Fachinformation:
Klassische Schweinepest (KSP)/ Classical swine fever virus (CSFV)

Wesen

Die Klassischen Schweinepest ist eine hochansteckende Virusinfektion der Haus- und Wildschweine mit fieberhaftem Verlauf und je nach Virulenz des Virusstammes mit ausgeprägter Blutungsneigung. Es handelt sich um eine fieberhafte Allgemeinerkrankung, die sehr unterschiedliche Krankheitsbilder zeigen kann, wobei auch chronische bis perakute Verläufe vorkommen.

Ätiologie

Der Erreger der KSP gehört zum Genus Pestivirus aus der Familie der Flaviviridae. Andere Spezies als das Schwein sind nicht für das Virus empfänglich. Im Genus Pestivirus sind noch die Erreger der Bovinen Virusdiarrhoe BVD und der Border Disease der Schafe eingruppiert. Diese beiden Viren der Wiederkäuer haben Antigenverwandtschaft zum Erreger der KSP, so dass es zu serologischen Kreuzreaktionen kommen kann. Das Virus der klassischen Schweinepest ist serologisch einheitlich, ist aber bezüglich der Virulenz und der Immunogenität der Stämme sehr unterschiedlich.

Widerstandsfähigkeit

Die Tenazität ist in proteinreichem Milieu hoch. Eine Inaktivierung findet durch Detergentien und saure oder basische Desinfektionsmittel statt. Die Infektiosität von zellgebundenem Virus ist hoch.

Pathogenese

Man unterscheidet drei Phasen.
Die erste Vermehrungsphase findet im lymphoretikulären Gewebe der Eintrittspforte statt (Lymphknoten-Tonsillen). Es schließen sich die virämische und schließlich die Organphase an.

Der früheste Virusnachweis im Blut ist 15–24 Stunden nach der Infektion möglich. Die höchste Viruskonzentration ist nach einer Woche zu erwarten.
Die Inkubationszeit beträgt 1-3 Tage, kann aber bis zu 5 Wochen dauern. Bereits nach einem Tag, also noch während der Inkubationszeit, kann Virus ausgeschieden werden.
Die Virusausscheidung erfolgt über alle Sekrete (Milch, Speichel, Nasen-, Augensekret) und Exkrete (Harn, Kot). Die Ausscheidung kann bei chronischen Erkrankungen über Monate (bis zu 200 Tage) andauern.

Nach intrauteriner Infektion kann es zu persistierenden Infektionen kommen. Diese Ferkel scheiden, obwohl sie klinisch gesund erscheinen, lebenslang Viren aus und haben nur eine geringe Lebenserwartung.

Serumantikörper sind erstmals 7-11 Tage post infectionem nachweisbar und hauptsächlich gegen das E2 Glykoprotein, das sezernierte ERNS und das Nicht-Strukturprotein NS3 gerichtet.
Innerhalb eines Bestandes findet die Übertragung hauptsächlich von Tier zu Tier statt. Die Einschleppung in den Bestand kann über ungenügend erhitzte Futtermittel (Speiseabfälle), direkt und indirekt über Vektoren und auch über Insekten erfolgen. Wildschweine und daraus hergestellte Produkte können eine Infektionsgefahr darstellen. Im Zusammenhang mit der Generalisierung kommt es 3 Tage nach der Infektion zu einer Leukopenie. Es entwickeln sich degenerative Gefäßschädigungen und es kommt zu Blutungen. Diese sind auch Folge einer Verbrauchskoagulopathie und von lokalen und allgemeinen Zirkulationsstörungen. Der Tod tritt durch Kreislaufversagen, Gefäßläsionen und reaktive Veränderungen im ZNS ein.
Eine diaplacentare Infektion ist auch bei schwach virulenten Erregern zu erwarten, Embryonaltod und Fetopathien sind die Folge. Die leichte Übertragung und Verbreitung und die oft längere Zeit unerkannt bleibende Infektion machen die KSP so gefährlich und die Bekämpfung problematisch. Gefährliche Ansteckungsquellen sind Schweine mit klinisch unauffälligen und chronischen Verlaufsformen.

Klinik

Da es große Virulenzunterschiede zwischen den Erregern gibt, kann es zu vielseitigen Manifestationen und zum typischen wie auch atypischen Verlauf kommen.
Das klinische Bild kann aufgrund der unterschiedlichen Reaktions- und Immunitätslage der Wirte sowie durch unterschiedliche Sekundärinfektionen variieren.

Perakuter Verlauf

Plötzliche Todesfälle ohne weitere Symptomatik.

Akuter Verlauf

Ein akuter Verlauf kann in der frühen Phase nach Infektion (ca. 1-3 Wochen p.I.) durch „atypische“ Symptome wie Fieber, Inappetenz, Konjunktivitis, respiratorische Symptome, Kümmern und aufgekrümmten Rücken gekennzeichnet sein. Im späteren Verlauf post infectionem (ab (ca. 3 Wochen) zeigen sich im Verlauf „typische“ Symptome wie Ataxie, Hinterhandschwäche, Krämpfe, Petechien und Zyanose an Ohr und Rüsselscheibe.

Chronischer Verlauf

Ein chronischer Verlauf ist vor allem durch „atypische“ Symptome gekennzeichnet. Es treten remittierendes Fieber, Depression, Retardierung, Kümmern, diffuse Dermatitits, respiratorische und gastrointestinale Symptome auf. Betroffene Tiere scheiden das Virus über lange Zeiträume aus.

Subklinischer Verlauf

Die inapparente Form verläuft mild und protrahiert, oft auch symptomlos. Eine lang dauernde Virämie ist möglich.
Da das Virus die Plazentarschranke überwinden kann, ist eine Infektion von Feten möglich. In Abhängigkeit vom Trächtigkeitsstadium kann es dabei zum fetalen Tod, zu teratogenen Veränderungen oder zur Geburt gesunder, persistent infizierter Ferkel kommen, die über einen langen Zeitraum klinisch unauffällig sein können.

Klinische Diagnose

Anhaltende, therapieresistente Temperaturerhöhung (> 40°C) bei mehreren Tieren ist Grund genug, einen Verdacht auf Schweinepest zu äußern und entsprechende Laboruntersuchungen einzuleiten.
Zentralnervöse Störungen wie schwankender Gang, Ataxie und Parese, fieberhafter Durchfall, Fruchtbarkeitsstörungen von Umrauschen bis zum Abort sollten an Klassische Schweinepest denken lassen.
Auch punktförmige Blutungen weisen auf eine Infektion mit Schweinepestviren hin und machen eine weitere Untersuchung dringend notwendig.

Die Untersuchungspflicht zur differentialdiagnostischen Abklärung der Klassischen Schweinepest ist durch die Schweinehaltungshygieneverordnung (SchHaltHygV) festgelegt und muss bei Bedarf immer labordiagnostisch abgesichert werden.

Labordiagnose

Eine schnelle und spezifische virologische Diagnose ist essentiell. Aus diesem Grund hat heute der Genomnachweis des Virus mittels real-time RT-PCR (Reverse Transkriptions Polymerase Kettenreaktion) zentrale Bedeutung. Mittels PCR kann jedoch keine Aussage über die Vermehrungsfähigkeit des Virus gemacht werden. Bei Primärausbrüchen ist daher immer die zellkulturelle Virusisolierung als Referenzmethode empfohlen.

Pathologischer Befund

Bei Feststellung von petechialen Blutungen, Milzinfarkten, marmorierten Lymphknoten im Rahmen der pathologisch-anatomischen Untersuchung muss die KSP differentialdiagnostisch immer berücksichtigt werden und die weitere Labordiagnostik eingeleitet werden.

Differenzialdiagnose

Die lange Liste der in Frage kommenden Differenzialdiagnosen verdeutlicht die Problematik der unklaren klinischen Symptome:
Perakute Form: Afrikanische Schweinepest, septikämischer Rotlauf, APP, Vergiftungen.
Akute Form: Afrikanische Schweinepest,
Hämorrhagisch septikämischer Verlauf: Pasteurellose, Milzbrand, Rotlauf, Eperythrozoonose, Vergiftungen.
Hautblutungen: Afrikanische Schweinepest, PDNS (Circovirus-2-Infektion), Salmonellose, Pasteurellose, Eperythrozoonose, Streptokokkensepsis, Thrombozytopenische Purpura, Dicumarolvergiftung, PRRS.
Durchfall und/oder Erbrechen: TGE/EVD, Salmonellose, Mykotoxine ( DON), Adenomatose, Dysenterie, Vitamin-D-Intoxikation.
Ataxie/Parese: Enterovirusencephalomyelitis, Enterotoxämie, Vergiftung, M. Aujeszky, Tollwut, PRRS, Meningitis.
Bronchopneumonie: M. Aujeszky, PRRS, Enzootische Pneumonie, APP.
Kümmern: Circovirus-2-Infektion, chronische Erkrankungen, Parasitosen, PRRS, Polyserosisits, Haemophilus parasuis.
Anämie: Magengeschwüre, Eperythrozoonose, Parasiten.
Embryopathien: M. Aujeszky, Parvovirose, Leptospirose, Brucellose, PRRS, Rotlauf, Vergiftungen.

Rechtsgrundlagen

  • Verordnung zum Schutz gegen die Schweinepest und die Afrikanische Schweinepest in der jeweils gültigen Fassung
  • Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen in der jeweils gültigen Fassung
  • Schweinehaltungshygieneverordnung (SchHaltHygV) in der jeweils gültigen Fassung
  • Ab 21.04.2021
  • Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtstakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“)

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