EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli-Bakterien)

Was versteht man unter EHEC?

Im menschlichen Darm kommen EHEC - Bakterien normalerweise nicht vor. Das natürliche Reservoir für diese Keime sind Rinder und andere Wiederkäuer (z. B. Schafe, Ziegen, Rehe, Hirsche), bei denen EHEC im Darm und damit im Kot vorkommen können, ohne dass die Tiere erkranken. Auch bei Schweinen, Katzen, Hunden, Geflügel und wild lebenden Vögeln wurden diese Erreger nachgewiesen. Die Erreger können vom Tier bzw. über Lebensmittel, die vom Tier stammen, auf den Menschen übertragen werden. Außerdem kann der Keim von Mensch zu Mensch übertragen werden, wenn bei einer Erkrankung mit EHEC nicht ausreichend auf die Hygiene geachtet wird.

Das Bakterium Escherichia coli (E. coli) ist ein Bewohner im Darm von Mensch und Tier. In jedem Gramm Stuhl bzw. Kot befinden sich mehrere Millionen dieser Kolibakterien. Sie erfüllen wichtige Aufgaben, in dem sie Nährstoffe spalten und für die Abwehr von Krankheitserregern sorgen.

Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) stellen eine Sonderform der Kolibakterien dar. Diese Form kann, im Gegensatz zu normalen E. coli, Giftstoffe, sog. Toxine, produzieren. Diese Giftstoffe werden im Darm freigesetzt und können Krankheiten auslösen.

Welche Erkrankungen können EHEC-Bakterien auslösen?

Eine Infektion mit EHEC kann symptomlos verlaufen, wobei der Erreger über 1-3 Wochen, selten über längere Zeit ausgeschieden wird. Während dieser Zeit können bei unzureichender Hygiene andere Menschen angesteckt werden.
Treten Symptome auf, kommt es meist nach einer Inkubationszeit von ca. 2 bis 10 Tage (durchschnittlich 3 bis 4 Tage) zu Übelkeit, Erbrechen und leichten, wässrigen Durchfällen. Bei schwereren Krankheitsverläufen treten blutige Stühle und schmerzhafte Bauchkrämpfe auf.
Bei 5-10% der Erkrankten, insbesondere bei Kindern im Vorschulalter, entwickelt sich im Anschluss an die Darmbeschwerden (ca. einer Woche nach Beginn des Durchfalls) ein schweres Krankheitsbild. Es kann durch die Wirkung der EHEC-Gifte zu Blutarmut (verminderte Anzahl von roten Blutkörperchen), zu einer Gefäßschädigung mit Blutgerinnungsstörungen (verminderte Anzahl von Blutplättchen) und zu Nierenfunktionsstörungen kommen, dem sog. hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS), das in 1-5% der Fälle bei Kindern tödlich verläuft.
Auch nach dem Überstehen der akuten HUS-Symptomatik können schwere, bleibende Gesundheitsschäden (Bluthochdruck, Beeinträchtigung der Nierenfunktion) zurückbleiben.

Wie häufig treten EHEC-Erkrankungen auf?

In Bayern wurden in den letzten 10 Jahren (Meldejahre 2012-2021) durchschnittlich 262,5- EHEC- Erkrankungen pro Jahr gemeldet. Zu schweren Verläufen wie einem HUS kam es durchschnittlich in 14,6 Fällen pro Jahr, ganz überwiegend in der Altersgruppe 0-2 Jahre, gefolgt von Kindern im Alter von 3-6 Jahren Die meisten EHEC-Erkrankungen wurden ebenso meist bei kleinen Kindern (0-6 Jahre)registriert. Insgesamt waren etwas mehr Fälle weiblich (Stand SurvNet 25.07.2022).

Es kann auch zu Krankheitsausbrüchen kommen. Ein großer EHEC / HUS-Ausbruch fand 2011 in Deutschland statt. Ab Anfang Mai 2011 kam es zu einem gehäuften Auftreten des sogenannten HUS und blutigen Diarrhöen im Zusammenhang mit Infektionen durch enterohämorrhagische Escherichia coli des Serotyps O104:H4 mit Schwerpunkt in Norddeutschland. Der Ausbruch wurde am 25.07.2011 für beendet erklärt. Der Stand in Bayern zum Stichtag 25.07.2011 ist in der folgenden Grafik wiedergegeben.

Balkendiagramm der übermittelen HUS- und EHEC-Erkrankungen seit MEldewoche 19 nach Tag des Erkrankungsbeginns, Bayern 2011

Abbildung 2: Epidemiologische Ausbruchskurve Bayern HUS und EHEC nach Ausbruchsfalldefinition. (Datenstand 25.07.2011). Angaben zum Erkrankungsbeginn liegen für alle 22 HUS -Fälle und für 112 der 128 EHEC-Erkrankungen, die zum Ausbruch gezählt werden, vor.

Wie wird EHEC übertragen?

Als Ansteckungsmöglichkeiten kommen insbesondere in Frage:

Lebensmittel

Viele Nutztierarten können EHEC - Bakterien beherbergen oder ausscheiden, teilweise ohne selbst merkbar krank zu sein. Eine Infektion des Menschen erfolgt daher – insbesondere bei Ausbruchsgeschehen- häufig über Lebensmittel. Mögliche Infektionsquellen bei Übertragung durch Lebensmittel sind hierbei:

  • Verzehr von rohem oder unzureichend gegartem Fleisch sowie in nicht korrekt gereiften Rohprodukten (z. B. schnittfeste oder streichfähige Rohwürste). Kontaminationsmöglichkeiten bestehen auf allen Stufen der Produktion, insbesondere aber während des Schlachtvorganges.
  • Genuss von roher oder unzureichend erhitzter Milch. Bei der Milchgewinnung können die Erreger mit winzigen Kotpartikeln in die Rohmilch gelangen. Pasteurisierte Milch und entsprechende Milchprodukte sind dagegen primär frei von Krankheitserregern.
  • Auch pflanzliche Lebensmittel (z. B. Gemüse, Tee, Gewürze), die mit dem Dung landwirtschaftlicher Nutztiere oder dem Kot wildlebender Tiere verunreinigt sind, kommen als Infektionsquellen in Frage.
  • Vereinzelt sind im Ausland auch Infektionen durch fäkal verunreinigtes Trink- und Badewasser beobachtet worden.

Tierkontakte

Das Fell von Tieren, insbesondere von Rindern, Schafen, Ziegen ist häufig mit Kot verunreinigt. Durch Berühren und Streicheln der Tiere können dann EHEC-Bakterien auf die Hände und von dort direkt oder über Lebensmittel in den Mund gelangen.

Übertragung von Mensch zu Mensch

Im Unterschied zu anderen bakteriellen Erregern von Durchfallserkrankungen spielt bei EHEC-Bakterien aufgrund ihrer geringeren Infektionsdosis (unter 100 EHEC -Bakterien sind ausreichend; zum Vergleich: Salmonellen: 104-106 Bakterien) die Möglichkeit einer direkten Übertragung von Mensch zu Mensch durch Schmierinfektion eine größere Rolle. So können EHEC-Bakterien, die mit dem Stuhl ausgeschieden werden und sich bei mangelhafter Hygiene auf Händen oder Gegenständen (Spielzeug, Handtücher) befinden können, beispielsweise innerhalb von Toilettengemeinschaften (z. B. in Familien oder Kindergärten) oder bei der Pflege von Kranken (z. B. beim Wickeln erkrankter Säuglinge) übertragen werden.

Gibt es eine Therapie?

Eine antibiotische Behandlung von EHEC -Infektionen ist problematisch. Es wurde beobachtet, dass die Abtötung oder Schädigung der Erreger durch Antibiotika verstärkt EHEC - Giftstoffe freisetzt und das Krankheitsbild verschlimmern kann.
Bei massiven Durchfällen ist der Ausgleich des Salz- und Flüssigkeitsverlustes die wichtigste therapeutische Maßnahme. Schwere Krankheitsverläufe sind im Krankenhaus zu behandeln, damit auftretende Komplikationen, insbesondere bei empfindlichen Personen (Säuglinge, Kleinkinder, alte Menschen, abwehrgeschwächte Personen), rechtzeitig erkannt und behandelt werden können.
Informationen zur Therapie von HUS finden sich u. a. auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie.

Wie schütze ich mich vor EHEC?

Eine Schutzimpfung gibt es nicht.

Da eine Therapie mit Antibiotika problematisch ist, sind Maßnahmen zur Vermeidung einer Infektion um so wichtiger. Durch das Einhalten von einfachen, aber wirkungsvollen hygienischen Grundregeln kann man das Risiko einer EHEC-Infektion und anderer Darminfektionen drastisch reduzieren.

Deshalb:

  • Verzichten Sie bei der Ernährung vorsorglich auf Rohmilch, -produkte, rohes oder nicht ausreichend erhitztes Fleisch sowie nicht ausreichend erhitzte, ungereifte Wurstwaren (z. B. Zwiebelmettwurst), wenn sich Säuglinge, Kleinkinder, alte oder kranke Menschen in Ihrem Haushalt befinden. An die Gewinnung von Vorzugsmilch werden besondere hygienische Anforderungen gestellt. Mit Sicherheit ausgeschlossen wird das Vorhandensein von EHECallerdings nur durch ausreichende Erhitzung (Abkochen). In Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung ist eine derartige Behandlung auch für Vorzugsmilch vorgeschrieben.
  • Rohes Fleisch wegen der Gefahr der Bakterienübertragung nicht in Kontakt mit anderen Lebensmitteln bringen.
  • Das bei der Fleischzubereitung verwendete Küchengeschirr und die Arbeitsflächen einschließlich der Schneidebretter sorgfältig reinigen, bevor sie für weitere Küchenarbeiten verwendet werden.
  • Hände regelmäßig gründlich waschen, insbesondere nach jedem Toilettenbesuch, vor der Küchenarbeit, nach dem Hantieren mit rohem Fleisch, vor dem Essen und nach Umgang mit Tieren.
  • Kinder beim Umgang mit Tieren (z. B. auf dem Bauernhof oder im Streichelzoo) beaufsichtigen, um zu verhindern, dass die Kinder dabei Finger in den Mund nehmen oder gleichzeitig essen.