Überprüfung der geografischen Herkunft bei verarbeitetem Rindfleisch

Signet Jahresbericht 2021/22

Hintergrund und Methodik

Die in der Europäischen Union vorgeschriebene einheitliche Rindfleischetikettierung sieht vor, dass bei verpacktem Fleisch auf dem Etikett angegeben wird, in welchem Land bzw. Ländern die Tiere geboren, aufgezogen und geschlachtet wurden (EU-Verordnung 1760/2000). Diese Herkunftskennzeichnung muss nur dann angegeben werden, wenn es sich um unverarbeitetes Rindfleisch und Rinderhackfleisch handelt.

Seit 2012 untersucht das LGL unverarbeitetes Rindfleisch mittels Stabilisotopenanalyse (Abbildung 1). Dazu wird aus dem homogenisiertem Rindfleisch nach Gefriertrocknung und anschließender Fettextraktion die fettfreie Trockenmasse und das Fett isoliert. Des Weiteren wird mittels Gefriertrocknung der Wasseranteil aus dem homogenisierten Rindfleisch gewonnen. In den isolierten Matrices (fettfreie Trockenmasse, Fett und Wasseranteil) werden die Isotopenverhältnisse der Elemente (H, O, C, N, S) nach Verbrennung in einem Elementaranalysator massenspektrometrisch bestimmt und anschließend statistisch ausgewertet.

In der Abbildung 1 ist die Aufarbeitung, Messung und Auswertung von Rindfleischproben schematisch dargestellt. Die Abbildung ist vertikal in drei Teile aufgeteilt. Der Linke Teil der Abbildung ist mit Aufarbeitung überschrieben. Im oberen Bereich dieses Teils ist ein Foto einer Gefriertrocknungsanlage abgebildet, mit der der Wasseranteil aus dem Rindfleisch isoliert wird. Im unteren Bereich ist ein Foto mit einer anderen Gefriertrocknungsanlage abgebildet, mit der die Trockenmasse aus dem Rindfleisch isoliert wird. Neben dem Foto ist ein Pfeil nach rechts zu einer grafischen Abbildung einer Soxhlet-Apparatur, mit der aus der Trockenmasse der Fettanteil isoliert wird. Daneben befindet sich zwei weitere Pfeile nach rechts. Der mittlere Teil der Abbildung ist mit Einwiegen und Messen überschrieben und es befinden sich zwei Fotos darunter. Das obere Foto zeigt eine Waage und einen Spatel, auf dem sich das messfertige Probenmaterial (Pulver der fettfreien Trockenmasse) befindet. Das untere Foto zeigt einen Ausschnitt des Labors mit einem Messgerät (Elementaranalysator) im Vordergrund. Der rechte Teil der Abbildung ist mit Auswertung überschrieben und darunter befinden sich zwei Ausschnitte aus einer statistischen Auswertesoftware, eine Tabelle und ein Diagramm. Bild vergrössern

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Aufarbeitung, Messung und Auswertung von Rindfleischproben.

Die Isotopenverhältnisse von Wasserstoff und Sauerstoff stehen in engem Zusammenhang zu den vorherrschenden klimatischen Bedingungen und können charakteristisch für eine bestimmte geografische Herkunft sein. Die Stickstoff-, Kohlenstoff- und Schwefel- Isotopenverhältnisse werden dagegen überwiegend durch die aufgenommene Nahrung beeinflusst. Die Grundlage der Herkunftsüberprüfung mittels Stabilisotopenanalyse ist der Vergleich von Referenzproben bekannter Herkunft mit der zu überprüfenden Probe. Eine sichere Bestimmung der geografischen Herkunft ist möglich, wenn sich die Isotopenverhältnisse der geografischen Herkünfte deutlich voneinander unterscheiden und wenn eine ausreichende Anzahl von Vergleichsdaten vorliegen.

Mit der Diskriminanzanalyse kann gezeigt werden, wie stark die einzelnen Isotopenverhältnisse untereinander zusammenhängen. Dafür werden auf der Grundlage von erhobenen Werten (hier die bestimmten Isotopenverhältnisse) die sogenannten Diskriminanzfunktionen bestimmt, mit der die Gruppen entsprechend der Merkmale getrennt werden. In der Abbildung 2 ist das Ergebnis der Diskriminanzanalyse als Streudiagramm mit den Diskriminanzfunktionen 1 und 2 dargestellt. Die Rindfleischproben mit der gleichen Herkunft sind jeweils in einer Gruppe zusammengefasst, die mit einer der Herkunft entsprechenden farbigen Ellipse umrandet sind. Die Proben der untersuchten Herkunft bilden jeweils eine Gruppe, die von den anderen Gruppen deutlich voneinander getrennt sind. Die Schwefel- und Sauerstoff-Isotopenverhältnisse korrelieren mit der Funktion 1, was die Trennung der Proben Rindfleisch aus Deutschland und den USA von denen aus Brasilien, Uruguay, Argentinien und Südamerika erklärt. Bei der Funktion 2 korrelieren die Kohlenstoff- und Schwefel-Isotopenverhältnisse. Diese erklären zusammen die Trennung der Proben Rindfleisch aus den USA von denen aus Deutschland, Irland, Brasilien, Uruguay, Argentinien und Südamerika. Die Kombination der Isotopenverhältnisse von Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff und Schwefel erlaubt es, Rindfleisch aus Deutschland von Rindfleisch aus den USA, Südamerika, Argentinien, Brasilien und Uruguay zu unterscheiden.

In der Abbildung 2 ist das Streudiagramm der Diskriminanzanalyse von unverarbeiteten Proben Rindfleisch der Jahre 2012 - 2020 mit unterschiedlicher geografischer Herkunft dargestellt. Die X-Achse ist mit Funktion 1 (Schwefel, Sauerstoff) und die Y-Achse mit Funktion 2 (Kohlenstoff, Schwefel) bezeichnet. Jede untersuchte Probe hat eine Markierung. Proben mit einer Herkunft sind als farbige Punkte dargestellt. Blaue Punkte haben Proben aus Deutschland, gelbe die aus Irland, beige die aus den USA, rote die aus Argentinien, violette die aus Südamerika, hellgrüne die aus Uruguay und grüne die aus Brasilien. Die Rindfleischproben mit der gleichen Herkunft sind jeweils in einer Gruppe zusammengefasst, die jeweils mit einer der Herkunft entsprechenden farbigen Ellipse umrandet sind. Die Proben der untersuchten Herkunft bilden jeweils eine Gruppe, die von den anderen Gruppen deutlich voneinander getrennt sind.Bild vergrössern

Abbildung 2: Diskriminanzanalyse von unverarbeiteten Proben Rindfleisch unterschiedlicher geografischer Herkunft (Daten aus den Jahren 2012 - 2020).
(N: Anzahl der Proben)

Zubereitetes, z.B. mariniertes Rindfleisch, fällt nicht unter die Kennzeichnungspflicht, da es sich aufgrund des Marinierens um ein verarbeitetes Produkt handelt. Dem steigenden Interesse der Verbraucher an der geografischen Herkunft der Lebensmittel, kommen Lebensmittelproduzenten nach, indem sie freiwillig Angaben zur Herkunft des Fleisches in verarbeiteten Produkten machen. Verbraucher haben somit die Möglichkeit, sich auch bei mariniertem Rindfleisch über die geografische Herkunft zu informieren und das Erzeugnis mit ihrer bevorzugten geografischen Herkunft zu kaufen.

Abbildung 3 besteht aus einem Foto, das ein mariniertes Rindersteak und einen tiefgefrorenen Burger zeigt.

Abbildung 3: Fotos von einem marinierten Rindersteak (links) und einem tiefgefrorenen Burger (rechts). © LGL

Ergebnisse

Im Jahr 2021 untersuchte das LGL 28 Proben verarbeitetes Rindfleisch aus dem Einzelhandel. Bei 20 Proben handelte es sich um Burger-Pattys und bei acht Proben um marinierte Fleischstücke. Die geografische Herkunft des Rindfleisches war bei 15 Proben mit Deutschland, bei vier mit Irland, bei zwei mit Argentinien, bei zwei mit Südamerika und bei zwei mit USA angegeben. Bei drei Proben fehlte die Angabe der Herkunft.
Die statistische Auswertung erfolgte zunächst nur mit den Daten der verarbeiteten Rindfleischproben (Abbildung 4). Die Sauerstoff- und Wasserstoff-Isotopenverhältnisse korrelieren mit der Funktion 1, was die Trennung der Proben Rindfleisch aus Deutschland und den USA von denen aus Irland, Argentinien und Südamerika erklärt. Bei der Funktion 2 korrelieren die Kohlenstoff- und Schwefel-Isotopenverhältnisse. Diese erklären zusammen die Trennung der Proben Rindfleisch aus den USA von denen aus Deutschland sowie Irland von denen aus Argentinien und Südamerika.

In der Abbildung 4 ist das Streudiagramm der Diskriminanzanalyse von verarbeiteten Proben Rindfleisch aus dem Jahr 2022 mit unterschiedlicher geografischer Herkunft dargestellt. Die X-Achse ist mit Funktion 1 (Sauerstoff, Wasserstoff) und die Y-Achse mit Funktion 2 (Schwefel, Kohlenstoff) bezeichnet. Jede untersuchte Probe hat eine Markierung. Proben mit einer Herkunft sind als farbige Punkte dargestellt. Die Rindfleischproben mit der angegebenen Herkunft Deutschland sind in einer Gruppe zusammengefasst, die mit einer blauen Ellipse umrandet ist. In diese Gruppe fallen auch die Proben, bei denen keine Herkunft angegeben war. Proben mit der angegebenen Herkunft Irland sind in einer Gruppe zusammengefasst, die mit einer grünen Ellipse umrandet ist. Die beiden Proben aus den USA liegen eng beieinander. Ebenso jeweils die beiden Proben aus Argentinien und die beiden Proben aus Südamerika. Die Proben einer untersuchten Herkunft bilden jeweils eine Gruppe, die von den anderen Gruppen deutlich voneinander getrennt sind. Bild vergrössern

Abbildung 4: Diskriminanzanalyse von verarbeiteten Proben Rindfleisch (Untersuchungen aus dem Jahr 2022) unterschiedlicher geografischer Herkunft (N: Anzahl der Proben).

Im nächsten Schritt wurden die Daten der verarbeiteten Rindfleischproben zusammen mit denen der unverarbeiteten Rindfleischproben betrachtet, um einschätzen zu können, ob die Daten zusammen in einer Datenbank erfasst und ausgewertet werden können (Abbildung 5). Die verarbeiteten Rindfleischproben mit der angegebenen Herkunft Deutschland, Irland und den USA lassen sich jeweils zusammen mit den unverarbeiteten Rindfleischproben dieser Herkunftsländer gruppieren. Proben mit der angegebenen Herkunft Argentinien, Brasilien und Uruguay werden mit den Proben aus Südamerika zusammengefasst. Die beiden Proben verarbeitetes Rindfleisch mit der angegebenen Herkunft Argentinien liegen im Bereich der Gruppe Südamerika.
Die Art der Verarbeitung (Zerkleinern, Würzen, Marinieren) scheint keinen Einfluss auf die untersuchten Isotopenverhältnisse zu haben. Daher ist es möglich, verarbeitete und unverarbeitete Rindfleischproben zusammen in einer Datenbank zu erfassen und im Hinblick auf die Prüfung der geografischen Herkunft auszuwerten.

In der Abbildung 5 ist das Streudiagramm der Diskriminanzanalyse von unverarbeiteten Proben Rindfleisch der Jahre 2012 - 2020 und verarbeiteten Proben Rindfleisch des Jahres 2022 mit unterschiedlicher geografischer Herkunft dargestellt. Die X-Achse ist mit Funktion 1 (Schwefel, Sauerstoff) und die Y-Achse mit Funktion 2 (Kohlenstoff, Schwefel) bezeichnet. Jede untersuchte Probe hat eine Markierung. Unverarbeitete Proben mit einer Herkunft sind als farbige Punkte dargestellt. Verarbeitete Proben mit einer Herkunft sind als farbige Quadrate dargestellt. Die Rindfleischproben mit der angegebenen Herkunft Deutschland sind in einer Gruppe zusammengefasst, die mit einer blauen Ellipse umrandet ist. In diese Gruppe fallen auch die verarbeiteten Proben aus Deutschland und die, bei denen keine Herkunft angegeben war. Proben mit der angegebenen Herkunft Irland sind in einer Gruppe zusammengefasst, die mit einer gelben Ellipse umrandet ist. Auch hier befinden sich die verarbeiteten Proben aus Irland innerhalb dieser Ellipse. Proben mit der angegebenen Herkunft USA sind in einer Gruppe zusammengefasst, die mit einer beigen Ellipse umrandet ist. Die verarbeiteten Proben aus den USA liegen innerhalb dieser Ellipse. Die Rindfleischproben mit der angegebenen Herkunft Südamerika, Uruguay und Brasilien sind in einer Gruppe zusammengefasst, die mit einer violetten Ellipse umrandet ist. Die verarbeiteten Proben aus den Argentinien und Südamerika liegen innerhalb dieser Ellipse. Die Proben einer untersuchten Herkunft bilden jeweils eine Gruppe, die von den anderen Gruppen deutlich voneinander getrennt sind. Bild vergrössern

Abbildung 5: Diskriminanzanalyse von unverarbeiteten Proben Rindfleisch (2012 - 2020) und verarbeiteten Proben Rindfleisch (2022) unterschiedlicher geografischer Herkunft.

Fazit

Die Daten zeigen, dass die Stabilisotopenanalyse einen Beitrag zur Überprüfung der geografischen Herkunft bei verarbeitetem Rindfleisch leisten kann. Derzeit kann eine Probe mit auffälligen Analyseergebnissen im Hinblick auf die geografische Herkunftskennzeichnung nur als Verdachtsfall für weitere Ermittlungen an die Vollzugsbehörden abgegeben werden. Bei einer ausreichend großen Datenbasis wäre demnächst eine Beanstandung auch aufgrund der Analyseergebnisse alleine denkbar.
Die Untersuchungen sollen in den kommenden Jahren weitergeführt werden, um die Datenlage zu erweitern und um jährliche klimatische Unterschiede und mögliche Veränderungen bei den Produktionsmethoden erkennen zu können.

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