Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Erdbeeren von September 2006 bis April 2007

Hintergrund der Untersuchungen

Erdbeere

Erdbeeren zählen zu den beliebtesten und auch mengenmäßig bedeutenden Obstarten in Deutschland. Neben einem süßen, aromatischen Geschmack zeichnet sie ein hoher Vitamin C-, Folsäure- und Eisengehalt aus. Zudem liefern vor allem vollreife Früchte sekundäre Pflanzenstoffe, wie Flavonoide und Phenolsäuren.

Erdbeeren werden nicht mehr nur zur Hauptsaison im Frühsommer angeboten. Ab Januar werden sie u. a. aus Marokko, Ägypten und Israel importiert, im März/April befinden sich vorwiegend spanische und italienische Früchte in den Obstregalen der Supermärkte. Ab Mai/Juni werden sie dann von den heimischen Erdbeeren abgelöst. Diese sind meist am schmackhaftesten, da die äußerst empfindlichen Früchte auf Grund kürzerer Anfahrtswege reifer und daher mit vollerem Aroma (sie reifen nach dem Ernten nicht nach) geerntet werden.

Erdbeeren sind besonders anfällig für Schimmel und Fäulnis und daher in der Regel häufig mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Um die Belastungssituation weiter zu verfolgen, werden gestreut über das ganze Jahr Erdbeeren untersucht. Der vorliegende Beitrag berichtet über die Ergebnisse der von Mitte September 2006 bis Anfang April 2007 beprobten Erdbeeren (Stichtag für die Ergebnisse: 25.04.2007).

Zusammenfassung

Im Zeitraum Mitte September 2006 bis Anfang April 2007 wurden insgesamt 58 Proben Erdbeeren aus dem Groß- und Einzelhandel untersucht. Die Proben stammten in saisonaler Abhängigkeit aus verschiedenen Herkunftsländern, wobei im September deutsche Späterdbeeren in die Untersuchungen einbezogen wurden.

Die Rückstandssituation hat sich im Vergleich zu den Wintererdbeeren 2005/06 hinsichtlich der Höchstmengenüberschreitungen zwar verbessert, jedoch waren nur 2 % der Proben rückstandsfrei, 90 % wiesen Rückstände unterhalb der zulässigen Höchstmengen auf und bei 8 % waren die Höchstmengen überschritten (siehe Abbildung 1).

Anteile rückstandshaltiger Erdbeeren

Abbildung 1: Anteil rückstandshaltiger Erdbeeren (09/2006 – 04/2007)

Ergebnisse im Detail

Einen Überblick über die Rückstandssituation gibt Tabelle 1. Mit Ausnahme von Spanien, Italien und Deutschland sind die Probenzahlen je Herkunftsland so gering, dass statistische Aussagen nicht zu verallgemeinern sind. Insgesamt wurden 297 Rückstände von 61 verschiedenen Wirkstoffen nachgewiesen. Im Gesamtdurchschnitt wurden 5,1 Rückstände pro Probe gefunden, der mittlere Rückstandsgehalt lag bei 0,60 mg/kg. Der höchste Einzelrückstand betrug 2,33 mg/kg, in 94 Fällen (32 %) lagen die Gehalte der einzelnen Rückstände unter 0,01 mg/kg.

Damit sind die seit September beprobten Erdbeeren hinsichtlich des Gesamtrückstandgehaltes und der Anzahl der Rückstände als stärker belastet als in den vergangenen Jahren zu bewerten, auch wenn sie nur ebenso viele Höchstmengenüberschreitungen wie die Sommererdbeeren 2006 aufwiesen. Insgesamt sind die Erdbeeren mittelmäßig bis stärker belastet, insbesondere im Vergleich etwa zu den etwas geringer belasteten Tafeltrauben, die im Durchschnitt 4,7 Rückstände pro Probe und einen mittleren Rückstandsgehalt von 0,42 mg/kg aufwiesen. (Untersuchungsergebnisse Januar bis August 2006 des LGL).

Tabelle 1: Ergebnisübersicht Erdbeeren (09/2006 – 04/2007)
Herkunftsland Gesamtzahl ohne R mit R kleiner als HM mit R größer als HM verschiedene Stoffe Anzahl R pro Probe1) Gehalt R pro Probe1) (mg/kg)
Ägypten 3 0 2 1 9 3,0 0,28
Belgien 3 0 3 0 20 9,3 0,29
Deutschland 9 0 8 1 17 5,6 0,97
El Salvador 1 0 1 0 1 1,0 0,01
Israel 3 0 3 0 8 3,7 0,14
Italien 9 0 7 2 24 6,8 1,32
Marokko 6 0 6 0 14 5,2 0,37
Niederlande 1 0 1 0 2 2,0 0,02
Peru 1 0 0 1 5 5,0 1,01
Spanien 22 1 21 0 29 4,5 0,39
Gesamt 58 1 52 5 61 5,1 0,60
2% 90% 8%
zum Vergleich: Winter 2005/06 35 6% 60% 34% 55 4,3 0,47
Frühjahr/Sommer 2006 82 10% 82% 8% 50 4,2 0,36

R = Rückstand; HM = Höchstmenge; 1) Durchschnitt

Bei vier ausländischen und einer deutschen Probe (8 %) wurden Höchstmengenüberschreitungen festgestellt, was einen deutlichen Rückgang im Vergleich zu den untersuchten Wintererdbeeren 2005/06 darstellt und der Quote des Frühjahrs/Sommers 2006 entspricht. Die unzulässig hohen Gehalte betrafen Fungizide (gegen Pilze), Insektizide (gegen Insekten) und Akarizide (gegen Milben) und wurden bei zwei Proben aus Italien und jeweils einer Probe aus Ägypten, Deutschland sowie Peru nachgewiesen (siehe Tabelle 2).

Diese Höchstmengenüberschreitungen bezogen sich auf "allgemeine" Höchstmengen im Bereich der Bestimmungsgrenze, da bei den entsprechenden Stoffen keine spezielle Regelung für Erdbeeren vorliegt.

Alle in diesem Zeitraum untersuchten deutschen Erdbeer-Proben enthielten Rückstände, wobei in einem Fall die Höchstmenge von Spinosad überschritten wurde. Pflanzenschutzmittel, die diesen Wirkstoff enthalten, sind in Deutschland lediglich für Zierpflanzen zugelassenen.

Der durchschnittliche Gesamtrückstandsgehalt der einheimischen Proben lag mit 0,97 mg/kg über dem Mittel aller untersuchten Proben (Gesamtgehalt 0,60 mg/kg). Auch die Anzahl an Rückständen pro Probe lag bei den inländischen Erdbeeren mit einem Wert von 5,6 über dem Durchschnitt (alle untersuchten Proben: 5,1). Die Gesamtsituation der deutschen Erdbeeren im Herbst ist somit deutlich schlechter als bei einheimischen Früchten im Sommer.

Die untersuchten Erdbeeren aus Italien zeigten einen ebenfalls vergleichsweise hohen durchschnittlichen Gesamtrückstandsgehalt pro Probe von 1,32 mg/kg und auch die gemittelte Anzahl an Rückständen pro Probe lag mit 6,8 über dem Durchschnitt. Zudem wiesen zwei der neun Proben Höchstmengenüberschreitungen auf.

Die spanischen Erdbeer-Proben lagen hingegen im Mittel unter den durchschnittlichen Werten des Gesamtrückstandsgehaltes und der Anzahl der Rückstände pro Probe.

Eine spanische Probe aus ökologischen Landbau enthielt für Bio-Produkte zugelassene Pyrethrine unterhalb der zulässigen Höchstmenge. Pyrethrine sind die Hauptwirkstoffe des insektizid wirksamen Extraktes, der aus den Blüten verschiedener Tanacetum-Arten gewonnen wird.

Bei allen Höchstmengenüberschreitungen wird eine toxikologische Risikoabschätzung durchgeführt. Dazu wird am Beispiel eines Kindes von 2 bis unter 5 Jahren überprüft, in welchem Maß bei einem einmaligen Verzehr die Akute Referenz Dosis (ARfD) ausgeschöpft ist. Bei Überschreitung des ARfD-Wertes sind gesundheitliche Risiken nicht mit der gebotenen Sicherheit auszuschließen. In solchen Fällen erfolgt über das Europäische Schnellwarnsystem (RASFF) eine entsprechende Mitteilung an die Mitgliedstaaten. Das war allerdings bei den vorliegenden Proben in keinem Fall erforderlich.

Tabelle 2: Erdbeer-Proben mit Höchstmengenüberschreitungen (09/2006 – 04/2007)
Herkunftsland Anzahl HMÜ Wirkstoff Rückstands-Gehalt
(mg/kg)
zulässige Höchstmenge
(mg/kg)
ARfD-Ausschöpfung
Ägypten 5 Carbendazim (F) 0,53 0,1 41%
Cypermethrin (A, I)
0,11 0,05 1%
Fenpropathrin (A, I) 0,038 0,02 1%
Flusilazol (F) 0,019 0,01 6%
Methomyl (I)
0,11 0,05 8%
Deutschland 1 Spinosad (I) 0,012 0,01 11%
Italien 1 Lufenuron (I) 0,049 0,01 n.f.
Italien 1 Tau-Fluvalinat (A, I) 0,013 0,01 4%
Peru 3 Hexythiazox (A) 0,23 0,05 n.nw.
Methomyl (I) 0,31 0,05 24%
Thiophanat-methyl (F) 0,32 0,1 2%

HMÜ = Höchstmengenüberschreitung, A = Akarizid, F = Fungizid, I = Insektizid
ARfD = Akute Referenz Dosis; n.nw. = nicht notwendig; n. f. = nicht festgelegt

Von den insgesamt 61 verschiedenen, nachgewiesenen Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen sind die häufigsten Stoffe (viermal und häufiger nachgewiesen) in der Abbildung 2 dargestellt. Unter den 10 häufigsten Stoffen finden sich 9 Fungizide, was die überragende Bedeutung von Risiken auf Pilzerkrankungen in Erdbeerkulturen widerspiegelt.

Häufig nachgewiesene Stoffe in Erdbeeren

Abbildung 2: Häufig nachgewiesene Stoffe in Erdbeeren (09/2006 – 04/2007)

A = Akarizid, F = Fungizid, I = Insektizid

In 90 % der Proben wurden mehrere Stoffe gleichzeitig gefunden. So enthielten 19 Proben (32,8 %) zwei bis vier Rückstände, 23 Proben (39,7 %) fünf bis sieben Rückstände und 10 Proben (17,2 %) acht und mehr Rückstände (siehe Abbildung 3).

Die Mehrfachbelastung mit elf Stoffen trat in je einer Probe aus Belgien, Deutschland und Marokko auf. Die deutsche Probe wies eine Höchstmengenüberschreitung an Spinosad und einen deutlichen Gesamtrückstandsgehalt von 2,10 mg/kg auf. Die belgische und marokkanische Probe waren trotz der Vielzahl an Rückständen und einem Gesamtrückstandsgehalt von 0,87 mg/kg bzw. 0,31 mg/kg nicht zu beanstanden, weil keine der einzelnen Höchstmenge überschritten wurde.

Mehrfachrückstände in Erdbeeren

Abbildung 3: Mehrfachrückstände in Erdbeeren (09/2006 – 04/2007)

Das Problem der Mehrfachrückstände wird teilweise sehr emotional und kontrovers diskutiert, insbesondere auf Grund noch lückenhafter Kenntnisse über mögliche additive Wirkungen der unterschiedlichen Stoffe im menschlichen Organismus.

Fazit

Die von Mitte September 2006 bis Anfang April 2007 beprobten Erdbeeren wiesen im Vergleich zu den Ergebnissen der Wintererdbeeren 2005/06 einen geringere Anteil an Höchstmengenüberschreitungen auf. Die verletzten Höchstmengen betrafen "allgemeine" Höchstmengen und die Akute Referenz Dosis (ARfD) wurde in keinem Fall überschritten. Demzufolge waren keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die einzelnen nachgewiesenen Rückstände nach der derzeitigen Datenlage zu erwarten.

Jedoch enthielten mit einer Ausnahme alle Proben Rückstände und der durchschnittliche Gesamtrückstandgehalt und die mittlere Anzahl an Rückständen pro Probe lagen höher als in der Sommerware.

In allen einheimischen Proben wurden Rückstände an Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen, einmal über der zulässigen Höchstmenge. Die durchschnittlichen Rückstandsgehalte und die mittlere Anzahl der Rückstände pro Probe lagen über dem Mittelwert aller Proben.

Erdbeeren aus Italien wiesen durchschnittlich den höchsten Gesamtrückstandsgehalt aller untersuchten Proben und eine vergleichsweise hohe Anzahl an Rückständen auf. Die spanischen Proben lagen hingegen bei diesen beiden Parameter unter dem Durchschnitt.

Allgemein zählen die in dem vorliegenden Zeitraum untersuchten Erdbeeren somit zu den mittelmäßig bis stark belasteten Obstsorten.

Mehr zu diesem Thema

Allgemeine Informationen zum Thema