Rohes Fleisch – frisch oder aufgetaut?

Verbraucher erwarten von rohem Fleisch unter anderem ein ansprechendes Aussehen, eine sortentypische Konsistenz sowie ein spezifisches Aroma. Das LGL überprüft daher routinemäßig rohe Fleischproben produktspezifisch auf ihre Herrichtung, also beispielsweise, ob rohe Fleischscheiben eine einheitliche Scheibendicke und eine ebenmäßige Form aufweisen. Beides ist für das gleichmäßige Anbraten notwendig. Darüber hinaus kontrolliert das LGL die Beschaffenheit und Verzehrfähigkeit der Fleischproben und auch, ob der Verbraucher beim Einkauf tatsächlich frisches rohes Fleisch erhält oder ob er vormals gefrorenes Fleisch, womöglich ohne entsprechende Kenntlichmachung, angeboten bekommt.
Kühlen und Tiefgefrieren sind bedeutende schonende und legale Methoden zur Verlängerung der Haltbarkeit von rohem Fleisch. Durch die beim Gefrieren entstehenden Eiskristalle kann es jedoch zu Schäden der Zellstrukturen kommen, sodass beim Auftauen von tiefgefrorenem Fleisch häufig verstärkt Gewebeflüssigkeit austritt und dieses Fleisch nach der Zubereitung eine trockene Konsistenz aufweisen kann. Ohne entsprechende Kennzeichnung sind so behandelte Produkte in der Regel zur Täuschung des Verbrauchers geeignet.

Untersuchungsmethode

Das LGL hat eine Methode entwickelt, um festzustellen, ob als frisch angebotenes Fleisch vorher möglicherweise eingefroren war. Im Jahr 2015 untersuchte das LGL insgesamt 264 rohe Fleischproben verschiedener Tierarten und Angebotsformen auf ein vorhergegangenes Einfrieren. Dazu wird von einem Stück Fleisch in „rohem“ Zustand vor und nach einem Einfrierschritt im Labor jeweils Fleischpresssaft gewonnen (siehe Abbildung ). In beiden Fleischpresssaft-Proben wird die Aktivität des Enzyms ß-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase (HADH) gemessen und verglichen. Dieses Enzym stammt aus den Mitochondrien der Muskelzellen und gelangt nur nach deren Zerstörung (zum Beispiel durch Eiskristalle) in den Presssaft. Die Aktivität von HADH korreliert daher mit der gefrierbedingten Muskelzellzerstörung.

Ergebnisse

Bei keiner der 43 untersuchten und als „frisch“ ausgelobten Putenfleischproben gab es einen Grund zur Beanstandung, während das LGL bei zwei (4,5 %) der 44 als „frisch“ gekennzeichneten Hühnerfleischproben ein vorhergegangenes Einfrieren nachweisen konnte. Auch in zehn (10,6 %) von 94 gekühlten Schweinefleischproben und drei (4,4 %) von 68 Rindfleischproben war der Auftaunachweis positiv. In einem Fall wurde dies von den Verantwortlichen auf unbeabsichtigtes partielles Gefrieren während des maschinellen Aufschneidens zurückgeführt. Marinierte Steaks und vergleichbare Produkte wurden auch bei positivem Nachweis vom LGL nicht beanstandet, da deren Ausgangsmaterial „Fleisch“ vor der Herstellung tiefgefroren werden darf, ohne dass diese Behandlung auf der Verpackung kenntlich gemacht werden muss. Von 17 marinierten Steaks waren sechs aus aufgetautem Fleisch gewonnen.


Alternativtext zur Abbildung: Auf der Abbildung ist ein rohes Stück Fleisch zu sehen, das zwischen zwei Kunststoffbrettern in einem Schraubstock liegt. Um das gepresste Stück Fleisch herum hat sich bereits Presssaft als rötliche Flüssigkeit angesammelt. Der Saft wird mit einer Einmal-Transferpipette aufgenommen und für die Bestimmung der Enzymaktivität verwendet.

Abbildung: Gewinnung des Presssafts aus einer rohen Fleischprobe für den Auftaunachweis

Mehr zu diesem Thema

Allgemeine Informationen zum Thema