höchstgehalte festgelegt, die seit dem 1. Januar 2022 gelten. Entsprechende Höchstgehalte bezüglich Ergotalkaloide befinden sich nunmehr in Anhang Abschnitt 2 Nr. 2.9.2 Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 [4]. Seit dem 25.05.2023 ist die Verordnung (EU) 2023/915 in Kraft und ersetzt die Verordnung (EG) 1881/2006. Die Höchstgehalte für Ergotalkaloide finden sich jetzt unter Nr. 1.8.2 des Anhangs I der Verordnung (EU) 2023/915 [5]. Für Roggen, der für den Endverbraucher in Verkehr gebracht wird, und Roggenmahlerzeugnisse ist dort ein Höchstgehalt von 500 μg/kg (bis 30.06.2024, danach 250 μg/kg) angegeben.

Folgende Diagramme (Abbildungen 1 und 2) veranschaulichen die statistischen Daten (Median, Mittelwert, 90. und 95. Perzentil) und die theoretischen Beanstandungsquoten bei Roggenkörnern und Roggenmehl mit den neuen Höchstgehalten (HG) sortiert nach Jahren:

Abbildung 1 zeigt die Ergotalkaloidgehalte aus den Jahren 2016 bis 2022 in Roggenkörnern und Roggenmehl. Dargestellt sind die Daten der einzelnen Jahre von 2016 bis 2022 und die zusammengefassten Daten seit 2016 bis 2022. Mit eingezeichnet sind der momentan gültige Höchstgehalt von 500 µg/kg für Roggen und Roggenmahlerzeugnisse und der ab 01. Juli 2024 niedrigere Höchstgehalt von 250 µg/kg. Angegeben sind jeweils der Median, der Mittelwert, das 90. Perzentil und das 95. Perzentil in µg/kg. Bei Betrachtung aller zusammengefasster Daten von 2016 bis 2022 liegt das 95. Perzentil über dem momentanen Höchstgehalt von 500 µg/kg bei etwa 750 µg/kg. Das 90. Perzentil liegt unterhalb des momentanen Höchstgehalts, aber oberhalb des zukünftig niedrigeren Höchstgehalts von 250 µg/kg bei knapp unter 400 µg/kg. Der Mittelwert liegt bei knapp 100 µg/kg und der Median bei 12 µg/kg. In den Jahren 2016 und 2017 lagen alle vier mathematischen Kenndaten unterhalb von 250 µg/kg. Im Jahr 2018 lag nur das 95. Perzentil knapp über dem niedrigeren Höchstgehalt bei knapp unter 300 µg/kg. Seit 2019 lag das 95. Perzentil über dem momentanen Höchstgehalt, wobei 2019 das 95. Perzentil mit circa 950 µg/kg am höchsten war. Das 90. Perzentil lag nur 2019 über 500 µg/kg bei circa 650 µg/kg. In den Jahren 2020 bis 2022 lag das 90. Perzentil zwischen dem höheren und dem niedrigeren Höchstgehalt. Der Mittelwert und der Median lag in jedem Jahr unterhalb des niedrigeren Höchstgehalts, wobei der Median nie höher als 22 µg/kg war.

Abbildung 1: Ergotalkaloidgehalte aus den Jahren 2016 bis 2022 in Roggenkörnern und Roggenmehl, sortiert nach Probenahmedatum, im Vergleich zu den Höchstgehalten (HG) 500 µg/kg und 250 µg/kg

Abbildung 2 veranschaulicht die theoretischen Beanstandungsquoten nach den neuen Höchstgehalten für Roggenkörner und Roggenmehle jeweils für die Jahre 2016 bis 2022 und zusammengefasst für alle Proben aus den Jahren 2016 bis 2022. Für alle Proben aus diesen Jahren ergibt sich mit dem höheren Höchstgehalt eine theoretische Beanstandungsquote von 7,8%. Mit dem niedrigeren Höchstgehalt läge die Beanstandungsquote bei 14,7%. In den einzelnen Jahren läge die Beanstandungsquote für beide Höchstgehalte in den Jahren 2016 und 2017 unter 5%, im Jahr 2018 knapp über 5%. Im Jahr 2019 lagen die theoretischen Beanstandungsquoten um einiges höher, beim höheren Höchstgehalt bei 11,4% und beim niedrigeren Höchstgehalt bei 29,5%. In den Jahren 2020 bis 2022 lag die theoretische Beanstandungsquote beim höheren Höchstgehalt bei 9,1%, 11,1% und 7,3% und beim niedrigeren Höchstgehalt bei 13,6%, 13,9% und 18,2%.

Abbildung 2: Theoretische Beanstandungsquoten nach den neuen Höchstgehalten für Roggenkörner und Roggenmehle, sortiert nach Probenahmejahr von 2016 bis 2022.

In diesen Abbildungen sind die starken Schwankungen je nach Jahr gut zu erkennen. Vor allem im Jahr 2019 waren die Gehalte auffällig, dies deutet auf günstige Witterungsbedingungen für den Pilz Claviceps purpurea in diesem Jahr und dem Jahr zuvor hin.

Andere Getreidearten werden auch routinemäßig auf Ergotalkaloide untersucht. Der Fokus liegt allerdings auf dem Getreide Roggen, das häufiger befallen ist. Das folgende Diagramm zeigt die Ergebnisse für die vier Getreidearten, die seit 01.01.2022 ebenfalls mit einem Höchstgehalt versehen sind. Auf Grund der deutlich geringeren Probenzahlen im Vergleich zu den Roggenkörnern und Roggenmehlen sind die Proben ab 2016 bis jetzt zusammengefasst.

Die sich ergebenden statistischen Daten (Median, Mittelwert, 90. und 95. Perzentil) werden in Abbildung 3 mit den geltenden Höchstgehalten von 150 bzw. 100 μg/kg (in Abhängigkeit vom Aschegehalt) sowie dem ab 01.07.2024 geltenden abgesenkten Höchstgehalt von 50 μg/kg verglichen. Die bisherigen Daten sprechen dafür, dass die Höchstgehalte bei diesen Getreidearten gut eingehalten werden können.

Abbildung 3 zeigt jeweils den Median, den Mittelwert, das 90. Perzentil und das 95. Perzentil der Ergotalkaloidgehalte in den Getreidesorten Weizen, Hafer, Dinkel und Gerste zusammengefasst aus den Jahren 2016 bis 2022. Alle vier genannten statistischen Kenndaten der vier Getreidesorten lagen unterhalb des ab 01.07.2024 geltenden niedrigen Höchstgehalts von 50 µg/kg für einen Aschegehalt unter 900 mg/100 g.

Abbildung 3: Ergotalkaloidgehalte aus den Jahren 2016 bis 2022 für die Getreidesorten Weizen, Hafer, Dinkel und Gerste im Vergleich zu den Höchstgehalten

Da die Belastung je nach Wetterbedingungen in jedem Jahr wieder sehr unterschiedlich sein kann, untersucht das LGL auch weiterhin jährlich Getreide auf Ergotalkaloide. Am LGL werden zudem auch Backwaren wie z.B. Roggen- oder Weizenmischbrote auf Ergotalkaloide untersucht.

Quellen

  1. Einzelfallbewertung von Ergotalkaloid-Gehalten in Roggenmehl und Roggenbroten, Stellungnahme Nr. 024/2013 des BfR vom 7. November 2012, aktualisiert am 28.08.2013 (PDF, 273 KB).
  2. Handlungsempfehlungen zur Minimierung von Mutterkorn und Ergotalkaloiden in Getreide, BMEL, Max-Rubner-Institut, 2014 (PDF, 520 KB).
  3. Verordnung (EU) 2021/1399 der Kommission vom 24. August 2021 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 hinsichtlich der Höchstgehalte an Mutterkorn-Sklerotien und Ergotalkaloiden in bestimmten Lebensmitteln (ABl. L 301 vom 25. August 2021, S. 1-5).
  4. Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln (ABl. L 364 S. 5), zuletzt geändert durch Art. 1 VO (EU) 2023/465 vom 3.3.2023 (ABl. L 68 S. 51).
  5. Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 (ABl. L 119 S. 105).