Radon in Innenräumen

Radon, ein Edelgas, findet sich in den radioaktiven Zerfallsreihen von Uran-238 und Thorium-232 und wird dort aus seinem Mutternuklid Radium gebildet. Alle Isotope des Radons sind radioaktiv. Das stabilste Isotop ist Radon-222. Radon sowie die Zerfallsprodukte des Radons, die radioaktiven Isotope der Elemente Polonium, Wismut und Blei kommen natürlicherweise in Gesteinen, Wasser und Böden vor. Radon gast regional in unterschiedlichen Mengen aus und kann sich mit seinen Zerfallsprodukten, die überwiegend an die in der Luft befindlichen Aerosole oder Staubteilchen angelagert sind, in der Raumluft geschlossener Räume anreichern und eingeatmet werden. Aufgrund seiner Edelgaseigenschaften und der Halbwertszeit von knapp 4 Tagen wird Radon zum größten Teil wieder ausgeatmet, während seine kurzlebigen radioaktiven Zerfallsprodukte im Atemtrakt abgelagert werden und dort vollständig zerfallen. Die dabei entstehende energiereiche und biologisch sehr wirksame Alphastrahlung kann die Zellen des Bronchialepithels schädigen und damit die Entstehung von Lungenkrebs begünstigen. Ein kleiner Teil des eingeatmeten Radon und seiner Zerfallsprodukte kann über die Lunge in die Blutbahn und damit auch in andere Organe gelangen. Die damit verbundenen Organdosen und Krebsrisiken sind aber sehr gering. Das einzige bisher nachgewiesene Gesundheitsrisiko durch Radon ist Lungenkrebs. Für den Bereich der Arbeitsmedizin ist das gehäufte Auftreten von Lungenkrebserkrankungen durch Radon und dessen Zerfallsprodukte seit langem unter der historischen Bezeichnung „Schneeberger-Krankheit“ bekannt.

Lungenkrebserkrankungen aufgrund von Radon

Das heutige Wissen über die Wirkung von Radon auf die Gesundheit des Menschen basiert vor allem auf epidemiologischen Studien an Bergarbeitern, die seit den 1960er Jahren durchgeführt wurden. Beispielsweise umfasste die deutsche Wismut Uranbergarbeiter-Studie des Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) rund 60.000 ehemalige Beschäftigte, die beim Abbau von Uranerz zwischen 1946 und 1990 gegenüber Radon inhalativ exponiert waren. Zahlreiche Ergebnisse dieser Studie wurden publiziert (z.B. Kreuzer et al., 2018; Kreuzer et al. 2017; Walsh et al. 2015). Seit den 1980er Jahren wurden diese Studien durch Fall-Kontroll-Studien zum Lungenkrebsrisiko durch eingeatmetes Radon in Wohnungen in Europa, Nordamerika und China ergänzt. Die aussagekräftigste Studie (Darby et al. 2005) berücksichtigte 13 europäischen Studien mit 7.148 Lungenkrebspatienten und 14.208 Kontrollpersonen. Die Auswertung ergab, dass auch die Exposition gegenüber Radon in Wohnungen das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, erhöht. Bei einer Langzeitexposition steigt das Lungenkrebsrisiko um ca. 16 Prozent mit einer Radon-Konzentration von 100 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft. Das Bundesamt für Strahlenschutz schätzt, dass inhalativ aufgenommenes Radon und seine Folgeprodukte für etwa fünf Prozent der Todesfälle an Lungenkrebs in Deutschland verantwortlich ist. Raucher sind hier durch eine zusätzliche Radonbelastung besonders betroffen.

In Bayern sind und werden jeweils durch eine Allgemeinverfügung des StMUV Radon-Vorsorgegebiete festgelegt. Die Festlegung gibt jedoch keine Auskunft über die tatsächliche Höhe der Radonkonzentration in Innenräumen. Denn in einem Radon-Vorsorgegebiet wird der Referenzwert nicht in jedem Gebäude/Raum überschritten. Und, auch außerhalb von Radon-Vorsorgegebieten können Räume erhöhte Radonkonzentrationen aufweisen und deren Bewohner einem erhöhten Lungenkrebsrisiko durch Radon ausgesetzt sein.

Maßnahmen

Radon kann sich in Innenräumen anreichern, wenn aus dem Baugrund radonhaltige Bodenluft eindringt. Deshalb sollte

  • bei Verdacht und als Erstmaßnahme regelmäßig und intensiv quergelüftet werden,
  • identifizierte Eintrittstellen von Radon in Bestandsgebäuden identifiziert und beseitigt werden.
  • neue Gebäude sollten durchgehend gegen das Eindringen von Radon abgedichtet werden.

Publikationen

Kreuzer M, Sobotzki C, Schnelzer M, Fenske N.
Factors Modifying the Radon-Related Lung Cancer Risk at Low Exposures and Exposure Rates among German Uranium Miners.
Radiat Res. 2018; 189: 165-176

Kreuzer M, Sobotzki C, Fenske N, Marsh JW, Schnelzer M.
Leukaemia mortality and low-dose ionising radiation in the WISMUT uranium miner cohort (1946-2013)
Occup Environ Med. 2017; 74: 252-258

Walsh L, Grosche B, Schnelzer M, Tschense A, Sogl M, Kreuzer M
A review of the results from the German Wismut uranium miners cohort
Radiat Prot Dosimetry 2015; 164: 147-153

Darby S, Hill D, Auvinen A, Barros-Dios J M, Baysson H, Bochicchio F, Deo H, Falk R, Forastiere F, Hakama M, Heid I, Kreienbrock L, Kreuzer M, Lagarde F, Mäkeläinen I, Muirhead C, Oberaigner W, Pershagen G, Ruano-Ravina A, Ruosteenoja E, Schaffrath Rosario A, Tirmarche M, Tomásek L, Whitley E, Wichmann H-E, Doll R.
Radon in homes and risk of lung cancer: collaborative analysis of individual data from 13 European case-control studies.

BMJ 2005; 330(7485):223.

Für weitere Informationen siehe Internetseite des BfS.