Mineralöle

Was sind Mineralöle?

Mineralöle werden durch Destillation von Rohöl gewonnen. Im allgemeinen Sprachgebrauch sind mit Mineralölen vor allem Treibstoffe wie Benzin, Diesel und Kerosin, Bunkeröl, Heizöl sowie Schmierstoffe oder Lösungsmittel gemeint. Auch medizinische Weißöle für Anwendungen in der Kosmetik und in der Medizin zählen zu den Mineralölen. Bei Mineralöl handelt sich um Gemische einer Vielzahl einzelner Kohlenwasserstoffe. Diese lassen sich wie folgend dargestellt in zwei Gruppen unterteilen. Zum einen in lineare, verzweigte und cyclische gesättigte Kohlenwasserstoffe (MOSH – mineral oil saturated hydrocarbons), sowie in (zumeist) alkylierte aromatische Kohlenwasserstoffe (MOAH – mineral oil aromatic hydrocarbons). Sie können unter anderem in der Kohlenstoffzahl variieren, zudem enthalten nicht alle Mineralölprodukte MOAH. Diese Eigenschaften sind auch für die gesundheitliche Relevanz von Bedeutung. Den MOSH strukturell verwandt sind die sogenannten POSH (polyolefin oligomeric saturated hydrocarbons). Diese Verbindungen stammen aus Kunststoffen wie Polyethylen und Polypropylen, die aus Erdöl hergestellt werden. Sie sind analytisch meist nicht von den MOSH zu unterscheiden.

Wie kommt der Verbraucher mit Mineralölen in Kontakt?

Laut Angaben der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sind Mineralöl-komponenten in nahezu allen Lebensmitteln vorhanden. Verbraucher können damit durch den Verzehr von Lebensmitteln tagtäglich mit Mineralölen in Kontakt kommen. Besonders bei trockenen Lebensmitteln mit einer großen Oberfläche wie z. B. Mehl, Grieß, Reis, Semmelbrösel oder Frühstückscerealien ist eine Kontamination mit Mineralölen möglich. Auch fettreiche Lebensmittel, z. B. Schokoladen, Butter, Nüsse oder Speiseöle können mit Mineralölen belastet sein.

Ein weiterer möglicher Kontakt mit Mineralölen besteht bei der Verwendung von Kosmetika. Verarbeitete Mineralöle haben in kosmetischen Mitteln verschiedene Funktionen und finden sich unter anderem in Hautcremes, Körper- und Gesichtsreinigungsmitteln, Sonnenschutzmitteln, Deodorantien und Antitranspirantien oder Lippenpflegeprodukten. [1]

Wie gelangen Mineralöle in das Lebensmittel?

Mineralölbestandteile können über viele verschiedene Wege in Lebensmittel gelangen. Ein relevanter Beitrag kann durch die Verwendung von Lebensmittelverpackungen aus Altpapier entstehen. Hier werden Mineralöle v. a. durch Tageszeitungen eingetragen, die als Recyclingrohstoff dienen, und bei deren Bedruckung mineralölhaltige Druckfarben verwendet werden. Mineralölbasierte Farben können zudem auch zur Bedruckung von Lebensmittelverpackungen aus Papier und Karton (sowohl aus Altpapier, als auch aus Frischfaser) verwendet werden. Außerdem gibt es einige Mineralöle, die für die unterschiedlichsten Zwecke bei der Papierherstellung zum Einsatz kommen. Im Bereich der Lebensmittelverpackungen spielen auch Jutesäcke für den Transport von z. B. Kakaobohnen eine Rolle, die mit Mineralölen imprägniert sein können. Neben Kontaminationen durch Verpackungen gibt es noch weitere Quellen, wie beispielsweise Schmieröle von Maschinen, die zur Ernte und Produktion von Lebensmitteln eingesetzt werden, oder Verarbeitungshilfsmittel bzw. Zusatzstoffe für Lebensmittel auf Mineralölbasis. Schließlich sind Mineralöle auch ubiquitäre Umweltkontaminanten, die z. B. über Abgase, Straßenbeläge oder Reifenabrieb in die Umwelt gelangen.

Neben dem direkten Kontakt von Lebensmitteln mit mineralölhaltigen Verpackungen, kann eine Kontamination auch über die Luft erfolgen. Diese Eigenschaft besitzen allerdings nur die leicht flüchtigen Verbindungen der MOSH- bzw. MOAH-Fraktion mit einer Kohlenstoffzahl ≤ 24. Es ist daher z. B. auch möglich, dass Transportkartons, die gar nicht unmittelbar mit dem Lebensmittel in Kontakt stehen, zu einer Kontamination führen.

Gegen diesen Übergang der Mineralöle in das Lebensmittel helfen Verpackungen aus geeigneten Materialien, die als Barrieren wirken. Während z. B. Aluminium, Polyethylenterephtalat (PET) oder Polyamide (PA) Barrierematerialien darstellen, die den Übergang effektiv verhindern, verzögert Polypropylen (PP) den Mineralölübergang lediglich. Polyethylen (PE) oder Papier stellen keine Barriere dar.

Welche toxikologischen Eigenschaften besitzen Mineralöle?

Bei der Betrachtung der toxikologischen Eigenschaften ist zwischen MOSH und MOAH zu unterscheiden. MOSH werden bis zu einer Kohlenstoffzahl von C35 vom menschlichen Körper aufgenommen und in Lymphknoten, Leber, Milz und Fettgewebe angereichert. MOSH wurden zwar beim Menschen in den genannten Geweben nachgewiesen, es konnten jedoch keine nachteiligen gesundheitlichen Effekte damit in Verbindung gebracht werden. Es ist nicht bekannt, ab welcher Exposition es zu nachteiligen Auswirkungen beim Menschen kommt. Im Tierversuch wurden Entzündungsreaktionen in der Leber, verursacht durch MOSH, beobachtet. Nach den verfügbaren wissenschaftlichen Daten werden MOAH ebenfalls leicht absorbiert, jedoch nicht angereichert. Bei der MOAH-Fraktion ist jedoch nicht auszuschließen, dass auch krebserregende Stoffe darin enthalten sind. [2]

Wie stuft die EFSA und das BfR die Gefährdung durch Mineralöle ein?

Im Jahr 2012 stellte die EFSA fest, dass die damalige Exposition der europäischen Verbraucher mit MOSH potentiell bedenklich sei. Als grundsätzlich bedenklich stuft die EFSA MOAH, die über Lebensmittel aufgenommen werden, ein.

Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sind Mineralölkontaminationen grundsätzlich unerwünscht. Übergänge von MOSH auf Lebensmittel sollten so weit wie technisch möglich minimiert werden und es sollte kein nachweisbarer Übergang von MOAH auf Lebensmittel stattfinden. [3]

Wie sind Mineralölkontaminationen rechtlich geregelt?

Der Gesetzgeber legt in Artikel 3 der Rahmenverordnung für Lebensmittelkontaktmaterialien Verordnung (EG) 1935/2004 fest, dass Materialien und Gegenstände nach guter Herstellungspraxis so herzustellen sind, dass sie unter den normalen oder vorhersehbaren Verwendungsbedingungen keine Bestandteile auf Lebensmittel in Mengen abgeben, die geeignet sind, die menschliche Gesundheit zu gefährden oder eine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung der Lebensmittel herbeizuführen. Diese allgemein formulierte Anforderung soll in Zukunft für den Übergang von Mineralölbestandteilen auf Lebensmittel konkretisiert werden. In einem Entwurf zur Änderung der nationalen Bedarfsgegenständeverordnung, der sogenannten „Mineralölverordnung“, soll der Übergang von MOAH aus Papier- und. Kartonverpackungen auf Lebensmittel mit einem Grenzwert belegt werden. Die Regelung wird sich allerdings nur auf Verpackungen aus Recyclingmaterial beziehen. Zum Schutz vor möglichen Gesundheitsgefahren im Verkehr mit bedruckten Lebensmittelbedarfsgegenständen wurde ein weiterer Entwurf zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung, die sogenannte „Druckfarbenverordnung“, auf den Weg gebracht, welcher unter anderem eine Positivliste der Stoffe vorsieht, die zur Bedruckung verwendet werden dürfen. Der bereits notifizierte nationale Entwurf der Druckfarbenverordnung ist bislang noch nicht in Kraft getreten. Derzeit werden Regelungen auf europäischer Ebene, welche bereits in Planung sind, abgewartet.

Abseits von Übergängen aus Lebensmittelverpackungen fallen Mineralölkontaminationen von Lebensmitteln in die Anwendungsbereiche der EU-Basisverordnung für Lebensmittel VO (EG) 178/2002 und der EU-Kontaminantenverordnung VO (EWG) 315/93. Nach Artikel 14 VO (EG) 178/2002 dürfen Lebensmittel, die gesundheitsschädlich oder für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind, nicht in den Verkehr gebracht werden. Entsprechend Art. 2 VO (EWG) 315/93 sind Kontaminanten auf so niedrige Werte zu begrenzen, wie sie durch gute Praxis auf allen Stufen der Lebensmittelproduktion sinnvoll erreicht werden können.

Was passiert in der EU, um den Verbraucher vor Mineralölkontaminationen zu schützen?

Auf EU-Ebene liegt derzeit die Empfehlung (EU) 2017/84 vor, welche eine Datensammlung in den Jahren 2017 bis 2019 bezüglich der Mineralölkontamination in Lebensmitteln vorsieht. Dazu sollen die Mitgliedstaaten 2017 und 2018 das Vorhandensein von Mineralölkohlenwasserstoffen in den verschiedensten Lebensmitteln überwachen. Die Untersuchung sollte sich auf tierische Fette, Brot und Kleingebäck, Feinbackwaren, Frühstückscerealien, Süßwaren (einschließlich Schokolade) und Kakao, Fischfleisch, Fischprodukte (Fischkonserven), Körner für den menschlichen Verzehr, Speiseeis und Süßspeisen, Ölsaaten, Teigwaren, Getreideerzeugnisse, Hülsenfrüchte, Wurst, Schalenfrüchte, pflanzliche Öle sowie für diese Produkte verwendete Lebensmittelkontaktmaterialien erstrecken.

Bei positiven Befunden von Mineralölkohlenwasserstoffen in Lebensmitteln sollen außerdem die Quellen für die Kontamination durch weitere Untersuchungen und bei belasteten Lebensmittelkontaktmaterialien unter anderem deren Art und Zusammensetzung ermittelt werden.

Auf die Weise gesammelte Daten sollen bis Ende Februar 2019 an die EU übermittelt werden.

Die dadurch geschaffene breite Datenbasis ermöglicht die Einschätzung, welche Mineralöl-Gehalte mit dem derzeitigen Stand der Technik vermeidbar sind. Damit verbunden können Lebensmittel identifiziert werden, die aufgrund ihres erhöhten Mineralölgehaltes für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet und damit nicht sicher im Sinne des Artikels 14 VO (EG) 178/2002 sind. Dies stellt eine wesentliche Erleichterung des lebensmittelrechtlichen Vollzugs dar, solange noch keine Grenzwerte existieren. Die Bereitstellung der Ergebnisse unterstützt zudem potentiell die Schaffung von konkreten Richt- oder Grenzwerten in der EU für MOSH und MOAH in Lebensmitteln. Auf nationaler Ebene haben die Daten außerdem gegebenenfalls Einfluss auf das Rechtsetzungsverfahren zur geplanten Mineralölverordnung.

Was tut das LGL?

Das LGL untersucht seit 2013 Lebensmittel auf Mineralölkontaminationen. Während zunächst die Adventskalender als Saisonware im Fokus standen, so wurden in der Folge auch Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs wie Reis, Nudeln, Müsli oder Schokoladenerzeugnisse analysiert. Das LGL beteiligt sich aktuell zudem an dem von der EU initiierten Monitoring.

Literatur:

[1] Mineralöle in Kosmetika: Gesundheitliche Risiken sind nach derzeitigem Kenntnisstand bei einer Aufnahme über die Haut nicht zu erwarten Stellungnahme Nr. 014/2015 des BfR vom 26. Mai 2015

[2] EFSA Panel on Contaminants in the Food Chain (CONTAM); Scientific Opinion on Mineral Oil Hydrocarbons in Food. EFSA Journal 2012;10(6):2704. [185 pp.] doi:10.2903/j.efsa.2012.2704. www.efsa.europa.eu/efsajournal

[3] Fragen und Antworten zu Mineralölbestandteilen in Schokolade aus Adventskalendern und anderen Lebensmitteln. Aktualisierte FAQ des BfR vom 26. November 2015.
http://bfr.bund.de/cm/343/fragen-und-antworten-zu-mineraloelbestandteilen-in-schokolade-aus-adventskalendern-und-anderen-lebensmitteln.pdf