Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in Bedarfsgegenständen mit nicht nur vorübergehendem Körperkontakt – Untersuchungsergebnisse 2015

Anlass der Untersuchungen und Hintergründe

Viele Erzeugnisse enthalten Bestandteile aus Kunststoff oder Gummi, die beim Gebrauch in Kontakt mit dem menschlichen Körper kommen und bei einer gewissen Kontaktdauer auf den menschlichen Körper einwirken können.

Zu diesen Erzeugnissen zählen unter anderem:

  • Sportgeräte wie Fahrräder, Golfschläger, Schläger
  • Haushaltsgeräte, mit Rädern versehene Wagen, Laufhilfen
  • Werkzeuge für den privaten Gebrauch
  • Bekleidung, Schuhe, Handschuhe und Sportkleidung
  • Uhrenarmbänder, Armbänder, Masken, Stirnbänder.

Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlamentes und des Rates regelt die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH; REACH-V). Mit der Verordnung (EU) Nr. 1272/2013 wurde Eintrag 50 in Anhang XVII der VO (EG) Nr. 1907/2006 um die Absätze 5 bis 8 erweitert. Gemäß diesem neuen Abs. 5 dürfen Erzeugnisse nicht für die allgemeine Öffentlichkeit in Verkehr gebracht werden, wenn einer ihrer Bestandteile aus Kunststoff oder Gummi, der bei normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung unmittelbar, länger oder wiederholt für kurze Zeit mit der menschlichen Haut oder der Mundhöhle in Berührung kommt, mehr als 1,0 mg/kg eines der folgenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) enthält: Benzo[a]pyren, Benzo[e]pyren, Benzo[a]anthracen, Chrysen, Benzo[b]flouranthen, Benzo[j]fluoranthen, Benzo[k]fluoranthen und Dibenzo[a,h]anthracen.

Die acht betroffenen PAK sind gemäß VO (EG) Nr. 1272/2008 als krebserregend eingestuft. Weitere PAK, die in Verdacht stehen, krebserregend zu sein, sind von der Regelung zunächst nicht betroffen. Der neu eingeführte Grenzwert von 1,0 mg/kg für die genannten PAK gilt gemäß Abs. 7 des Eintrags 50 in Anhang XVII REACH-V für Erzeugnisse, die ab 27. Dezember 2015 erstmals in Verkehr gebracht werden.

Ziel der Untersuchungen

Es soll ein Überblick über die Belastung von Bedarfsgegenständen mit nicht nur vorübergehendem Körperkontakt mit PAK vor Einführung der oben erläuterten Grenzwerte gewonnen werden. Hierbei liegt der Fokus neben den genannten acht in der REACH-V neu geregelten Verbindungen auf den so genannten EPA-PAK, einer Gruppe von 16 PAK, die von der US-Umweltbehörde (US-EPA) als prioritär eingestuft wurden. Einige der in der REACH-V geregelten PAK sind auch in der Gruppe der EPA-PAK zu finden.
Im Vergleich zu Untersuchungsdaten, die zukünftig nach Einführung des Grenzwertes für die acht genannten PAK gewonnen werden sollen (Wiederholung des Schwerpunktprogramms in zwei bis drei Jahren), liefern die ermittelten Daten einen Beitrag zur Bewertung der Größenordnung, Effizienz und Notwendigkeit der neuen Grenzwerte aus der REACH-V.

Planung und Durchführung der Analysen

Zur Ermittlung der momentanen Belastungssituation bezüglich PAK wurden im genannten Zeitraum 70 Proben untersucht. Es handelte sich um 65 Planproben, vier Beschwerdeproben (Wärmflasche, Kopfhörer, Kinderstiefel, Sportmatte) und eine Verdachtsprobe (Zahnverblendung). Als Planproben wurden Schwimmbrillen, Sportmatten, Schwimmhilfen sowie Schwimmreifen, Faschingskostüme (inklusive Masken), Schuhe, Arbeitshandschuhe, Handyhüllen, Schulranzen und Wärmflaschen geprüft.
Die Analysemethode war an die zukünftige § 64 LFGB-Methode zur Bestimmung von PAK in Bedarfsgegenständen angelehnt (Lösungsmittelextraktion, Aufreinigung mittels Festphasenextraktion, GC-MS).

Untersuchungsergebnisse

In 67 Fällen waren die Untersuchungsergebnisse unauffällig. Dies entspricht einem Anteil von 96 % aller untersuchten Bedarfsgegenstände. In drei Proben wurden dagegen erhöhte Gehalte an PAK festgestellt:

  • Bei einer Planprobe (Faschingskostüm) wurden erhöhte Gehalte an der Summe der EPA-PAK (> Richtwert von 10 mg/kg, s.u.) festgestellt. Von den acht als krebserregend eingestuften PAK wurden Benzo[a]pyren, Benzo[e]pyren, Benzo[a]anthracen und Benzo[b]fluoranthen in Konzentrationen unter 1 mg/kg und Chrysen in einer Konzentration von 1,3 mg/kg nachgewiesen.
  • In zwei Beschwerdeproben (eine Wärmflasche und ein Paar Kinderstiefel; Beschwerdegrund: Geruch) wurden stark erhöhte Gehalte für die Summe der EPA-PAK ermittelt. Die Werte lagen zwischen 50 und 115 mg/kg. Zudem wurden die Verbindungen Benzo[a]anthracen, Benzo[b]fluoranthen, Benzo[e]pyren und Chrysen in Konzentrationen über dem Grenzwert nachgewiesen (1,5 – 10 mg/kg), so dass in diesen Fällen eine Beurteilung als nicht verkehrsfähig gemäß § 3 Abs. 2 ProdSG erfolgte.

In 18 Proben wurden einer oder mehrere der acht in der REACH-V geregelten PAK in Konzentrationen zwischen 0,1 und 10 mg/kg nachgewiesen (26 % aller untersuchten Bedarfsgegenstände; siehe Tabelle).

Tabelle 1: Anzahl der Proben mit positivem Nachweis der acht kanzerogenen PAK
Probenmatrix PAK 1 PAK 2 PAK 3 PAK 4 PAK 5 PAK 6 PAK 7 PAK 8
Arbeitskleidung 1 1         1  
Sportmatten 1             1
Handyhüllen 1           1 1
Schulranzen     1          
Schuhe 1   1       1  
Schwimmhilfen und –reifen               6
Schwimmbrillen 1   2 1   1    
Faschingskostüme 1 1 1 1     1  
Wärmflaschen 2 2 2 3     2  
Konzentrationsbereich der positiven Ergebnisse [mg/kg] 0,1-2,1 0,1-0,5 0,1-1,7 0,5-2,9   0,1 0,1-10 0,3-3,2

PAK 1: Benzo[a]anthracen; PAK 2: Benzo[a]pyren; PAK 3: Benzo[b]fluoranthen; PAK 4: Benzo[e]pyren; PAK 5: Benzo[j]fluoranthen; PAK 6: Benzo[k]fluoranthen; PAK 7: Chrysen; PAK 8: Dibenzo[a,h]antracen

Benzo[j]fluoranthen wurde in keiner der untersuchten Proben nachgewiesen. Die neuen Grenzwerte von je 1 mg/kg für die acht als krebserregend eingestuften PAK wären in acht Proben überschritten worden (11 % aller untersuchten Bedarfsgegenstände).

Substanzen aus der Gruppe der EPA-PAK wurden in 56 Proben nachgewiesen. Dies entspricht einem Anteil von 80 % aller untersuchten Bedarfsgegenstände.
Für die Summe der EPA-PAK gibt es derzeit keinen gesetzlich festgelegten Grenzwert. In Industrie und Wirtschaft gilt ein Gehalt von 10 mg/kg für die Summe der sog. EPA-PAK als Orientierungswert für die Beurteilung der Produktqualität (aktualisierte Stellungnahme des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) Nr. 025/2009). Dieser Wert wurde lediglich in drei Fällen überschritten (s.o.).

Fazit

Mehr als 10 % der untersuchten Proben wiesen PAK-Gehalte über den neuen, zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht geltenden Grenzwerten von 1 mg/kg je Verbindung auf. Vor dem Hintergrund dieser Belastung von Bedarfsgegenständen mit nicht nur vorübergehendem Körperkontakt mit krebserregenden PAK erscheint die Einführung von gesetzlichen Grenzwerten sinnvoll und notwendig. Allerdings wäre eine Absenkung der Grenzwerte, wie vom BfR gefordert (BfR-Stellungnahme Nr. 032/2010), durchaus im Sinne des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes, insbesondere weil für Kanzerogene das ALARA-Prinzip („As Low As Reasonably Achievable“, d.h. so niedrig, wie vernünftigerweise erreichbar) anzuwenden ist und Untersuchungen des BfR zeigen, dass die Herstellung von Verbraucherprodukten ohne PAK durchaus möglich ist (BfR-Stellungnahme Nr. 032/2010).

Verbindungen aus der Gruppe der EPA-PAK wurden in einem Großteil der Proben nachgewiesen, zumeist in sehr geringen Konzentrationen (< 0,3 mg/kg). Um auch das von diesen Substanzen ausgehende Risiko abschätzen zu können, ist eine umfassende toxikologische Beurteilung dieser PAK nötig. Derartige Daten liegen momentan nicht vor.

Literatur

Aktualisierte BfR-Stellungnahme Nr. 025/2009 vom 8. Juni 2009: PAK in verbrauchernahen Produkten müssen so weit wie möglich minimiert werden

BfR-Stellungnahme Nr. 032/2010 vom 26.Juli 2010: Krebserzeugende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in Verbraucherprodukten sollen EU-weit reguliert werden - Risikobewertung des BfR im Rahmen eines Beschränkungsvorschlages unter der REACH-V

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