Haarfärbemittel – Modetrend mit Nebenwirkungen?

Wesentliche Fortschritte zu mehr Verbraucherschutz auf diesem Kosmetiktrendsektor

gefärbte HaarbüschelNach Angaben der Europäischen Union verwenden mehr als 60 % aller Frauen und auch immer mehr Männer der westlichen Industrienationen Haarfarben mit einer Häufigkeit von sechs bis acht mal pro Jahr. Das entspricht hunderten Millionen Menschen.

Der Industrieverband für Körperpflege- und Waschmittel (IKW) beziffert die Zahl der Frauen, die ihre Haare färben auf ca. 70 %, während die Zahl der Männer bei ungefähr 3 % liegen soll. Am meisten gefragt ist dabei die Farbe Blond (mit über 30 %), gefolgt von Brauntönen und Rot. Schwarz steht mit einem Anteil von ca. 10 % weiter hinten.

Die Gründe hierfür sind unterschiedlich:
Zum einen erlaubt die Haarfärbung eine Typveränderung und eine Vielzahl von Stylingkreationen. Zum anderen gibt es die Möglichkeit das augenscheinliche Alterssymptom „graue Haare“ zu überdecken.

Welche Typen von Haarfärbemitteln gibt es am Markt?

Abgesehen von der Blondierung, die eine oxidative Aufhellung der Haare durch Abbau der natürlichen Haarfarbstoffe darstellt, sind im Bereich der Haarfärbung im Wesentlichen drei Typen etabliert:

Die permanente Haarfärbung für eine dauerhafte und intensive Farbgebung wird durch Verwendung so genannter Oxidationsfärbemittel erreicht, die üblicherweise ungefärbte Farbstoffvorprodukte auf der Basis von Entwickler- und Kupplerkomponenten enthalten. Unter dem Einfluss von Oxidationsmitteln wie Wasserstoffperoxid oder von Luftsauerstoff erfolgt durch eine chemische Reaktion die eigentliche Farbstoffbildung auf und im Haar. Derartige Produkte bestehen daher aus zwei Komponenten, die erst kurz vor der Anwendung zu mischen sind. Das Haar wird durchgehend gefärbt, so dass die Haarfarbe nach jeder Haarwäsche erhalten bleibt und prinzipiell nur am Nachwuchs erneuert werden muss.

Für eine temporäre, also eine vorübergehende Färbung werden Färbe- oder Tönungsmittel verwendet, die bereits färbende Komponenten enthalten. Diese ziehen direkt auf das Haar auf und benötigen keinen Oxidationsvorgang zur Farbstoffbildung. Hierbei gibt es Unterschiede in der zeitlichen Beständigkeit dahingehend, ob der Farbstoff bereits nach ein oder zwei Haarwäschen wieder entfernt wird oder ob die Färbung einige Haarwäschen überdauert (semipermanente Färbung). Die eingesetzten Farbstoffe besitzen eine unterschiedliche Haftung an der Haarstruktur und können damit unterschiedlich lange auf dem Haar verbleiben.

Allen Produktgruppen ist gemeinsam, dass die verschiedenen Farbtöne nur über eine Kombination verschiedener Komponenten erreichbar sind. Je nach gewünschter Nuancierung werden verschiedene Farbstoffe bzw. Farbstoffvorprodukte in unterschiedlicher Zahl und in unterschiedlichen Konzentrationen eingesetzt.

Wie verträglich sind diese Farbstoffkomponenten?

Diese Frage stellt sich vor allem nach Medienberichten, die die Sicherheit der Haarfarben bezweifeln und sie in Zusammenhang mit der Entstehung von Blasenkrebs stellen. Basis vieler Haarfarben sind Azofarbstoffe und aromatische Amine. Wenn auch manche Vertreter dieser Verbindungsklassen gesundheitlich unbedenklich sind, besitzen jedoch einige möglicherweise ein krebserzeugendes oder sensibilierendes Potential, das überprüft werden muss.

Welche rechtlichen Regelungen bestehen zum Schutz des Verbrauchers vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen?

Bisherige Regelungen:

Seit langem bestehen für sechs ausgewählte Oxidationshaarfarbstoffe rechtliche Regelungen hinsichtlich der maximalen Einsatzkonzentration sowie der Verpflichtung zur Anbringung von Warnhinweisen (z. B. „Haarfärbemittel können schwere allergische Reaktion hervorrufen“). Für alle Kosmetikprodukte – mit Ausnahme der Haarfärbemittel – gilt seit vielen Jahren eine Positivliste zulässiger Farbstoffe.

Neue Regelungen:

Wissenschaftliche Studien wiesen auf ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Blasenkrebs bei einer Langzeitanwendung von Haarfärbemitteln hin. Deshalb setzten sich 2003 die Gesetzgebungsorgane der EU das Ziel, eine Positivliste zulässiger Haarfarbstoffe zu erstellen, die als unbedenklich für die menschliche Gesundheit einzustufen sind.

Zu diesem Zweck sollten alle in Europa verwendeten Haarfarbstoffe toxikologisch geprüft werden (z. B. hinsichtlich Parameter wie Toxizität auf der Haut, Hautresorption, subchronische Toxizität, Genotoxizität / Mutagenität). Ebenso sollte das allergene Potential abgeklärt werden. In die Prüfungen sollten in einer zweiten Stufe auch die bei der Anwendung entstehenden Oxidationsprodukte der Farbstoffe miteinbezogen werden. Die Hersteller der Farbstoffe wurden aufgefordert, derartige toxikologische Studien vorzulegen. Diese werden von dem zuständigen Wissenschaftlichen Ausschuss der EU (Scientific Committee on Consumer Safety, SCCS), einem Beratergremium der EU-Kommission, bewertet.

Von den ursprünglich 298 als Haarfarbstoffe verwendeten und nicht verbotenen Substanzen wollte die Industrie zunächst die Zulassung von 117 Substanzen anstreben. Diese Zahl wurde im Februar 2010 auf 123 Stoffe erhöht, da z. B. das pflanzliche Haarfärbemittel „Henna“ und der daraus gewonnene Farbstoff „Lawson“ sowie das Salz Bismutcitrat mit aufgenommen wurden. Für alle diese Substanzen wurden entsprechende Sicherheitsdossiers vorgelegt, die vom SCCS dahingehend geprüft wurden, ob die Datenlage für eine abschließende Sicherheitsbewertung ausreicht und die Substanz beschränkt oder unbeschränkt zugelassen werden kann oder ob noch weitere Untersuchungsergebnisse vorzulegen sind. Die Prüfung dieser umfangreichen Dossiers wird bald endgültig abgeschlossen sein und rechtliche Regelungen wurden und werden stufenweise umgesetzt. Ein endgültiges Datum ist aber momentan nicht absehbar.

Mit Stand August 2012 wurden mittlerweile 181 Substanzen zur Verwendung als Haarfarbstoffe verboten. 76 Haarfarbstoffe sind mit Stand August 2012 mit bestimmten Restriktionen (Maximalkonzentrationen, Anwendungshinweisen und ggf. anderen individuellen Beschränkungen) für den Einsatz in Haarfärbemitteln endgültig zugelassen worden. Für die sechs seit langem geregelten Oxidationshaarfarbstoffe wurden aufgrund der Neubewertungen die zulässigen Höchstmengen reduziert.

Um die Verbraucher besser über die möglichen schädlichen Wirkungen von Haarfärbemitteln zu informieren und das Risiko der Sensibilisierung von Verbrauchern für Haarfärbemittel zu mindern, müssen seit 1. November 2011 (Richtlinie 2009/134/EG) die Etiketten von oxidierenden Haarfärbemitteln und bestimmten nicht oxidierenden Haarfärbemitteln, die stark und sehr stark sensibilisierende Stoffe enthalten, folgende zusätzliche Warnhinweise tragen:

„Haarfärbemittel können schwere allergische Reaktionen hervorrufen.

Bitte folgende Hinweise lesen und beachten:

Dieses Produkt ist nicht für Personen unter 16 Jahren bestimmt.

Temporäre Tätowierungen mit ‚schwarzem Henna‘ können das Allergierisiko erhöhen.
Färben Sie Ihr Haar nicht,

  • wenn Sie einen Ausschlag im Gesicht haben oder wenn Ihre Kopfhaut empfindlich, gereizt oder verletzt ist;
  • wenn Sie schon einmal nach dem Färben Ihrer Haare eine Reaktion festgestellt haben;
  • wenn eine temporäre Tätowierung mit ‚schwarzem Henna‘ bei Ihnen schon einmal eine Reaktion verursacht hat.“

Bis 1. November 2012 galt eine Übergangsregelung, was bedeutet, dass mittlerweile alle auf dem Markt befindlichen Haarfärbemittel, die entsprechende Haarfarbstoffe enthalten, derartig gekennzeichnet sein müssen.

Die Kennzeichnungspflicht gilt nicht generell, sondern nur wenn bestimmte Haarfarbstoffe, bei denen diese Hinweise für erforderlich erachtet worden sind, im Haarfärbemittel enthalten sind.

Bezüglich des Risikos der Entstehung von Blasenkrebs hat das Bundesinstitut für Risikoforschung in der Pressemitteilung 27/2009 vom 28.10.2009 folgende Aussage veröffentlicht:

„Die Bewertung der bislang vorliegenden epidemiologischen Erkenntnisse zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen und Haarfärbemittelgebrauch ergibt kein einheitliches Bild. Die meisten Experten halten die Datenlage für nicht ausreichend, um einen eindeutigen statistischen Zusammenhang abzuleiten. Für Verbraucherinnen und Verbraucher besteht kein Krebsrisiko durch Haarfärbemittel, weil die problematischen Substanzen bereits seit langem verboten sind.“

Das SCCS hat sich in seiner Bewertung zu den Reaktionsprodukten der permanenten Haarfärbemittel („Opinion on reaction products of oxidative hair dye ingredients formed during hair dyeing processes“, SCCS/1311/10 vom 21. September 2010) gleichermaßen geäußert:

“But from the evaluation of the available studies it can be deduced that for current users of hair dyes marketed in the EU no clear indications for an excess of cancer risk have been demonstrated. … Based on the data yet available, the SCCS raises no major concern regarding genotoxicity and carcinogenicity of hair dyes and their reaction products currently used in the EU.�?

Weitergehende Informationen zu der „Haarfarbstrategie“ bzw. zu Listen über bisher verbotene, vorläufig zugelassene oder positiv bewertete Stoffe oder zu grundsätzlichen Bewertungen sind unter den Internetlinks im Kasten "Mehr zu diesem Thema am Ende der Seite einsehbar.

Was untersucht das LGL?

Seit 2004 wurden am LGL wiederholt Haarfärbemittel auf das Vorhandensein von Farbstoffkomponenten geprüft und zwar sowohl permanente wie auch semipermanente Produkte. Zum jeweiligen Untersuchungszeitpunkt war bei keiner Probe eine unzulässige Verwendung von Farbstoffen (soweit bis dato geregelt) feststellbar. Lediglich eine Naturhaarfabe musste aufgrund des nachgewiesenen p-Phenylendiamins beanstandet werden .

Ausblick:

Die Strategie der Europäischen Kommission hat vorgesehen, alle permanenten und nicht permanenten Haarfarbstoffe zu verbieten, für die die Industrie keine Sicherheitsdossiers vorgelegt hat oder zu denen der Wissenschaftliche Ausschuss eine negative Stellungnahme abgibt und eine Positivliste zulässiger Haarfarbstoffe zu erstellen, die als unbedenklich für die menschliche Gesundheit einzustufen sind. Diesem Ziel ist man zwischenzeitlich sehr nahe gekommen.