Hochdruckpasteurisierung

Warum hochdruckpasteurisieren?

Die Hochdruckpasteurisierung ist ein physikalisches Verfahren zur Konservierung von Lebensmitteln. Oft werden auch die Überbegriffe "Hochdruckbehandlung", " Ultra-Hochdruck-Behandlung", "UHP", High Pressure Processing (HPP) gebraucht.

Ziel ist es, mit diesem nichtthermischen ("kalten") Verfahren unerwünschte Mikroorganismen und Enzyme zu inaktivieren, ohne Qualitätsverluste in Kauf nehmen zu müssen, wie sie bei Anwendung von Hitze auftreten. Die sensorische und ernährungsphysiologische Qualität soll bei hochdruckpasteurisierten Produkten im Vergleich zum unbehandelten Produkt besonders gut erhalten bleiben.

Wie wird hochdruckpasteurisiert?

Feste Lebensmittel werden flexibel, wasserdicht und druckfest verpackt (z. B. in Einschweißfolien) und in einen Druckbehälter gegeben. Dieser enthält außerdem Wasser, das als Medium zur Druckübertragung dient. Der Druckaufbau erfolgt entweder über einen nach dem hydraulischen Prinzip angetriebenen Kolben, der im Druckbehälter bewegt wird (Abb. 1) oder über einen Druckerzeuger und eine Druckleitung (Abb. 2).

Abbildung 1: Prinzip der direkten Hochdruckbehandlung

Schema: Prinzip der direkten Hochdruckbehandlung

Abbildung 2: Prinzip der indirekten Hochdruckbehandlung

Schema: Prinzip der indirekten Hochdruckbehandlung

Dabei wird ein gleichmäßiger Druck von 100 bis zu 1000 MPa (1000 bis 10 000 bar) auf das Wasser und damit auch auf das verpackte Lebensmittel ausgeübt*.

* 1 MPa = 1 000 000 Pa
1 Pascal (Pa) ist der Druck, der entsteht, wenn eine Kraft von 1 Newton (N) senkrecht auf 1 m2 Fläche wirkt.Neben der internationalen Einheit Pascal wird für Druck auch noch die ältere Einheit 1 bar = 100 000 Pa verwendet.

Voraussetzung für die gleichmäßige Druckverteilung ist, dass das verpackte Lebensmittel Flüssigkeitsanteile hat und keine gasgefüllten Hohlräume aufweist. Für Lebensmittel, die diese Kriterien erfüllen, gibt es bei der Hochdruckbehandlung kein Wirkungsgefälle zwischen äußeren und inneren Zonen. Diese gleichmäßige Wirkung - unabhängig von der Größe und Form des Produkts - ist ein Vorteil im Vergleich zu Erhitzungsverfahren.

Nach Ablauf der Einwirkungszeit wird wieder auf Umgebungsdruck entspannt.

Flüssige Lebensmittel können dem Druck direkt, also ohne Übertragungsmedium, ausgesetzt werden.

Je nach Art und Zusammensetzung des Lebensmittels sind unterschiedlich hohe Drücke und Einwirkungszeiten notwendig.

Beispiel:

Druck (MPa) Zeit (min) Temperatur (°C)
Fruchtzubereitung 800 6 20

Werden Mikroorganismen durch Hochdruck inaktiviert?

Mikroorganismen sind unterschiedlich empfindlich auf Druck. Während Hefen und Schimmelpilze bereits bei niedrigem Druck inaktiviert werden, gelingt dies bei manchen Viren und Bakteriensporen erst dann, wenn sie sehr hohen Drücken ausgesetzt sind oder noch zusätzlich hitzebehandelt werden. Sporen z. B. können Drücke von über 1000 MPa überleben. Nachdem sie nach Druckentlastung auskeimen und sich vermehren, ist eine Möglichkeit, die Sporen bei niedrigerem Druck auskeimen zu lassen und dann die gekeimten Sporen bei höherem Druck abzutöten.

Die jeweils idealen Bedingungen für die erwünschte Inaktivierung müssen nach der Art der Mikroorganismen und der Zusammensetzung des Lebensmittels gewählt werden.

Werden Lebensmittelinhaltsstoffe durch Hochdruck verändert?

Druckeinwirkung begünstigt alle Vorgänge, die mit einer Volumenverminderung verbunden sind. Bevorzugt laufen daher Phasenübergänge oder chemische Reaktionen ab, bei denen das Endprodukt ein geringeres Volumen hat als der Ausgangsstoff.

So schmilzt z. B. Eis unter Druck, weil durch den Phasenübergang von fest zu flüssig das Volumen reduziert wird. Dissoziationsvorgänge werden gefördert, was zu einer Verschiebung des pH-Wertes in den sauren Bereich führt.

Die einzelnen Inhaltsstoffe eines Lebensmittels reagieren unterschiedlich auf die Einwirkung von hohem Druck. Da kovalente Bindungen unter Druck erhalten bleiben, sind kleinere Moleküle (z. B. Vitamine, Aromastoffe) weniger druckempfindlich als größere Moleküle (z. B. Proteine), deren Raumstruktur durch schwächere Bindungsarten stabilisiert wird.

Proteine

Hoher Druck beeinflusst Bindungen, die die Raumstruktur von Proteinen stabilisieren. Je nach Höhe des Druckes werden dabei die Proteinstrukturen reversibel oder irreversibel verändert.

Bei Enzymen, die ja auch Proteine sind, kann die Strukturänderung (Denaturierung) dazu führen, dass Enzymeigenschaften beeinflusst werden. Die Aktivität des Enzyms kann sowohl verringert als auch gesteigert werden.

Durch Hochdruckbehandlung können Proteine aber auch gezielt modifiziert werden. Beispielsweise ist durch Strukturveränderungen die Bildung von Proteingelen möglich, die sehr glatt und elastisch sind. Der Einsatz solcher Gele für neue Produkte z. B. im Dessertbereich ist denkbar.

Auch die Tatsache, dass Muskelfleisch durch Hochdruckbehandlung zart wird, kann lebensmitteltechnologisch genutzt werden.

Fette

Einwirkung von hohem Druck kann das Verhalten beim Schmelzen und Kristallisieren von Fetten verändern.

Hochdruckbehandlung beeinflusst jedoch Fette nicht nur im physikalischen, sondern auch im chemischen Bereich. Inwieweit der Fettverderb durch Oxidation begünstigt wird, ist von der Zusammensetzung der Lebensmittel und den Behandlungsbedingungen abhängig. So wurde z. B. bei Fisch und Fleisch eine erhöhte Anfälligkeit für oxidative Veränderungen festgestellt, wenn der Druck über 400 MPa lag.

Am Beispiel der ungesättigten Fettsäuren Öl-, Linol- und Linolensäure konnte jedoch gezeigt werden, dass auch in reiner Sauerstoffatmosphäre der Oxidationsprozess während der Druckbehandlung unterbunden wird.

Kohlenhydrate

Durch Hochdruckbehandlung wird der Molekülaufbau von Kohlenhydraten nicht verändert. Möglich ist jedoch, dass Kohlenhydrate in ihren Eigenschaften beeinflusst werden, z. B. in ihrer Fähigkeit Wasser zu binden. Bei Stärke kann es zu Gelbildung kommen. Solche Gele sind als Ersatzstoffe für Fette einsetzbar.

Der enzymatische Abbau von Kohlenhydraten kann in hochdruckbehandelten Lebensmitteln anders ablaufen als in unbehandelten Lebensmitteln.

Nicht-enzymatische Bräunungsreaktionen, wie sie bei Pasteurisierung durch Hitze häufig vorkommen, scheinen bei Hochdruckpasteurisierung seltener zu sein.

Andere Inhaltsstoffe

Untersuchungen zeigen, dass die Vitamine A, B1, B2, B6 und C bei niedrigen Temperaturen und kurzen Druckeinwirkzeiten stabil sind. Bei höheren Temperaturen (70 °C) und Einwirkzeiten hoher Drücke bis zu 60 Minuten verringern sich die Gehalte der meisten untersuchten Vitamine um bis zu 50 Prozent. Der Vitamin-C-Gehalt bleibt unter Sauerstoffausschluss selbst bei extremen Druck- und Temperaturbedingungen stabil. Er ist z. B. in hochdruckbehandeltem Orangensaft im Vergleich zum nichtbehandelten Saft annähernd gleich.

Das wasserlösliche antioxidative Potential von Orangensaft, für das vor allem L-Ascorbinsäure und phenolische Verbindungen verantwortlich sind, bleibt nach Hochdruckbehandlung ebenfalls weitgehend erhalten.

Auch die Carotinoid-Gehalte in einem Orangen-Karotten-Zitronen-Nektar werden durch Hochdruckbehandlung nicht oder nur wenig beeinflusst.

Farb- und Aromastoffe sind bei geeigneten Prozessbedingungen ebenfalls stabil.

Zusammenfassung

Da sich unter hohem Druck Inhaltsstoffe auch auf unerwünschte Weise verändern können, müssen in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Lebensmittels die geeigneten Bedingungen für eine Hochdruckbehandlung gefunden werden.

Sind diese optimiert, können - je nach Lebensmittel - haltbare Produkte ohne wesentliche Farb- und Geschmacksveränderungen hergestellt werden. Bei einer sensorischen Qualität, die der des Frischprodukts entspricht, ist durch die Hochdruckpasteurisierung gleichzeitig eine ausreichende mikrobielle Sicherheit gewährleistet.

Bisherige Untersuchungen zeigen, dass bestimmte wertgebende Inhaltsstoffe, die bei Hitzepasteurisation labil sind, bei Hochdruckbehandlung vollständig oder weitgehend erhalten bleiben.

Bezüglich des Allergiepotenzials muss die Hochdruckpasteurisierung das gleiche Sicherheitsniveau bieten wie die bislang üblichen Erhitzungsverfahren.

Quellen:

Butz, P., Tauscher, B., Pasteurisieren unter Hochdruck, Forschungsreport 2, 1997
Dehne, L.I., Pfister, M., Bögl, K.W., Neuere physikalische Verfahren zur Haltbarmachung von Lebensmitteln, Bundesgesundheitsbl. 43 (1), 2000, 33-40
Entscheidung der Kommission vom 23. Mai 2001 zur Genehmigung des Inverkehrbringens von hochdruckpasteurisierten Fruchtzubereitungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 151 vom 07.06.2001, S. 42-43
Fernández García, A. et al.,Antioxidative capacity, nutrient content and sensory quality of orange juice and an orange-lemon-carrot juice product after high pressure treatment and storage in different packaging, Eur Food Res Technol 213, 2001, 290-296
Pfister, M., Dehne, L.I., High Pressure Processing - Ein Überblick über chemische Veränderungen in Lebensmitteln, Deutsche Lebensmittel-Rundschau, 97 (7), 2001, 257-268

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