Bestimmung von Mineralölbestandteilen in Adventskalendern – Untersuchungsergebnisse 2015

Anlässlich der kommenden Adventszeit untersuchte das LGL im November Adventskalender auf ihre Kontamination mit Mineralölbestandteilen.

Lebensmittelverpackungen aus Papier und Karton werden aus Frischfasern, aber auch aus recyceltem Altpapier hergestellt. Als Rohstoffe für das Recycling werden dabei unter anderem bedruckte Zeitungen, Zeitschriften und Verpackungen eingesetzt. Die verwendeten Druckfarben können Mineralöle enthalten, die schließlich auch in der Karton- bzw. Papierverpackung zu finden sind. Frischfaser-Verpackungen enthalten per se keine Mineralöle, allerdings kann eine solche Verpackung auch durch die Verwendung von mineralölhaltigen Druckfarben oder Umkartons (die nicht direkt mit dem Lebensmittel in Berührung kommen) belastet sein.

Beim Kontakt von mineralölbelasteten Verpackungen mit Lebensmitteln können Bestandteile von Mineralölen in das Lebensmittel übergehen. Dies geschieht vor allem bei trockenen Lebensmitteln mit einer großen Oberfläche, wie zum Beispiel Nudeln, Reis oder Mehl sowie fettenden Lebensmitteln, wie zum Beispiel Schokolade.

Die Mineralöle bestehen aus linearen, verzweigten und cyclischen gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH – mineral oil saturated hydrocarbons) sowie (zumeist) alkylierten aromatischen Kohlenwasserstoffen (MOAH – mineral oil aromatic hydrocarbons).

Da diese Mineralölgemische sehr komplex zusammengesetzt sind, gibt es bislang weder für MOSH noch für MOAH umfassende toxikologische Studien. MOSH werden in den Lymphknoten, Leber, Milz und Fettgewebe angereichert, im Tierversuch wurden Schäden an der Leber und den Lymphknoten, verursacht durch MOSH, beobachtet. Die MOAH-Fraktion ist besonders bedenklich, da hier potentiell krebserregende Substanzen enthalten sein können. Der Übergang auf Lebensmittel ist daher vor allem bei dieser Fraktion unerwünscht.

Der Gesetzgeber legt in Artikel 3 der Rahmenverordnung für Lebensmittelkontaktmaterialien Verordnung (EG) 1935/2004 fest, dass Materialien und Gegenstände nach guter Herstellungspraxis so herzustellen sind, dass sie unter den normalen oder vorhersehbaren Verwendungsbedingungen keine Bestandteile auf Lebensmittel in Mengen abgeben, die geeignet sind, die menschliche Gesundheit zu gefährden oder eine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung der Lebensmittel herbeizuführen. Diese allgemein formulierte Anforderung soll in Zukunft für den Übergang von Mineralölbestandteilen auf Lebensmittel konkretisiert werden. In einem Entwurf zur Änderung der nationalen Bedarfsgegenständeverordnung, der sogenannten „Mineralölverordnung“, soll der Übergang von MOSH und MOAH aus recycelten Papier- bzw. Kartonverpackungen auf Lebensmittel mit Grenzwerten belegt werden. Ein weiterer Entwurf zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung, die sogenannte „Druckfarbenverordnung“, sieht vor, dass mineralölhaltige Druckfarben zum Bedrucken von Lebensmittelverpackungen künftig nicht mehr verwendet werden dürfen.

Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen wurden die MOSH- und MOAH-Gehalte von elf Adventskalendern bestimmt. Dabei wurde sowohl die Schokolade als auch die Kartonverpackung untersucht. Die Proben stammten vornehmlich von bayerischen Herstellern.

Bei zehn von elf Proben wurden Frischfaserkartons verwendet, ein Kalender wurde aus Recyclingmaterial hergestellt. Vier der elf Kalender enthielten außerdem Barrieren, die den Mineralölübergang von der Verpackung auf die Schokolade verhindern sollen. In diesen Fällen waren die Schokoladenstücke entweder einzeln in Alufolie verpackt oder die Kartons waren mit Barriere-Kunststoffen beschichtet. Bei fünf Kalendern lagen Unterlagen vor, in denen bestätigt wurde, dass mineralölfreie Druckfarben verwendet wurden. Der Großteil der Hersteller versucht also bereits durch die Wahl des Rohmaterials (Frischfaserkarton, mineralölfreie Druckfarben) beziehungsweise durch den Einsatz entsprechender Barrieren zu vermeiden, dass eine Kontamination mit Mineralöl erfolgt.

In den Kartons und Schokoladen aller Proben wurden MOSH nachgewiesen. Die besonders bedenklichen MOAH waren in fünf Schokoladen der elf Kalender in geringen Konzentrationen nachweisbar. Bei vier dieser fünf enthielt jedoch die Verpackung keine MOAH. Für den Eintrag von MOSH und MOAH in Lebensmittel gibt es einige mögliche Quellen. So können Lebensmittel bereits vor dem Verpacken, beispielsweise beim Transport in mineralölbelasteten Jutesäcken oder durch ölende Maschinen in der Produktion und Ernte, mit Mineralölbestandteilen kontaminiert werden.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geht von einer Exposition der europäischen Verbraucher von 0,03-0,3 mg MOSH pro kg Körpergewicht und Tag aus. Die Exposition gegenüber MOAH liegt bei etwa 20% bezogen auf MOSH, d. h. bei 0,006-0,06 mg MOAH pro kg Körpergewicht und Tag [1].

Die MOSH- und MOAH-Gehalte, die in den untersuchten Schokoladen gefunden wurden, tragen unter Berücksichtigung der üblichen Verzehrsmenge (ein Stück pro Tag an 24 Tagen im Jahr) nur zu einem sehr geringen Anteil zu dieser Gesamtexposition bei. Zu einem analogen Schluss kam auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auf Grundlage von Untersuchungsergebnissen der Stiftung Warentest [2].

Ein Kalender wurde aus Recyclingmaterial (Altpapier) hergestellt. Dieser Kalender enthielt erwartungsgemäß höhere MOSH- und MOAH-Gehalte im Karton als die untersuchten Frischfaser-Kalender. Die Konzentrationen in der Schokolade waren allerdings auch in diesem Fall so gering, dass keine nennenswerte zusätzliche Belastung des Verbrauchers mit Mineralöl entsteht.

Die betroffenen Hersteller/Vertreiber der Adventskalender wurden von den zuständigen Behörden angehalten, die Quelle für die Kontamination zu ermitteln, um diese zukünftig zu minimieren bzw. zu beseitigen.

Um dem Interesse der Verbraucher nach Information nachzukommen, hat das LGL die betroffenen Unternehmen im Rahmen eines Eilverfahrens nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) angehört, mit dem Ziel, die belasteten Produkte schnellstmöglich nennen zu können. Die Veröffentlichung der Namen der betroffenen Unternehmen auf der Homepage des LGL wurde aus rechtlichen Gründen zeitlich auf die Weihnachtsaison 2015 begrenzt und wurde daher am 15.01.2016 deaktiviert.

Der Übergang von Mineralölbestandteilen von Verpackungen auf Lebensmittel ist unerwünscht, dies trifft insbesondere auf die potentiell krebserregenden MOAH zu. Der Gesetzgeber, die Industrie, die Forschung und die amtliche Überwachung sorgen dafür, dass die Belastung des Verbrauchers mit diesen Stoffen minimiert wird. Der Verzehr von Adventskalenderschokolade gibt auf Grundlage der vorliegenden Ergebnisse nach Auffassung des LGL jedoch keinen Anlass zur Besorgnis.

Anmerkungen

[1] EFSA Panel on Contaminants in the Food Chain (CONTAM); Scientific Opinion on Mineral Oil Hydrocarbons in Food. EFSA Journal 2012;10(6):2704. [185 pp.] doi:10.2903/j.efsa.2012.2704. www.efsa.europa.eu/efsajournal

[2] Fragen und Antworten zu Mineralölbestandteilen in Schokolade aus Adventskalendern und anderen Lebensmitteln (Bundesinstitut für Risikobewertung)

Mehr zu diesem Thema

Allgemeine Informationen zum Thema