Versorgungsforschung am Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

Prof. Dr. Oliver Schöffski, MPH, Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU):

Der Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement der Universität Erlangen-Nürnberg existiert seit Oktober 2000 und beschäftigt sich mit allen ökonomischen Fragen des Gesundheitswesens. Eines der Hauptarbeitsgebiete des Lehrstuhls sind die gesundheitsökonomischen Evaluationen (Wirtschaftlichkeitsanalysen, „Kosten-Nutzen-Analysen“) von Maßnahmen jeglicher Art im Gesundheitswesen (z.B. Arzneimittel, Medizinprodukte, Dienstleistungen, IV-Verbünde, Praxisnetze, Gesundheitsregionen). Bei diesen Evaluationen wird insbesondere die Effizienz dieser Maßnahmen beurteilt („Kosten pro …). Sehr früh kam dabei in der Gesundheitsökonomie die Frage auf, auf was sich die Kosten überhaupt beziehen sollen: Auf die Wirksamkeit der Maßnahme in einem kontrollierten Studiendesign (Efficacy) oder auf die Wirksamkeit in der Routineanwendung (Effectiveness). Die Gesundheitsökonomie als anwendungsorientierte Wissenschaft war sehr schnell der Auffassung, dass relevant für die Entscheidungsträger im Gesundheitswesen eigentlich nur die Effizienz sein kann, die tatsächlich auch erreicht wird. In der Folgezeit haben sich dafür dann Begriffe herausgebildet wie „Real World Design“, „naturalistisches Studiendesign“, “pragmatisches Studiendesign“, später wurde dann der umfassendere Begriff des Versorgungsmanagements bzw. der Versorgungsforschung dafür geprägt. Die Versorgungsforschung stellt einen Teilbereich der Forschungsaktivitäten der Gesundheitsökonomie und des Gesundheitsmanagements dar.

Unterteilt man diesen Teilbereich der gesundheitsökonomischen Forschungsaktivität weiter, so kann man erkennen, dass es drei Schwerpunkte innerhalb der gesundheitsökonomisch orientierten Versorgungsforschung gibt: Die quantitative Forschung mit Primärdaten, die quantitative Forschung mit Sekundärdaten und die qualitative Forschung.

Bei der quantitativen Forschung mit Primärdaten werden die Daten zum Zweck der späteren gesundheitsökonomischen Evaluierung neu erhoben. Dieses erfolgt beispielsweise beim Patienten selbst, in der Arztpraxis oder in Krankenhäusern. Kennzeichen dieser Studien ist, dass man es in der Regel mit nur wenigen Daten zu tun hat und diese auch schon sehr spezifisch für die zu beantwortende Forschungsfrage zur Verfügung stehen. Die Datenaufbereitung spielt hier im Gegensatz zur Datenauswertung nur eine untergeordnete Rolle.

Bei der quantitativen Forschung mit Sekundärdaten liegt eine andere Situation vor. Hier hat man es mit einer großen Menge an Daten zu tun („Big Data“), die erst aufwändig von nicht relevanten, offensichtlich falschen und unvollständigen Daten bereinigt werden müssen. Die Datenaufbereitung spielt hier bezüglich des Arbeitsaufwands eine größere Rolle als die spätere standardisierte Datenauswertung. Neben der Hypothesenbestätigung können diese großen Datenmengen auch zur Hypothesengenerierung verwendet werden. Sekundärdaten kommen in Deutschland in erster Linie entweder von einzelnen Sozialversicherungsträgern (z.B. Krankenkassen, Rentenversicherungsträger) oder von Institutionen, die die Daten dieser Träger schon aggregieren (z.B. Bundesversicherungsamt). Aber auch Arztpraxen, Praxisnetze, IV-Verbünde und Krankenhäuser kommen als Datenlieferanten in Frage, ebenso wie kommerzielle Marktforschungseinrichtungen (z.B. IMS). Für die Gesundheitsökonomie ist es dabei relevant, dass nicht nur medizinische Daten vorliegen, sondern auch Daten zu Ressourcenverbräuchen, Preisen und Kosten.

Die Gesundheitsökonomie ist in der Regel dominierend quantitativ orientiert, trotzdem spielt auch die qualitative Forschung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Hier geht es in erster Linie um die Erfassung, Analyse und Weiterentwicklung von Strukturen im ambulanten oder stationären Setting oder sogar in ganzen Gesundheitsregionen.