BHV1-Ausbrüche in Bayern 2015

Das Bovine Herpesvirus vom Typ 1 (BHV1) verursacht zumeist akut verlaufende Allgemeininfektionen bei Rindern und anderen Rinderartigen (wie zum Beispiel Wasserbüffel, Bison, Wisent). Der Mensch ist für BHV1 nicht empfänglich. Die Infektion manifestiert sich überwiegend als Krankheitsbild der Infektiösen Bovinen Rhinotracheitis (IBR). Genitale Manifestationen werden als Infektiöse Pustuläre Vulvovaginitis (IPV, weibliche Tiere) bzw. Infektiöse Balanoposthitis (IBP, Bullen) bezeichnet. Häufig verläuft die Infektion jedoch ohne klinische Anzeichen. Einmal infizierte Tiere bleiben – wie für Herpesvirusinfektionen charakteristisch – lebenslang infiziert. Das Virus kann jederzeit erneut ausgeschieden werden und somit unbemerkt zur Infektion von Kontakttieren führen.

BHV1-Infektionen des Rindes unterliegen der Anzeigepflicht und sind aufgrund von Handelsbeschränkungen von hoher wirtschaftlicher Bedeutung. Nach Umsetzung umfangreicher und aufwendiger Sanierungsmaßnahmen wurde Bayern 2011 als erstem Bundesland der Status „BHV1-frei“ nach Artikel 10 der Richtlinie 64/432/EWG von der EU-Kommission zuerkannt. Thüringen erhielt den Status 2014, Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Bremen folgten 2015. Mit der Anerkennung der BHV1-Freiheit sind Regelungen verbunden, die Gesundheitsgarantien für Tiere im Rahmen des Viehverkehrs fordern. Denn insbesondere der Viehhandel stellt die größte Gefahr für Neueinschleppungen des Erregers in BHV1-freie Gebiete dar. Zur Statusüberwachung in Bayern werden regelmäßige Milch- und Blutuntersuchungen in rinderhaltenden Betrieben durchgeführt. Zu Beginn des Jahres 2015 wurde in einem Rindermastbestand nach Auftreten klinischer Erscheinungen der Ausbruch der BHV1 durch die zuständige Behörde amtlich festgestellt. Daraufhin wurden sämtliche Tiere des Bestandes getötet und epidemiologische Untersuchungen zur Ermittlung der Eintragsquelle eingeleitet. Der Ausbruch konnte letztlich auf Tierverbringungen aus Österreich zurückgeführt werden. In der Folge wurden in Zusammenarbeit mit den österreichischen Behörden zunächst 25 Sendungen mit insgesamt 196 ansteckungsverdächtigen Tieren ermittelt, die in einem Zeitraum von drei Monaten nach Bayern verbracht worden waren. Aufgrund der hohen Gefahr einer Ausbreitung wurden die amtlichen Ermittlungen in einem nächsten Schritt auf alle Sendungen ausgeweitet, die in dem fraglichen Zeitraum aus Österreich nach Bayern erfolgt waren. Über 2.000 weitere Tiere aus 370 Betrieben, über alle Regierungsbezirke verteilt, wurden ermittelt und Probenahmen zur labordiagnostischen Abklärung einer möglichen Infektion mit BHV1 durchgeführt. Über den Nachweis von spezifischen Antikörpern bzw. BHV1-Genomen wurden 34 Verdachtsbetriebe und elf BHV1-Ausbruchsbetriebe amtlich festgestellt und Schutzmaßnahmen auf Grundlage der BHV1-Verordnung ergriffen. Dabei mussten ca. 1.200 Tiere geschlachtet sowie 130 Tiere getötet und unschädlich beseitigt werden.

LGL-Untersuchungen

Im Rahmen des Geschehens untersuchte das LGL insgesamt 7.200 Blutproben serologisch und 880 Proben virologisch auf BHV1. Darüber hinaus betraute das StMUV das LGL mit der Koordination der Berichterstattung der beteiligten Veterinärämter und Regierungen und der Auswertung epidemiologischer Daten. Aufgrund der umfangreichen Untersuchungen und der konsequenten Umsetzung der Schutz- und Bekämpfungsmaßnahmen stand der Status „BHV1- frei“ Bayerns zu keiner Zeit infrage. Der hier geschilderte Fall zeigt eindrücklich, dass mögliche BHV1-Neueinschleppungen und Ausbrüche besonders aufmerksam epidemiologisch und diagnostisch begleitet werden müssen, um Infektionsketten frühzeitig zu unterbrechen und eine weitere Verbreitung des Erregers zu verhindern. Mit vereinzelten Neuausbrüchen der BHV1 ist auch in Zukunft immer zu rechnen.

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