Phthalat-Belastung der Bevölkerung in Deutschland: Expositionsrelevante Quellen, Aufnahmepfade und Toxikokinetik am Beispiel von DEHP

Das genannte Projekt wird im Auftrag des Umweltbundesamtes vom Bundesinstitut für Risikobewertung Berlin (Federführung), dem Helmholtz Zentrum München und dem Sachgebiet Umweltmedizin des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit durchgeführt. Gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Toxikokinetik im Helmholtz Zentrum München führt dabei das Sachgebiet Umweltmedizin des LGL in einer Teiluntersuchung eine Toxikokinetikstudie zum Di(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP) durch.

Einleitung

Phthalate sind Ester der 1,2-Benzoldicarbonsäure (ortho-Phthalsäure) und sind seit über 40 Jahren im großtechnischen Einsatz. Aufgrund ihrer chemisch-physikalischen Charakteristika werden Phthalate, und insbesondere das DEHP (Abbildung 1), zu ungefähr 90 % als Weichmacher, insbesondere bei der Herstellung von Weich-PVC und anderen Polymerisaten, eingesetzt. Deshalb finden sie derzeit Anwendung in vielen Produkten der Medizin wie Infusions- und Dialysebeuteln, Handschuhen und Kontaktlinsen. Weitere Anwendungsbereiche sind der Einsatz als Dielektrikum in Kondensatoren, Entschäumer bei der Papierherstellung, Emulgatoren für Kosmetika, Hilfsstoffe in Pharmaka, Textilhilfsstoffe, Beschichtungssysteme, Formulierungsmittel in Pestiziden, Betonzusatzstoffe, in Klebstoffen, Farben/Lacken und Dichtungsmassen. Da DEHP ubiquitär gefunden wird, führt es zu einer unvermeidlichen Belastung der Allgemeinbevölkerung.

DEHP erwies sich im Tierexperiment als toxikologisch wirksamster Phthalsäureester mit den Hoden als empfindlichstem Organ. Auf die Reproduktionsorgane bezogene Wirkungen waren dabei abhängig von der Dosis und dem Alter der Versuchstiere, wobei sich juvenile Tiere am empfindlichsten zeigten. Bei dem sich entwickelnden Fetus steht eine antiandrogene Wirkung im Vordergrund. Diese Effekte von DEHP werden auf die Bildung seines primären Metaboliten, dem Mono-(2-ethylhexyl)phthalat (MEHP) zurückgeführt (siehe auch Abbildung 2). Zwei weitere DEHP-Metaboliten, Mono-(2-ethyl-5-hydroxyhexyl)phthalat (5OH-MEHP) und Mono-(2-ethyl-5-oxohexyl)phthalat (5oxo-MEHP), wirken nach in-vitro-Befunden embryotoxisch und antiandrogen.

Zielsetzungen des Projektes

MEHP, 5OH-MEHP und 5oxo-MEHP sind toxisch relevante DEHP-Metaboliten. Dementsprechend ist die Toxizität von DEHP direkt auf die innere Belastung durch diese Metaboliten zurückzuführen. Da die Datenlage hierzu ungenügend ist, soll die innere Belastung durch Ermittlung der Toxikokinetik von DEHP und relevanter Metaboliten im Blut von Probanden nach oraler Aufnahme einer definierten DEHP Menge bestimmt werden. Zusätzlich soll die Ausscheidung der Metaboliten im Urin gemessen werden, um eine Verknüpfung mit der inneren Belastung zu ermöglichen. Diese Vorgehensweise wird es erlauben, bei der Allgemeinbevölkerung anhand der Bestimmung von DEHP-Metaboliten im Urin auf die DEHP-Zufuhr und die innere Belastung zurückzuschließen.

Durchführung

In vitro soll untersucht werden, ob sich bei Verwendung von menschlichem Vollblut und Serum Unterschiede in den Konzentrationen der DEHP-Metaboliten MEHP, 5OH-MEHP, 5oxo-MEHP Mono-(2-carboxymethyl)hexylphthalat (2cx-MMHP) und Mono-(2-ethyl-5-carboxypentyl)phthalat (5cx-MEPP) ergeben. Dies soll einen validen Vergleich zwischen im Vollblut und im Serum erhobenen Daten ermöglichen.

Deuterium-markiertes DEHP soll einmalig oral an mindestens 4 männliche Probanden als Emulsion verabreicht werden. Im Zeitraum vor und nach der Verabreichung sollen Blutproben entnommen und Urinproben gesammelt werden. Die Blut- und Urinproben sollen auf die Ausgangssubstanz und verschiedene freie und mit Glukuronsäure konjugierte primäre und sekundäre Metabolite untersucht werden.

Abbildung 1: Strukturformel des Di-2-ethylhexylphthalat (DEHP)

Strukturformel des Di-2-ethylhexylphthalat (DEHP)


Abbildung 2: Metabolismus des Di-2-ethylhexylphthalat (DEHP) in Säugetieren (MEHP: Mono-2-ethylhexylphthalat)

Metabolismus des Di-2-ethylhexylphthalat (DEHP) in Säugetieren (MEHP: Mono-2-ethylhexylphthalat)

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