Die Rückstandsbelastung bei Gemüsepaprika ist in der ersten Jahreshälfte 2004 unverändert hoch

Auf Grund der hohen Rückstandsbelastung von Gemüsepaprika in den letzten Jahren setzte das LGL die Untersuchungen auch im Jahr 2004 in verstärktem Maß fort. Von 146 Proben, die im Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 30. Juni 2004 untersucht wurden, waren 24 Proben (17 %) ohne bestimmbare Rückstände. 75 Proben enthielten Rückstände unter den zulässigen Höchstmengen und 47 Proben (32 %) darüber. Davon waren hauptsächlich griechischer und türkischer, vor allem aber spanischer Paprika betroffen (Tabelle 1).

Rückstandslage bei Paprika aus verschiedenen Herkunftsländern

Tabelle 1: Rückstandssituation bei Gemüsepaprika im Jahr 2004 
Herkunftsstaat ohne Rückstände (R) mit R unter der Höchstmenge (HM) mit R über der Höchstmenge (HM) Summe
Ägypten 1 1
Belgien 2 2
Deutschland 2 2
Griechenland 3 3
Israel 9 13 1 23
Italien 1 4 1 6
Marokko 2 2
Niederlande 7 8 15
Spanien 3 32 30 65
Türkei 1 12 10 23
unbekannt 1 3 4
Summe 24 75 47 146
17% 51% 32%

Bei den 47 Proben mit Höchstmengenüberschreitungen waren insgesamt 20 verschiedene Stoffe auffällig. 31 Proben enthielten einen überhöhten Rückstand. Bei 13 Proben lagen zwei Stoffe über den Höchstmengen, davon kamen neun Proben aus Spanien, drei aus der Türkei und eine aus Griechenland. Zwei weitere Proben aus Spanien und eine Probe aus Marokko enthielten jeweils sogar drei verschiedene Stoffe mit zu hohen Rückstandsmengen. In Tabelle 2 sind neben den Wirkstoffen und dem Herkunftsstaat, die Anzahl an Höchstmengenüberschreitungen (HMÜ), der Konzentrationsbereich und die Spannweite der Höchstmengenüberschreitungen zusammengestellt.

Proben mit Höchstmengenüberschreitungen

Tabelle 2: Höchstmengenüberschreitungen bei Paprika aus verschiedenen Herkunftsstaaten
Stoff Herkunft Anzahl an HMÜ Konzentrationsbereich in mg/kg zulässige HM in mg/kg Anteile an der HM
Acetamiprid Spanien 15 0,013 - 0,24 0,01 130 - 2400 %
Acetamiprid Türkei 7 0,012 - 0,18 0,05 120 - 1800 %
Acetamiprid Marokko 1 0,24 0,01 2400 %
Acrinathrin Spanien 3 0,012 - 0,038 0,01 120 - 380 %
Carbendazim Türkei 1 0,14 0,10 140 %
Chlorfenapyr Israel 1 0,077 0,05 154 %
Chlorfenapyr Spanien 4 0,086 - 0,22 0,05 172 - 440 %
Chlorfenapyr Türkei 1 0,12 0,05 240 %
Dichlorvos Spanien 1 0,18 0,10 180 %
Fenazaquin Marokko 1 0,025 0,01 250 %
Fenbuconazol Marokko 1 0,065 0,05 130 %
Fenhexamid Griechenland 1 0,15 0,05 300 %
Fipronil Spanien 1 0,016 0,01 160 %
Fludioxonil Spanien 1 0,07 0,05 140 %
Lufenuron Italien 1 0,029 0,01 290 %
Lufenuron Spanien 7 0,012 - 0,078 0,01 120 - 780 %
Mercaptodimethur Spanien 1 0,11 0,10 110 %
Methamidophos Griechenland 1 0,021 0,01 210 %
Methamidophos Israel 1 0,026 0,01 260 %
Methamidophos Türkei 2 0,023 -0,067 0,01 230 - 670 %
Methomyl Griechenland 1 0,14 0,05 280 %
Methomyl Spanien 1 0,11 0,05 220 %
Pyriproxyfen Griechenland 1 0,034 0,01 340 %
Pyrproxyfen Spanien 1 0,011 0,01 110 %
Tau-Fluvalinat Marokko 1 0,062 0,01 620 %
Tebuconazol Türkei 1 0,125 0,05 250 %
Thiacloprid Spanien 1 0,016 0,01 160 %
Thiamethoxam Spanien 4 0,018 - 0,088 0,01 180 - 880 %
Trifloxystrobin Türkei 1 0,048 0,02 240 %

Am häufigsten war Acetamiprid zu beanstanden, insbesondere bei spanischen und türkischen Produkten. Dieses Insektenbekämpfungsmittel ist in Spanien nicht registriert. Es besteht zwar seitens der Europäischen Kommission eine Ermächtigung, diesen Stoff in den Mitgliedstaaten bis zu einer endgültigen Entscheidung vorläufig zuzulassen, allerdings liegen uns keine Informationen vor, in welchem Staat davon Gebrauch gemacht wurde.

Bei Lufenuron wurde achtmal eine Höchstmengenüberschreitung festgestellt, überwiegend in spanischen Produkten. Das Insektengift wirkt vornehmlich gegen Larven von Käfern, Motten und andere Schmetterlingsarten. Der Einsatz von Lufenuron ist in Deutschland nicht erlaubt, wohl aber in Spanien für Solanaceen, zu denen Paprika gehört und in Italien für den Einsatz bei Kernobst und Weintrauben. Die zulässige Höchstmenge für Lufenuron in Paprika liegt in Spanien bei 0,3 mg/kg, in Italien bei 0,05 mg/kg.

Insgesamt sechsmal wurden überhöhte Rückstände von Chlorfenapyr nachgewiesen. Chlorfenapyr ist ein Mittel gegen verschiedene Insektengattungen, deren Larven und Raupen, und ist unter anderem zur Anwendung im Obst-, Gemüse-, Wein- und Getreidebau geeignet. Der Stoff ist nach unseren Kenntnissen lediglich in Drittlandstaaten für eine Anwendung registriert. Innerhalb der Europäischen Union ist die gemeinschaftliche zulässige Höchstmenge an der Bestimmungsgrenze von 0,05 mg/kg festgelegt.

Rückstände von Methamidophos lagen viermal über der Höchstmenge. Dieser Stoff wirkt gegen beißende und saugende Insekten und ist in Deutschland für Kartoffeln, Kohlarten und Futterrüben zugelassen. Die Spannweite der Höchstmengen in Deutschland reicht von 0,05 mg/kg bei Kernobst und Pfirsichen bis zu 1 mg/kg bei Gurken. Für Paprika wurde der Grenzwert EU-einheitlich auf der analytischen Bestimmungsgrenze von 0,01 mg/kg festgelegt.

Ebenfalls viermal lag Thiametoxam über dem in Deutschland zulässigen Grenzwert. Dieser Stoff ist ein systemisches Insektizid mit Kontakt und Fraßwirkung gegen Läuse, Käfer, Drahtwürmer und andere Schädlinge und ist in verschiedenen Obst- und Gemüsekulturen, bei Kartoffeln anwendbar. Dennoch ist der Stoff in Deutschland nicht zugelassen, wohl aber in Spanien. Die zulässige Höchstmenge bei Paprika beträgt dort 0,3 mg/kg.

Acrinathrin, ein Milben- und Insektenbekämpfungsmittel, lag bei drei spanischen Proben über dem deutschen Grenzwert. Der Stoff ist in Deutschland nicht zugelassen, wohl aber in Israel, Italien und Spanien. Die zulässige Höchstmenge beträgt in Spanien bei Paprika 0,2 mg/kg, ebenso in Italien. Einem Antrag auf entsprechende Ausnahmeregelung für die Einfuhr von Paprika aus den Mitgliedstaaten nach Deutschland ist nicht stattgegeben worden.

Bei allen Stoffen der Tabelle 2 war für eine lebensmittelrechtliche Bewertung der nachgewiesenen Rückstände jeweils die niedrigste existierende Höchstmenge maßgebend. Sie liegt an der analytischen Bestimmungsgrenze und ist dann wirksam, wenn der betreffende Stoff in Deutschland für das untersuchte Gemüse nicht zugelassen ist und in der EU noch keine einheitliche, für alle Mitgliedstaaten gültige Regelung besteht. Aus solchen pauschalen sehr niedrigen Höchstmengen lässt sich kein konkretes gesundheitliches Risiko ableiten. Vielmehr will man damit vermeiden, dass unrechtmäßig behandelte Ware in den deutschen Handel gelangt.

Mehrfachrückstände und deren Häufigkeitsverteilung

In der Regel wurden mehrere Rückstände gleichzeitig gefunden. Lediglich 17 Proben (13 %) enthielten nur einen Rückstand, 29 Proben (22 %) dagegen zwei bis drei Rückstände. In 67 Proben (50 %) waren vier bis 20 verschiedene Rückstände nachweisbar. Von den letztgenannten stammten 56 Proben aus EU-Staaten, davon 52 Proben aus Spanien, und 11 Proben aus Drittländern, davon neun aus der Türkei. (Abb.1).

Säulendiagramm: Mehrfachrückstände in Gemüsepaprika aus EU-Staaten und Drittländern

Abbildung 1: Mehrfachrückstände in Gemüsepaprika aus EU-Staaten und Drittländern.

Mehrfachrückstände in einem solchen Ausmaß sind nicht akzeptabel, denn sie führen erwartungsgemäß zu einer höheren Gesamtbelastung der Paprikaschoten. So war die Summe der Rückstandsgehalte bei über drei Viertel der Proben mit mehr als drei Rückständen höher als 0,1 mg/kg, in 15 % der Fälle über 0,5 mg/kg (Abb.2). Der mittlere Rückstandsgehalt lag in dieser Gruppe bei 0,26 mg/kg. Geringe Rückstandsmengen kamen hier nur ganz vereinzelt vor. Dagegen enthielten 94 % der Proben mit nur einem Rückstand weniger als 0,05 mg/kg, die Hälfte sogar unter 0,01 mg/kg. Der durchschnittliche Rückstandsgehalt lag bei diesen Proben mit 0,016 mg/kg sechzehn Mal tiefer als bei Proben mit mehr als drei Rückständen.

Säulendiagramm: Rückstandsgehalte und Mehrfachrückstände in Gemüsepaprika

Abbildung 2: Rückstandsgehalte und Mehrfachrückstände in Gemüsepaprika

 Mehrfachrückstände lassen sich zwar nicht immer vermeiden, wenn z.B. Kombinationspräparate mit mehreren Wirkstoffen oder verschiedene Mittel gegen unterschiedliche Schaderreger angewendet werden. Ihr häufiges Vorkommen und insbesondere ihre hohe Zahl lassen aber darauf schließen, dass die Erzeuger in vielen Fällen zu sorglos mit Pflanzenschutzmitteln umgehen und die Regeln der guten landwirtschaftlichen Praxis zu wenig beachten.

In den 122 rückstandshaltigen Proben wurden 77 verschiedene Stoffe insgesamt 651 mal gefunden. Dies entspricht durchschnittlich 5,3 Rückständen pro Probe.

siehe Abbildung 3 (PDF, 13 KB)

Am häufigsten waren Insektizide und Akarizide nachweisbar. Imidacloprid, ein zugelassenes Mittel gegen saugende und beißende Insekten im Getreide-, Gemüse- und Obstbau wurde insgesamt 70 mal nachgewiesen, Acetamiprid 35 mal, davon 23 mal über der Höchstmenge, Bromid wurde 34 mal nachgewiesen. Bromid ist ein Mineralisationsprodukt aus bromhaltigen Begasungsmitteln, kann aber in geringen Konzentrationen auch natürlich in den Früchten vorkommen. Alles in allem wurden 23 Stoffe mindestens zehnmal nachgewiesen.

Prozentuale Anteile der Rückstandsgehalte

Vergleicht man die insgesamt ermittelten Gehalte der einzelnen Wirkstoffe mit den festgesetzten Grenzwerten, dann liegen 56 % aller Rückstandsmengen unter einem Zehntel der nach der Rückstands-Höchstmengenverordnung (RHmV) zulässigen Höchstmengen. Bei weiteren 13 % wird die Höchstmenge zu weniger als einem Viertel ausgeschöpft (Abb. 4). Immerhin 11 % der 651 nachgewiesenen Rückstände lagen über der Höchstmenge, die aber stets an der bereits zuvor angesprochenen Bestimmungsgrenze des jeweiligen Stoffes lag.

Kuchendiagramm: Prozentuale Anteile aller 651 Rückstände an den zulässigen Höchstmengen

Abbildung 4: Prozentuale Anteile aller 651 Rückstände an den zulässigen Höchstmengen (HM)

Zusammenfassende Bewertung

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich das Rückstandsbild bei Paprika nicht gebessert hat. Wie bereits im vergangenen Jahr zählt Paprika auch im ersten Halbjahr 2004 zu den am stärksten mit Rückständen behafteten Lebensmitteln, nicht nur was die Zahl der nachgewiesenen Rückstände betrifft, sondern auch die Zahl der rechtlichen Höchstmengenüberschreitungen.

Dabei treten insbesondere die für den bayerischen Markt sehr wichtigen Erzeugnisse aus Spanien und der Türkei hervor. Aber auch die seltener anzutreffenden Produkte aus Griechenland und Marokko fallen durch Verstöße gegen die lebensmittelrechtlichen Vorschriften auf. Allerdings ist anzumerken, dass es sich in allen Fällen nicht um toxikologisch abgeleitete Grenzwerte handelte.

Insofern sind gesundheitliche Risiken durch die festgestellten Rückstände nicht zu befürchten. Diese Aussage wird auch durch die überwiegend geringe Auslastung der Höchstmengen untermauert. Gleichwohl müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um die Rückstandssituation bei diesem beliebten Gemüse zu verbessern.

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