Acrylamid in Lebkuchen – Untersuchungsergebnisse des LGL 2017 vor dem Hintergrund der neuen Acrylamid-Verordnung der EU

Am 21.11.2017 veröffentlichte die Europäische Union in ihrem Amtsblatt die Verordnung (EU) 2017/2158 zur Festlegung von Minimierungsmaßnahmen und Richtwerten für die Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln; sie gilt ab dem 11. April 2018. Damit erhält die Lebensmittelüberwachung einen neuen gesetzlichen Rahmen zur Beurteilung von Produkten hinsichtlich ihres Acrylamidgehalts.

Acrylamid entsteht insbesondere beim starken Erhitzen in zahlreichen kohlenhydratrei-chen Lebensmitteln, wie z. B. Backwaren oder Pommes frites. Dieser Vorgang ist nicht zu vermeiden und findet auch bei der Zubereitung von Lebensmitteln im Haushalt statt. Acrylamid ist ein Reaktionsprodukt aus natürlichen Lebensmittelinhaltsstoffen, nämlich reaktiven Zuckern (wie z. B. Trauben- und Fruchtzucker) und der häufig und vielen Le-bensmitteln vorkommenden Aminosäure Asparagin. Die Reaktion ist ein Teil der eigentlich erwünschten Bräunungsprozesse bei der Lebensmittelzubereitung, die auch für die Aromabildung wichtig ist. Nach den derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen geht man davon aus, dass die ernährungsbedingte Aufnahme von Acrylamid das Krebsrisiko möglicherweise erhöhen kann. Deshalb ist das Ziel der neuen Verordnung und der Untersuchungen am LGL, die Aufnahme von Acrylamid über die Nahrung so weit wie möglich zu senken. Dazu hat die EU für verschiedene Produkte Herstellungsbedingun-gen definiert, die zu möglichst niedrigen Aufnahmen von Acrylamid führen. Als weitere Maßnahme senkte die Europäische Union die Richtwerte im Vergleich zu den früheren Empfehlungen weiter ab. Bei einer Richtwertüberschreitung muss der Lebensmittelhersteller jetzt gegenüber der Lebensmittelüberwachung nachweisen, dass er die in der Verordnung genannten Regeln für eine gute Herstellungspraxis einhält. Verstöße dagegen bzw. wiederholte Richtwertüberschreitungen werden von der Lebensmittelüberwachung mit entsprechenden Maßnahmen verfolgt.

In der Vorweihnachtszeit analysiert das LGL besonders intensiv Lebkuchen. Diese ent-halten auf Grund der typischen Rezepturen gerade bei traditioneller Herstellung als un-erwünschtes Reaktionsprodukt häufig Acrylamid. Wie die Untersuchungen zeigen kön-nen sich die Konzentrationen dieser Substanz bei den einzelnen Erzeugnissen jedoch stark unterscheiden. Einzelheiten zur Bildung dieses Stoffes im Allgemeinen sowie zu Lebkuchen sind unter Acrylamid in Lebkuchen – Untersuchungsergebnisse 2016 zu finden.

Ab September wurden Proben von den lokalen Lebensmittelüberwachungsbehörden zur Untersuchung auf Acrylamid an das LGL eingesandt. Aktuell liegen die Ergebnisse der Analysen von 46 Proben vor. Von diesen Produkten stammten 11 aus industrieller und 35 aus handwerklicher Herstellung. Die Landratsämter sendeten dabei überwiegend fei-ne Oblatenlebkuchen- oder die hinsichtlich ihrer Zutaten als höherwertig einzustufenden Elisenlebkuchen ein.

Die aktuellen Ergebnisse aus dem Jahr 2017 sind in Abbildung 1 dargestellt; sie ähneln denen aus dem Vorjahr. Insgesamt überschreiten etwa 9% der Proben den für Acrylamid festgesetzten Richtwert von 1.000 µg/kg.

Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede zwischen Lebkuchen aus industrieller und handwerklicher Produktion. In den Proben aus industrieller Herstellung stellte da LGL le-diglich Acrylamid-Gehalte bis ca. 150 µg/kg fest. Das traditionelle Triebmittel Hirsch-hornsalz (ABC-Trieb bzw. Ammoniumbicarbonat) wird nach den Angaben der Hersteller bei der industriellen Produktion lediglich in einem Fall verwendet. Ein Teil der Lebkuchen aus handwerklicher Produktion enthält ebenfalls nur geringe Gehalte an Acrylamid, der weitaus überwiegende Anteil dieser Erzeugnisse weist jedoch deutlich höhere Konzentrationen an Acrylamid auf. Bei über 50 % der Proben aus handwerklicher Herstellung teilten die Lebensmittelüberwachungsbehörden mit, dass in der jeweiligen Rezeptur ABC-Trieb enthalten war.

Alle Richtwertüberschreitungen sind auf Proben aus handwerklicher Herstellung zurückzuführen. Als positives Ergebnis ist festzuhalten, dass der Großteil der Proben auch den erst im kommenden Jahr gültigen Richtwert von 800 µg/kg bereits jetzt nicht über-schreitet, sondern Gehalte weit unter diesem aufweist.

Abb. 1 Acrylamidgehalte der aktuell untersuchten Lebkuchen-Proben der Saison 2017. Bild vergrössern

Abb. 1 Acrylamidgehalte der aktuell untersuchten Lebkuchen-Proben der Saison 2017.


Die Untersuchungen werden bis Weihnachten noch fortgesetzt, da die Landratsämter noch Proben von kleineren, handwerklich arbeitenden Herstellern einsenden, die erst deutlich später mit der Lebkuchenproduktion begonnen haben.