Human-Biomonitoring: Untersuchungen bayerischer Bevölkerungsgruppen auf Bisphenol A

Hinter Bisphenol A (BPA) verbirgt sich die Industriechemikalie 2,2-Bis(4-hydroxyphenyl)propan, die vor allem als Ausgangssubstanz für die Herstellung von Polycarbonat-Kunststoffen und Kunstharzen Anwendung findet.
In den Fokus unzähliger Forschungsarbeiten kam BPA vor allem, nachdem sich um die Jahrtausendwende endokrine Disruptoren, die durch Veränderung des Hormonsystems die Gesundheit schädigen können, zu einem neuen Feld in der Gesundheitsforschung entwickelten. BPA war dabei eine Substanz der ersten Stunde. Weitere Information zu BPA finden Sie in dem Beitrag "Expositions- und Risikoabschätzung für Bisphenol A" (siehe rechts "Verwandte Themen").

HBM-Studie 1 des LGL

Hintergrund

BPA wird zu fast 100 % über den Harn ausgeschieden. Damit können Urinproben im Rahmen von Human-Biomonitoringstudien (HBM) sehr gut für die Bestimmung der tatsächlichen durchschnittlichen Aufnahme an BPA genutzt werden. Eine US-amerikanische Studie konnte in 26 von 30 analysierten Urinproben BPA mit einem Durchschnittswert von 3,5 µg/l nachweisen. Eine weitere Studie aus den USA mit ca. 400 Freiwilligen ergab für 95 % der Personen einen Nachweis von BPA über 0,1 µg/L und einen Durchschnittswert von 1,3 µg/L. In zwei Studien aus Japan und einer aus Korea fanden sich Durchschnittswerte von 1,2 µg/L, 1,2 µg/L und 9,5 µg/L. Bei diesen Durchschnittswerten handelte es sich um den Median und es wurde nur der Gesamtgehalt an BPA bestimmt. Für Europa liegen mittlerweile ebenfalls aussagekräftige Daten vor, welche die vorgenannten Werte und die hier am LGL durchgeführten Studien bestätigen. Auch diese HBM-Studien hat die EFSA im Jahr 2015 bei ihrer Expositionsschätzung mit berücksichtigt (siehe rechts unter "Links").

Zusätzlich können im Harn das Umwandlungsprodukt und, falls vorhanden, das freie, östrogenwirksame BPA bestimmt werden. In einer ersten Studie aus den USA wurde lediglich in 3 von 30 Proben freies BPA nachgewiesen. In 90 % der Proben lag ausschließlich das nicht hormonell aktive Umwandlungsprodukt vor.

Ergebnisse

Im Rahmen einer ersten HBM-Studie wurden ca. 500 Urinproben untersucht. Die Studie lieferte damit aussagekräftige Ergebnisse über die tatsächliche Expositionshöhe der Menschen in Bayern gegenüber BPA. Insgesamt wurden zwischen < 0,3 µg/l und  9,3 µg/l BPA im Urin der Probanden nachgewiesen. Im Median lagen die Werte bei 1,2  µg/l und damit im Bereich der vorher beschriebenen Werte aus anderen Ländern. Umgerechnet entspricht der Wert von 1,2 µg/l einer täglichen BPA-Aufnahme von 0,03 µg/kg Körpergewicht.

Ähnlich wie in der oben genannten Studie aus USA wurde nur in ca. 10 % der Proben das freie BPA nachgewiesen. Dies zeigt die effektive Umwandlung von BPA auch bei einer größeren Population. Ob es sich bei diesem „freien“ BPA auch tatsächlich um nicht im Körper umgewandeltes BPA handelt, wird kontrovers diskutiert. Mittlerweile gibt es zahlreiche Hinweise, dass freies BPA in Urinproben eventuell andere Ursachen hat. Da die nachgewiesen Mengen aber sehr niedrig sind, ist dies aus analytischer/experimenteller Sicht nur sehr schwer zu verifizieren. Aus gesundheitlicher Sicht sind die gefundenen Mengen an freiem BPA allerdings insgesamt zu vernachlässigen.

HBM-Studie 2 des LGL

Hintergrund

Mehrere Umweltverbände untersuchten Babyfläschchen, Schnuller etc. auf Bisphenol A. Da Babyfläschchen häufig aus Polycarbonat-Kunststoff bestehen, der aus BPA hergestellt wird, können geringe Mengen von BPA aus diesen Kunststoffartikeln herausgelöst werden.

Ergebnisse

Im Sachgebiet Chemikaliensicherheit und Toxikologie, Arbeitsgruppe Humanbiomonitoring des LGL wurden 91 Urinproben von 47 Säuglingen untersucht. Dabei handelte es sich überwiegend um Proben, die ein und zwei Monate nach Geburt der Kinder mittels Urinbeuteln gesammelt worden waren. Alle Werte lagen unter 17,9  µg/l Urin für Bisphenol A gesamt. Der Durchschnittswert als Median lag sogar unterhalb der Bestimmungsgrenze von 0,45 µg/l. Freies, also wirksames BPA konnte nur in 3 % der Proben oberhalb der analytischen Bestimmungsgrenze nachgewiesen werden. Somit nehmen die Säuglinge täglich nur 0,07 µg/kg Körpergewicht an BPA auf.

Die Studie ist in der wissenschaftlichen Zeitschrift Environmental Research veröffentlicht. Eine ausführliche Bewertung der Ergebnisse und weitere Information zu BPA finden Sie in dem Beitrag "Expositions- und Risikoabschätzung für Bisphenol A" (siehe rechts "Verwandte Themen").

Wissenschaftliche Veröffentlichungen

Literatur

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