Tollwut-Monitoring

Die Tollwut ist eine weltweit gefürchtete Zoonose und wird durch Viren des Genus Lyssavirus, Familie Rhabdoviridae, ausgelöst. Seit September 2008 ist die Bundesrepublik Deutschland nach den Kriterien der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) frei von klassischer bzw. terrestrischer Tollwut. Diese war in Deutschland primär mit dem Reservoirwirt Rotfuchs assoziiert und wird durch das Rabiesvirus (RABV) verursacht. Deutschlandweit wurde seit den letzten Nachweisen Anfang des Jahres 2006 kein RABV-infizierter Fuchs mehr gefunden.
Die nach wie vor präsente "Fledermaustollwut" dagegen betrifft vorrangig verschiedene Fledermausspezies und wird durch weitere, mit RABV verwandte, aber genetisch unterscheidbare Viren des Genus Lyssavirus ausgelöst. Bei einer Übertragung auf den Menschen ist jedoch prinzipiell von der gleichen zoonotischen Gefahr auszugehen, wie sie von RABV-Infektionen bekannt ist.

Aktuelle Strategien und Ergebnisse des Tollwut-Monitorings

Gegenwärtig basiert in Bayern die Überwachung der Tierpopulationen auf Infektionen mit Lyssaviren auf drei Strategien:

  • Die klassische Tollwut in der Wildtierpopulation wird gemäß der Tollwut-Verordnung, die 2010 dem Freiheits-Status angepasst worden war, anhand von Indikatortieren überwacht. Seit den für Bayern letzten Fällen im Jahr 2001 ist am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) keine RABV-Infektion mehr bei einem Wildtier diagnostiziert worden, obwohl regelmäßig Proben von verendet aufgefundenen oder als auffällig erlegten Füchsen sowie von weiteren Wildtierspezies, beispielsweise Reh, Marder oder Dachs, untersucht werden.
  • Das LGL untersucht Proben von Haus- und Nutztieren nach klinischer Indikation auf Lyssavirus-Infektionen. Um Deutschland weiterhin frei von der klassischen bzw. terrestrischen Tollwut zu halten, ist das Einhalten der Vorschriften für die Verbringung von Heimtieren laut Verordnung (EU) Nr. 576/2013, insbesondere von Hunden und Katzen, absolute Pflicht. Beide seit 2008 am LGL diagnostizierten klassischen Tollwut-Erkrankungen betrafen nicht korrekt importierte Tiere. Im Jahr 2010 war ein RABV-infizierter Welpe aus Bosnien-Herzegowina nach Bayern gebracht worden, im Jahr 2013 ein weiterer aus Marokko. In beiden Fällen konnte über vergleichende Analysen der Genom-Sequenzen das ursächliche Virus klar den Ursprungsländern zugeordnet werden. Eine Ausbreitung der Infektion auf weitere Tiere wurde ebenfalls ausgeschlossen.
  • Schließlich untersucht das LGL seit 2012 verstärkt auch tot aufgefundene und aufgrund schlechter Prognose euthanasierte Fledermäuse auf das Vorliegen einer Lyssavirus-Infektion.

Monitoring auf Fledermaustollwut

Aus Bayern lagen bis 2012 keine Daten über das Vorkommen von Lyssaviren in Fledermäusen vor. Die Anzahl der untersuchten Fledermäuse war für eine Risiko- oder Prävalenzabschätzung zu gering.

Im Rahmen eines Ende 2011 am LGL initiierten Projektes wurde daher zunächst das Probenkontingent am LGL in Zusammenarbeit mit dem LfU und den beiden Koordinationsstellen für Fledermausschutz in Bayern erhöht. Seither werden jährlich ca. 100 bis 200 in Bayern heimische Fledermäuse untersucht (Untersuchungsergebnisse 2015 – 2023). Im Rahmen dieser Untersuchungen wies das LGL bisher in sieben Fällen eine Infektion mit einem Fledermaus-Lyssavirus nach. Zunächst wurden die selteneren Lyssaviren EBLV-2 und Bokeloh Bat Lyssavirus (BBLV) detektiert. Im Mai 2015 wurde dann auch in Bayern das European Bat Lyssavirus 1 (EBLV-1) nachgewiesen, das sonst in Deutschland als häufigstes Fledermaustollwut-Virus einzuordnen ist. Fünf der sieben am LGL bisher mit Tollwut diagnostizierten Tiere zeigten Symptome einer Infektion des Zentralen Nervensystems, wie auffälliges Beißverhalten, Aggression, Zittern der Flügel oder unkoordinierte Bewegungen, bevor sie verendeten bzw. aufgrund schlechter Prognose euthanasiert werden mussten.

Die Ergebnisse zeigen, dass die am LGL in den letzten Jahren eingesetzten Strategien der Tollwutüberwachung sinnvoll und zielführend sind. Es wird erneut deutlich, dass die Kommunikation der Vorschriften für die Verbringung von Heimtieren nach Deutschland und die amtliche Überwachung des Tierverkehrs essenzielle Präventionselemente sind. Zudem wurde gezeigt, dass auch in Bayern in Einzelfällen mit Fledermaustollwut gerechnet werden muss. Gegen Fledermaustollwut gibt es eine wichtige und zugleich sicher vor Infektion schützende Präventivmaßnahme: Fledermäuse sollten ohne entsprechende Fachkenntnis und Schutz nicht angefasst werden.

Die Koordinationsstellen für Fledermausschutz am LfU stellen weitere Informationen wie z.B. einen Leitfaden zur Sanierung von Fledermausquartieren und zu Kontaktpersonen in den Landkreisen bereit. Die ehrenamtlichen Fledermausbetreuer stehen im Bedarfsfall als kompetente Ansprechpartner zur Verfügung.

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