Bayerische Prüfstelle für Schutzgüter

Signet Jahresbericht 2021/22

Hintergrund

Anfang Mai 2020 wurde per Ministerratsbeschluss das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) beauftragt beim LGL eine Prüfstelle für Schutzgüter (BayPfS) aufzubauen, um durch schnelle und unabhängige eigene Prüfmöglichkeiten die Prüfkapazitäten für einen nachhaltigen Schutz der Bevölkerung zu ergänzen sowie einen wesentlichen Beitrag zur Marktbereinigung von nicht konformen und somit mangelhaften Schutzgütern zu leisten.
Damit war der Grundstein zur Bildung der BayPfS unter dem Dach der bereits seit den 1990-er Jahren existierenden Geräteuntersuchungsstelle des LGL gelegt.
Unter Schutzgütern werden Persönliche Schutzausrüstungen (PSA) subsumiert, die gemäß geltender Arbeitsschutzregelungen insbesondere für das medizinische Fachpersonal u. a. für einen wirksamen Infektionsschutz benötigt werden. Die Produktion und Vermarktung dieser Produkte ist seit Jahren durch europäisches Recht geregelt. Als Schutzgüter gelten:

  • Atemschutzmasken (Klasse FFP2, FFP3)
  • Schutzhandschuhe
  • Schutzkleidung sowie
  • Schutzbrillen und Gesichtsschutzvisiere

Schutzgüter

Atemschutzmasken (Klasse FFP2, FFP3)

In einem ersten Schritt hat das LGL Prüfequipment für die Prüfung von Atemschutzmasken angeschafft (Abbildungen 1 und 2). Wesentliche Kriterien für die technische Überprüfung in der BayPfS waren die Feststellung der Filterleistung und der Atemwiderstände (Einatmen und Ausatmen). Der Durchlassgrad (1 – Filterleistung) bei den Atemschutzmasken wurde mithilfe von Prüfaerosolen getestet. Der normativ zulässige Grenzwert für den maximalen Durchlassgrad bei FFP2-Masken beträgt 6 %.

Als Prüfaerosole sind zwei Aerosole normativ geregelt. Einerseits wird Paraffinöl verwendet, um den Belastungen in der Arbeitswelt wie z.B. Lackierereien gerecht zu werden. Andererseits wird Natriumchlorid-Lösung verwendet, um die geringen Partikelgrößen von Bakterien oder Viren nachzubilden. Dazu war die Beschaffung unterschiedlicher Prüfgeräte erforderlich.

Ab September 2020 war die BayPfS in der Lage, in diesem Bereich die erforderlichen validierten Prüfungen bzw. Prüfverfahren durchzuführen. In den Hochzeiten der Maskenprüfungen waren bis zu vier Prüfgeräte unterschiedlicher Hersteller im Einsatz. Damit konnten die erzielten Messwerte sehr gut verglichen und die Ergebnisse valide dargestellt werden. Auch nahm die BayPfS diesbezüglich an Ringversuchen teil, wobei die erzielten Prüfergebnisse bisher nicht zu einer Beanstandung führten und somit einen guten Vergleich zu anderen Prüforganisationen darstellen.

Schutzhandschuhe

Der nächste Schritt zum Aufbau der BayPfS war die Etablierung der Prüfung von Schutzhandschuhen inkl. der Virendichtheit, die als PSA in Verkehr gebracht werden.
In den normativen Vorgaben ist festgelegt, dass Schutzhandschuhe dicht sein müssen. Hier konnte mit einfachen Mitteln eine „Eigenbaulösung“ zum effizienten Testen von Schutzhandschuhen auf Dichtigkeit geschaffen werden. Dabei wurden Handschuhe stichprobenhaft chargenrein einer Wasserdichtigkeitsprüfung unterzogen (Abbildung 3). Wurde ein Handschuh der Charge während der Prüfung undicht, ist die gesamte Charge verworfen worden. Das LGL war die erste Einrichtung, die Wareneingangskontrollen an dieser Art Schutzhandschuhen durchgeführt hat. Hierdurch konnten vereinzelt Probleme bei der Fertigung von Schutzhandschuhen seitens der BayPfS festgestellt werden.

Ergänzt wurde diese Wasserdichtigkeitsprüfung durch weitere Prüfungen wie Durchstichfestigkeit mittels einer Zug-Druckmaschine oder auch einer Zugprüfung, die ebenfalls auf dieser Zug- Druckmaschine durchgeführt wurde (Abbildung 4).

Zusätzlich wurden Prüfmöglichkeiten geschaffen, um die Chemikalienbeständigkeit der Zusätzlich wurden Prüfmöglichkeiten geschaffen, um die Chemikalienbeständigkeit der PSA-Schutzhandschuhe zu prüfen (Abbildung 5).

Abbildung 5 zeigt den Versuchsaufbau und verwendeten Geräte im Labor zur Permeationsprüfung bei PSA-Schutzhandschuhen.

Abbildung 5: Permeationsprüfung bei PSA-Schutzhandschuhen

Schutzkleidung

Die Etablierung der Prüfung gestaltete sich wesentlich schwieriger, da insbesondere in diesem Bereich kein Prüfequipment „von der Stange“ zur Verfügung stand, so dass ein Teil des Prüfequipments entsprechend den normativen Vorgaben gefertigt werden musste.
Nach ersten Anlaufschwierigkeiten ist es jedoch auch hier gelungen, entsprechende Belastungsprüfungen für Schutzkleidung zu schaffen, um die Vorgaben der einschlägigen Normen inkl. der Virendichtheit zu prüfen.

Beginnend mit einer Belastungsprüfung mittels Reibung zur Vorbehandlung der Proben (Abbildung 6), können zwei Varianten der Materialdichtigkeitsprüfung genutzt werden, die Vorgaben für die vorgegebenen Leistungsklassen von Schutzkleidung zu prüfen (Abbildung 7).

Ergänzt wird dies durch Tests zur Weiterreißfestigkeit und Durchstichfestigkeit des Materials (Textils), wobei auch hier die bereits angesprochene Zug-Druckmaschine zum Einsatz kommt (Abbildung 8). Des Weiteren wurden Prüfmöglichkeiten zur Bestimmung der Brandfestigkeit des verwendeten Materials (Textils) etabliert (Abbildung 9).

Abbildung 9: Flammfestigkeitsprüfung
an Schutzkleidung

Schutzbrillen und Gesichtsschutzvisiere

Nach ersten Erkenntnissen aus der Pandemie lag in diesem Bereich nicht der große Fokus bzw. es waren keine großen Probleme bei den diesbezüglich auf dem Markt befindlichen Produkten bekannt, sodass die Prüfung von Schutzbrillen und Gesichtsschutzvisieren sich noch im Aufbau befindet.

Ausblick in die Zukunft

Die Prüfmöglichkeiten der BayPfS stellen selbst im Bereich der PSA nur einen Bruchteil des Aufgabenspektrums der Geräteuntersuchungsstelle dar. Durch die nun geschaffenen Prüfmöglichkeiten haben sich die Gesamtmöglichkeiten der Geräteuntersuchungsstelle auch im Bereich PSA somit erheblich erweitert. Darüber hinaus kann festgestellt werden, dass Prüfequipment für den PSA-Bereich (z. B. Zug-Druck-Maschine) auch in anderen Bereichen (z. B. Festigkeitsprüfungen von Spielzeug, etc.) eingesetzt werden kann (Abbildung 10).

Die Geräteuntersuchungsstelle verkörpert die Servicestelle für die Bayerische Gewerbeaufsicht (Marktüberwachungsbehörde im Bereich non-food), um in allen Bereichen der technischen Sicherheit Prüfungen hinsichtlich der Verkehrsfähigkeit bzw. der Konformität dieser Produkte unabhängig durchzuführen.
Nach einer pandemiebedingten Konzentration auf Schutzgüter bietet die Geräteuntersuchungsstelle wieder das ganze Prüfspektrum an. Beispielhaft seien hier die Belange der elektrischen Sicherheit, der Spielzeugsicherheit oder auch die Belange des Energieverbrauchs elektrischer Produkte genannt.